Andre(X)

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Sekunden für Sekunden, Tage für Tage, Wochen für Wochen und Elvira ist noch bei mir.
Um ehrlich zu sein, hat es mir das Herz gebrochen, als ich meine Hübsche weinend gesehen habe. Sie hat mich umarmt, obwohl ich sie am vorherigen Abend zum bewusstlosen Zustand gebracht und sie kalt auf den Boden liegen gelassen habe. Ich habe sie ihrem Schicksal überlassen. Wenn ich mich an diesen Tag erinnere, kann ich nur den Kopf schütteln. Wie konnte ich sie alleine lassen? Was, wenn sie mit dem Kopf hart auf den Boden gelandet und nun tot wäre? Daran zu denken, wie sie leblos, blutig auf dem Boden liegt, lässt mich erzittern. Dennoch ist etwas in mir, das mir sagt, dass sie es verdient hat. Ich wollte nicht ausrasten, aber ich musste es tun. Es geht dabei hier nicht um mich, sondern um sie. Sie muss ihren Platz kennen und dieser ist hier bei mir. Dazu muss sie mir aber gehorchen und mich nicht ablehnen. Und das ist das Problem. Sie tut es immer und immer wieder.

Unsere Beziehung ist so prima gewesen. Jeder Tag hat mich mit Glück und purer Zufriedenheit erfüllt. Bei keiner anderen Frau habe ich mich so verlangend und angezogen gefühlt. Wenn sie mich mit ihren großen Augen ansieht, ihre Lippen leicht offen hat und ihr ihre Röte ins Gesicht steigt, sehne ich mich immer mehr nach ihr. Mein Herz klopft schneller, meine Gedanken spielen verrückt, mein Handeln wird unkontrollierbarer. Ich habe keine Macht über mich, da sie mich bestimmt und kontrolliert. Ohne sie bin ich ein Nichts. Deswegen bin ich wütend gewesen, als sie mich abgelehnt, mich von sich gestoßen, mich verdammt nochmal verstoßen hat. Ich musste es tun. Es ist wie ein Drang gewesen, dem ich nicht widerstehen konnte. Es musste sein...

Trotzdem verwirrt mich eine andere Sache. Was hat sie in dieser Nacht geträumt, dass sie sich komplett verändert hat? Sie hat ängstlich, verwirrt und hilflos gewirkt. Ich bin mir sicher, dass sie einen Alptraum hatte, aber worum ging es? Leider hat sie mir nichts verraten, aber sie hat sich komisch verhalten. Sie lässt Nähe zu, küsst mich, ignoriert mich nicht, obwohl sie es sollte. Ich kenne sie doch gut genug. Normalerweise würde sie anders reagieren. Aber nein, was macht sie? Sie sagt mir, dass sie bei mir bleiben möchte und mit mir etwas unternehmen möchte. Das ist krank. Ihr Traum hat ihr Klarheit gebracht. Jedenfalls ist das meine Vermutung. Sie gehört mir und anscheinend versteht sie es endlich.

,,Elvira, das machst du wirklich gut. Oh...", stöhne ich, während ihre Hände über meine Haut wandern und mich massieren. Ich entspanne mich. Sie weiß, was sie tut. Es tut gut, wie sie mich knetet, wenngleich es für sie schwer ist, meine harten Muskeln zu bearbeiten. Ich liebe es, dass sie keine Scheu hat, mich anzufassen. Irgendwie macht es mich glücklich. Sie ist meins.

Irgendwann schlafe ich ein, mitsamt Elvira in meinen Armen. Auch wenn alles so wie immer ist, muss ich mir etwas überlegen. Unsere Probleme scheinen vergessen. Dennoch muss sich etwas ändern. Elvira muss offener werden, mich noch näher an sie lassen, mir vertrauen, mit Haut und Haar mir gehören. Alles. Und da habe ich auch schon eine Idee. Dabei würde ich ihr eine andere unbekannte Seite von mir zeigen und darauf freue ich mich schon.

Am nächsten Tag laufe ich mit Elvira in einen anderen Raum. Um genauer zu sein, ist es ein Zimmer im Untergeschoss neben ihrem Zimmer. Es ist kein besonders großer Raum, der für die wichtigsten Dinge reicht. Ein Schreibtisch, Lampen, Leinwände, Kameras. Hier gehe ich meinen kleinen Künsten nach. Ich fotografiere und zeichne gerne. Stundenlang könnte ich bleiben und mich hier ablenken. Es beruhigt mich, aber ich kann meine Freundin nicht die ganze Zeit alleine lassen, das geht nicht. Lieber verbringe ich meine Zeit mit ihr, der Liebe meines Lebens.

Ich lasse sie sich auf einen Stuhl, der in der Mitte des Raums steht, setzen. Ihre Augen habe ich verbunden. Das, was gleich passieren wird, soll eine Überraschung werden. Sie soll mich heute besser kennenlernen. Ich will ihr eine andere Seite von mir zeigen und ich hoffe, sie wird es lieben und voller Aufregung genießen.

Als ich mich zum Schreibtisch wenden will, versucht sie ihre Augenbinde herunterzuschieben, was mir natürlich nicht passt. So soll der Tag nicht verlaufen. Mit einem kurzen Schlag auf ihre Hände und einer Warnung, nicht die Augenbinde zu öffnen, lässt sie ihre Hand wieder sinken. Trotzdem fessele ich ihre Hände hinter ihrem Rücken mit einem Band, das ich manchmal für meine Zeichnungen benutze. Elvira widerspricht, aber ich höre nicht auf sie. Ich merke, dass sie den Tränen nahe ist, deshalb küsse ich sie, um sie zu beruhigen. Alles wird gut, mein Schatz, sage ich im Kopf. Ich will ihr nichts Böses.

,,Schatz, willst du etwas trinken?", frage ich und öffne die mit Alkohol gefüllte Flasche, die auf dem Schreibtisch steht, die ich vor einer Stunde hergebracht habe. Sie nickt und ich schütte ihr etwas ein. Ich nehme das Glas und führe es an ihren Mund, der leicht offen ist. Langsam kippe ich das Glas, damit sie trinken kann. Sie verzieht ihr Gesicht in einer komischen Miene. Niedlich. Anscheinend ist sie kein Alkoholfreund. Schade...

,,Ich liebe dich, Elvira. Du kannst dir gar nicht vorstellen,wie sehr ich dich liebe." Sie nickt und lächelt erfreut über meinen Satz.

Ich gebe ihr etwas mehr zu trinken, lasse sie in eine andere Welt hinübergleiten. Eine Welt, in der sie ihren Kopf abschalten und loslassen kann. Es zählen nur noch andere Dinge, die ich ihr zeigen werde.

Nach einer langen Stille strecke ich meinen Arm und berühre ihre Schulter, streiche ihr danach über die Arme, die sofort eine Gänsehaut bekommen. Wie interessant... Sie reagiert auf mich. Ich küsse sie auf die Lippen und verlange nach Eintritt, sie lässt es zu und erwidert alles. Sie soll fühlen.

Ich unterbreche den Kuss, lehne meine Stirn an ihre. Meine Augen sind geschlossen, ich spüre ihren Atem an meiner Haut. Meine Hand wandert zu ihrem Hals, ich fühle ihren Puls. Ihr Herz spielt also mit. Wunderbar. Es kann nicht besser laufen.

,,Du bist viel zu schön für diese Welt. Ich will Fotos von dir machen, Elvira", sage ich und beginne sie mehr in meine Welt zu lassen aber ich spüre ihre Panik. Sie hält den Atem an, Angstschweiß bildet sich, ihr Körper zittert.

,,Lass mich los, Andre", sagt sie flehend, aber ich lasse nicht von meinem Plan ab.

,,Shh... Ich verspreche dir, dass du es genießen wirst. Mach dir keine Gedanken darüber. Du wirst es lieben", hauche ich mit einem spitzbübischen Grinsen in ihr Ohr.

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