Elvira (X)

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Ich hasse sein Aussehen, seinen Charakter, seine eiskalten Augen, sogar seinen Namen. Ich spüre nur aus tiefstem Herzen Hass für diesen Mann. Jemand, der einfach normale Menschen entführt und meint, diese Person zu lieben, muss wirklich gestört sein. Er will mich kontrollieren, mein Leben zerstören, und er merkt es nicht einmal.

Mit einer Hand hat er meine Handgelenke über meinem Kopf gefesselt, seine andere Hand stützt er neben meinem Kopf ab und seinen Körper presst er auf meinen. Ich wimmere und bin unfähig, etwas zu sagen. Zugleich habe ich das Gefühl, dass er mich wieder würgen wird. Diesmal wird er vielleicht zudrücken und mir das Leben nehmen. Das traue ich ihm jetzt zu, aber eine andere Seite von mir denkt genau das Gegenteil. Er ist nicht so schlimm. Er hat auch eine nette Seite, die mich jedoch verwirrt. Trotzdem muss er mich auch verstehen. Ich will nicht in seinem Keller leben und hier verrotten wie ein totes Tier. Ich will meine Freiheit!

Seine Augen, die wirklich kalt aussehen, blicken mir tief in die Augen. Ich spüre diese stechenden Blicke, so hasserfüllt, so kalt und gefährlich. Sie bohren sich in mich und tun mir weh. Wie macht er das nur? Sein Kiefer ist angespannt, seine Zähne knirschen. Er wird ausrasten. Ich merke es. Ich spüre es. Mein Herz rast. Er macht mir Angst.

Ich weiß nicht, was ich genau tun soll, außer leise zu heulen wie ein kleines Kind, weil ich den Fehler begangen habe, ihn auszutricksen, oder wie er es aufgefasst hat, ihn zu betrügen. Noch immer habe ich seine Worte in meinem Kopf und das deprimiert mich. Ich bin ihm hoffnungslos ausgeliefert.

,,Warum willst du mich nicht lieben?", fragt er mit rauchiger Stimme und lächelt gequält. Eine Gänsehaut überzieht meinen ganzen  Körper. Er macht mir Angst, aber ein anderer Teil von mir will ihn umarmen, ihm helfen. Ich weine.

,,Warum?", wispert er gequält und legt seinen Kopf an meinem Nacken. Zuerst denke ich, dass er weint, aber dann fängt er an, meinen Hals zu küssen. Mein Herz schlägt schneller. Mein Atem ist zu hören.

Leicht berührt er mich, nicht zu fest, nicht zu extrem. Er beißt, saugt, und sein Atem streift über meine empfindliche Haut. Ich schließe meine Augen, um das alles als Traum abzustempeln, aber es passiert wirklich. Es ist kein Traum. Er küsst mich wirklich.

Doch dann ist alles verschwunden. Nichts. Ich spüre ihn nicht mehr an meinem Hals. Er hat aufgehört. Einerseits bin ich erleichtert, aber anderseits habe ich gehofft, dass er weiter machen würde - oh nein, was denke ich hier gerade? Ich will das doch nicht...

,,Du wehrst dich ja gar nicht.", stellt er fest und ich spüre seine Blicke auf mir. Wenn er mich nicht sieht, sehe ich ihn auch nicht. Oh Gott, warum benehme ich mich wie ein Kleinkind? 

Ich habe überhaupt keine Ahnung,  wie sich meine Angst in so ein Gefühl umwandeln konnte. Ist das überhaupt möglich? Bin ich wahnsinnig geworden? Was stimmt nur nicht mit mir? Bin ich zu lange in diesem Zimmer gewesen? Aber ich bin doch nicht so lange hier... Ich öffne meine Augen. Er blickt mich neugierig an. Ich bin verrückt...

Bevor ich reagieren kann, beugt er sich zu mir und küsst mich. Erst geht er nur zärtlich mit mir um, aber dann wird er gieriger. Es wird intensiver, leidenschaftlicher. Ich ziehe seinen Körper näher an mich, ziehe seine Haare, umschlinge seinen Hals mit meinen Armen und presse meine Beine an seine Hüfte.  Andres Zunge streicht über meine Lippen, will  Eintritt in meinen Mund. Ich lasse es zu und vertiefe den Kuss.

Doch dann höre ich abrupt auf, als ich sein Schmunzeln sehe und wahrnehme, wie seine Hand auf Wanderschaft über meinen Körper geht. Leider merkt er es nicht und legt seine Lippen wieder auf meine. Was tue ich hier gerade? Bin ich wahnsinnig geworden?

Ich beiße schlagartig auf seine Lippe und lasse ihn bereuen, mich verführt zu haben. Er stöhnt laut auf und ich kann Blut schmecken. Sein Blut... Sofort lasse ich seine Lippe los und spucke sein Blut auf den Boden.

Er reagiert schnell und hält wieder meine Handgelenke fest an ihrem vorherigen Platz. Langsam stört es mich. Ich wehre mich, aber sein Körper ist über mir. Es fällt mir sehr schwer und kostet mich eine Menge Energie. Ich gebe auf.

Von oben herab blickt er mich mit einem komischen Blick an. Ich weiß nicht, was er denkt, aber es ist bestimmt nichts Gutes. Etwas Undefinierbares liegt in seinen Gesichtszügen. Ich kann es nicht lesen. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe ihn nicht.

Plötzlich lässt er mich los und steht auf. Er guckt mich nicht mehr an. Seine Miene verzieht sich nicht mehr, er ist emotionslos. Mit großen Schritten läuft er zur Tür und öffnet diese. Danach geht er raus und schließt die Tür. Ganz laut schreie ich ihm hinterher und rufe: ,,Arsch!".

Ich bin ein Trottel.

UnheilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt