Kapitel 7

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Kijan's Sicht

Die Suche blieb erfolglos. Weder ich noch meine Soldaten, hatten sie bisher gefunden, sonst hätten ich schon das Horn vernommen. Aufmerksam beobachtete ich die Straßen und suchte nach Spuren, die mich zu meiner Verlobten und ihrem Entführer führen würden.
Allerdings deutete nichts auf eine gewaltsame Auseinandersetzung, oder sonst irgendetwas hin, was mit einer Entführung zu tun haben könnte.

Ein wenig gereizt trieb ich Raed schneller an. Ich musste die Prinzessin finden. Wie sollte ich in naher Zukunft ein ganzes Land führen, wenn ich nicht einmal meine eigene Frau beschützen konnte? Sicher, es war nicht in meiner Gegenwart passiert, aber das machte es nicht besser. Sobald sie unser Land betreten hatte, stand sie unter dem Schutz des Herrschers.

Und da mein Vater sterbenskrank im Bett lag und ich momentan größtenteils seine Arbeit verrichtete, fiel diese Pflicht an mich. 

Was wenn ich sie nicht wieder finden konnte?

Wie sollte ich das ihren Vater sagen? Den Herrscher des Nachbarlandes. Ein Mann, der für sein ungezügeltes Temperament bekannt war, wenn es um seine geliebte Tochter ging. 

Es war sowieso ein Wunder, dass er dieser Vermählung zugestimmt hatte. Er liebte und verehrte seine Tochter und ließ sie die meiste Zeit von einer Spezialgarde bewachen.

Bereits als Shadia zehn Jahre alt war, hielten Herrscher aus den entferntesten Ländern um ihre Hand an. Egal ob jung oder alt. Sie boten dem Khan die wertvollsten Schätze an, die gereicht hätten, um zwanzig Paläste zu bauen, doch er wies sie alle zurück. Er hätte seine Tochter am liebsten niemals fortgehen lassen.

Doch das war, bevor sein Land in einer Krise steckte und ihm die Rohstoffe ausgingen. Nun war er gezwungen, sie in die Hände eines anderen zu geben. Auch wenn es ihm das Herz brach...

Deswegen durfte ich es nicht zulassen, dass der Prinzessin etwas zustieß!Entschlossen ballte ich die Hände zu Fäusten und trabte durch die dunkler werdenden Gassen.



Es dauerte nicht lange, bis ich einen leisen Hilferuf hörte.

Ich hielt an. Erst glaubte ich es mir nur eingebildet zu haben, doch kurz darauf ertönte noch einmal der kaum hörbare Ruf, der verzweifelt um Hilfe bat.

>>Heia! Los Raed!<<, spornte ich meinen treuen Hengst an und ritt nach links in eine düstere Gasse. Und tatsächlich, wenige Meter vor mir klammerte sich ein Mädchen mit zerfetzten Kleidern an die Häuserwand. Zwar kannte ich meine Verlobte nur von Ölgemälden, doch ich wusste sofort, dass sie es war. Sie war so wunderschön, selbst mit zerrissenen Kleidern und zerschundenen Gesicht, dass sie alle Gerüchte über ihre atemberaubende Schönheit weit in den Schatten stellte.

Erst auf den zweiten Blick, entdeckte ich den frischen Schnitt an ihren Bauch aus dem noch Blut floss, welches ihre rote Choli und ihre Haremshose durchtränkte. Es machte mich rasend. Ich würde denjenigen mit eigenen Händen töten, der ihr das angetan hatte.

Noch im Trab sprang ich von Raeds Rücken und landete neben ihr. In diesem Moment fiel sie vorneüber.

>>Prinzessin!<<, rief ich und hechtete entsetzt zu ihr, um sie aufzufangen. Kraftlos fiel sie in meine Arme. >>Prinzessin Shadia! Könnt Ihr mich hören?<<, rief ich entsetzt, während ich ihrem schlaffen Körper behutsam in meinen Armen drehte, damit ich ihr Gesicht sehen konnte.

Sie öffnete ihre Augen und sah mich an. Sie waren von einem unnatürlichen dunklen Blau, in denen goldene Sprenkel funkelten, wie die Sterne am Nachthimmel.

>>Es geht schon. Danke, dass Ihr mich aufgefangen habt, mein Herr.<<, antwortete sie und sah mich merkwürdig an. Als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich ihr zu Hilfe eilen würde.

>>Selbstverständlich. Könnt Ihr aufstehen?<<, fragte ich und musterte sie eingehend.

Abgesehen von der Wunde an ihren Bauch, färbte sich die Haut um ihr rechtes Auge bereits blau, als hätte man sie geschlagen. Ohne zu zögern zog ich mein Hemd aus und band es ihr um den Bauch, sodass es das Blut auffing. Sie war so schmal, dass ich es ihr gleich doppelt umwickeln konnte. Erstaunlicherweise zuckte sie dabei nicht zusammen, sondern betrachtete mich misstrauisch.

Vielleicht fragte sie sich, ob ich wirklich der Prinz und ihr Verlobte war. Immerhin trug ich nicht meine Uniform, sondern Klamotten des gemeinen Volkes. 

>>Ich glaube schon.<< Antwortete sie und ich half ihr auf. Dabei klammerte sie sich zitternd an mich, um nicht umzufallen.

>>Ich muss Euch sofort in den Palast bringen! Diese Wunde muss umgehend versorgt werden. Es könnte sich sonst entzünden.<<

Sie nickte nur und ich hob sie mit ihrer Einwilligung hoch. Ich pfiff einmal kurz und Raed kniete sich nieder, sodass ich mit der Prinzessin in den Armen aufsteigen konnte.

Mit der einen Hand schlang ich meinen Umhang um uns und mit der anderen hielt ich Raeds Zügel.

Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt