Die, in der ich anfange, England ein bisschen zu mögen

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Ein paar Tage später ist mir einiges klar geworden.

Erstens, Rosie ist das durchgeknallteste Wesen dass mir je begegnet ist. Sie redet nur von Niall.

Dazu kann ich nichts sagen, es ist zu schlimm.

Zweitens, Geoff ist der schlimmste netteste Stiefvater der es gibt.

Er ist einfach freundlich, zuvorkommend und so ein innerer Teenager irgendwie. Ich meine, er hat mir ein iPhone 6 gekauft. Weil mein Handy zu alt und sowieso kaputt wäre. (War es auch. Muss er aber nicht wissen.)

Drittens, Liam ist der einzige Lichtblick an dieser Sache. Er ist zwar Ruths Bruder, aber von der Nettigkeit her ist er wie sein Vater.

Ruth dagegen scheint mich zu hassen. Immer wenn ich durchs Wohnzimmer laufe, sitzt sie mit ihrem Laptop auf der Couch und sucht nach billigen Wohnungen in Chester, da sie an die Uni dort wechseln wird. Nur wegen mir, versteht sich.

Findus, der Kater im Haus (ein äußerst flauschiges graues Exemplar), legt sich regelmäßig auf meine schwarzen Vans, weshalb ich jede Woche eine neue Fusselrolle verbrauche.


Samstag Nachmittags kommt Mum in mein Zimmer und setzt sich neben mich aufs Bett.

"Ich wollte nur mal fragen wies dir jetzt so gefällt hier", meint sie.

"Es geht", antworte ich ehrlich. Ich hab zwar noch keine wirklichen Freunde gefunden, allerdings macht mir das nicht wirklich was aus. In Frankfurt hatte ich nur ein paar, mit denen ich einmal telefoniert habe, seit ich hier bin.

Seufzend schlage ich mein Mathebuch zu. Diesen Mist kapiert eh keiner. Ich begebe mich ins Wohnzimmer, wo Ruth ausnahmsweise mal nicht sitzt und Wohnungen anschaut. Vermutlich ist sie mit Freunden unterwegs.

Wenn sie welche hat.

2 broke girls läuft wieder mal und ich grinse zufrieden. So muss das sein.

Ich schaue wahrscheinlich die vierte Folge oder so, als es plötzlich klingelt.

Ist bestimmt für Liam, der wird schon aufmachen.

Nicht mal eine halbe Minute später klingelt es erneut. Genervt stöhne ich auf und stehe dann doch auf.

Als ich die Tür aufmache, steht Harry davor.

"Was ist?", frage ich genervt.

"Bist du immer so unfreundlich?"

"Nur wenn ich in ruhe Fernseh schauen will, Liams Freunde mich davon aber abhalten", sage ich und mache die Tür weiter auf, damit er hineinkann. Ohne Schuluniform sieht er ja noch besser aus.

"Ist Liam oben?", will er wissen.

"Keine Ahnung", gebe ich zurück und laufe nach oben.

Liams Zimmer ist total unordentlich. Und leer.

"Nein, hier ist er nicht. Vielleicht kommst du später einfach nochmal."

"Oder ich warte einfach hier", sagt er.

Mir ist es egal, Hauptsache ich kann weiter gucken.

"Ich finde Max total cool", sagt Harry plötzlich, als wir schon eine weile geschaut haben.

"Sie ist auch cool", murmele ich. "Sie hat einen sehr krassen Charakter, aber anders will ich sie gar nicht."

"Wie ist Deutschland so? Ich wollte schon immer mal dahin", erklärt er. Ich mustere ihn misstrauisch.

"Und was ist mit den Nazis?"

"Hm?", er sieht verblüfft aus. "Die sind doch ausgestorben. Wie kommst du denn jetzt darauf?"

"Wegen Rosie", erkläre ich. "Sie redet immer von Nazis, wenn sie nicht von Niall redet."

Harry lacht, ein angenehmes tiefes lachen.

"Stimmt, irgendwie ist sie besessen von ihm. Leider kann er sich nicht mal mehr an ihren Namen erinnern."

"Sie ist besessen", bestätige ich. "Sie labert den ganzen Tag nur von seinen Augen, seinem Gesicht, seinen Haaren. Und von seinen Händen."

"Wo Hände doch so was schönes sein können", grinst Harry.

Ich kann ein Grinsen ebenfalls nicht verkneifen. Harry scheint ganz cool zu sein.

Seine grünen Augen fixieren mich. "Wie alt bist du?"

"16", antworte ich zögernd. "Wieso?"

"Einfach nur so. Wann ist dein Geburtstag?", stellt er weiter fragen.

"Am 21. November."

"Okay", sagt er. "Ich bin 18 und ich habe am 1. Februar Geburtstag."

"Ich hab doch gar nicht gefragt", meine ich.

"Ja, aber es interessiert dich trotzdem, weil ich diese Frage auch gestellt habe."

Ich schüttele irritiert den Kopf. "Wohnst du alleine?"

"Nein", antwortet Harry. "Ich lebe noch bei meinen Eltern, aber wir haben das Dachgeschoss ausbauen lassen und somit hab ich quasi meine eigene Etage mit eigenem Eingang."

Ich will auch eine eigene Wohnung.

"Hallo, mein Name ist Max weil das Krankenhaus nicht zugelassen hat das meine Mutter mich 'Oops' nennt", sagt Max im Fernsehen und ich sehe wieder zu ihr. Harry lacht.

"Ich weiß nicht, wie oft ich diese Folge schon geschaut habe und trotzdem jedes mal lachen muss", erklärt er.

"Was ist denn hier los? Harry, was machst du hier?" Liam steht im Türrahmen und sieht leicht verwirrt aus.

"Wir waren verabredet", sagt Harry und steht auf. "Schon vor einer halben Stunde."

"Echt?!", fragt Liam panisch. "Ich war bei Louis und der meinte dass du den Tag mit deiner Mutter verbringst."

Über Harrys Gesicht legt sich ein kurzer dunkler Schatten, bevor er sich wieder entspannt. "Die hatte doch keine Zeit."

"Ich kann mich gar nicht mehr dran erinnern dass wir ein Treffen ausgemacht haben", murmelt Liam.

"Haben wir auch nicht", erklärt Harry grinsend und haut Liam auf seine Schulter. "Ich hab dich nur verarscht, Kumpel. Wollte nur mal so vorbeischauen."

Ich grinse. Liams Gesichtsausdruck ist zu genial.

"Arschloch", murmelt er und geht nach oben. Harry zwinkert mir noch mal zu, bevor er ihm nachläuft. Ich werde rot.

Er sollte mit diesem Zwinkern aufhören.

In diesem Moment geht die Tür schon wieder auf und Mum kommt voll beladen mit Tüten die Tür rein.

"Hey", keucht sie und ich hebe kurz die Hand.

"Hey."

Sie schafft die Tüten in die Küche und kommt wieder ins Wohnzimmer.

"Oh, war schon die stelle mit der Speisekarte?"

"Ja", sage ich kurz angebunden und schaue stur auf den Fernseher.

"Wie war die Schule?", fragt sie weiter, und genau in diesem Moment geht oben laute Musik an. Genauer gesagt Rap.

Furchtbarer Rap.

Mum seufzt und streicht mir einmal kurz über den Kopf, ehe sie wieder in die Küche geht und ihre Einkäufe verräumt.

Da die Musik viel zu laut ist, gehe ich nach oben und betrete ohne zu klopfen Liams Zimmer.

"Entschuldigung, es Leben auch noch andere Leute in diesem Haus", fauche ich. Harry liegt auf Liam's Bett, während dieser an Schreibtisch sitzt und anscheindend irgendwas lernt.

"Was genau steht auf deinem T-Shirt?", fragt Harry stirnrunzelnd, nachdem der die Musik ausgemacht hat. Ich blicke an mir runter.

Stör mich nicht, wenn ich grade genial bin! , steht auf Deutsch darauf. Das Shirt ist mir ein bisschen zu kurz unten.

Ich grinse gemein. "Finds doch heraus."

"Ich brauche Google", stöhnt Harry. "Und einen Deutschkurs."

Schönes Wochenende 😊

Same feels || Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt