Kapitel 9

3.3K 303 14
                                    

Kijan's Sicht:

Als wir am Palast ankamen, war zum Glück die große Menschenmasse weitgehend von den Palastwachen vertrieben worden. So konnten wir ohne große Behinderung bis vor die Stufen des Palasteingangs reiten, auf denen ich noch vor wenigen Stunden auf die Ankunft der Prinzessin gewartet hatte. Nun lag sie in meinen Armen und sah sich, trotz ihren schweren Verletzungen, neugierig um. 


Ich schmunzelte über ihr beinahe kindliches Verhalten, mit weit geöffneten Augen jedes Detail in sich aufnehmen zu wollen.
Ohne dass sie es bemerkte, konnte ich sie so ansehen und ausnahmsweise bekam ich mal nicht ihren misstrauischen Blick zu sehen, mit dem sie mich bisher bedacht hatte.


Just in dem Augenblick, wo wir vom Pferd stiegen, kamen mehrere Bedienstete mit einer Trage aus dem Palast geeilt. Unter ihnen befanden sich auch Bedienstete der Prinzessin, die besonders besorgt aussahen.


Beinahe widerwillig legte ich die Prinzessin auf der Trage ab, die nun stumm und konzentriert die Leute um sie herum betrachtete.


Als sich eine ihrer Bedienstete zu ihr herunter beugte und ihre Hand nahm, zuckte Shania zurück, schien sich dann aber zu besinnen und lies es zu, dass die ältere Frau ihre Hand nahm.


>>Prinzessin, was ist passiert? Kann ich irgendetwas für Euch tun, damit es Euch besser geht?<<, fragte die Greisin besorgt und streichelte beruhigend Shanias Hand. 


>>Nein, es geht schon ...-<<


>>Mysa, Prinzessin.<<


>>Äh ja Mysa, natürlich. Entschuldige, Ich habe mir den Kopf angestoßen, weshalb mir wohl kurz dein Name entfallen ist.<<, sagte die Prinzessin und befreite sanft aber bestimmt ihre Hand aus den Händen der Alten.


>>Das genügt jetzt. Die Prinzessin muss so schnell es geht versorgt werden. Sie steht sicher noch unter Schock, weshalb so wenig Menschen um sie herum sein sollten, wie nur möglich.<<, half ich der Prinzessin aus der Bedrängnis. 

Sofort zogen sich einige Bedienstete zurück und hielten mehrere Meter Abstand, als die Trage der Prinzessin in den Palast getragen wurde. Nur ein paar ausgewählte Bedienstete, denen ich am meisten vertraute, blieben an unserer Seite. Ich selbst lief die ganze Zeit über neben der Trage und beobachtete die Prinzessin und jeden der ihr zu Nahe kam genau. 


Obwohl sie offensichtlich Schmerzen hatte, betrachtete sie aufmerksam das Palastgebäude und bei der ein oder anderen Marmorstatue oder bei besonders imposanten Wandteppichen riss sie ehrfürchtig die Augen auf. Wie als wäre sie solche Anblicke nicht gewohnt. Das konnte ich mir allerdings kaum vorstellen, da sie ja in einem Palast aufgewachsen ist. Aber vielleicht interessierte sie sich einfach für eine solche Art von Kunst oder ihr Heimatpalast war nicht so zahlreich mit solchen Schmuckstücken ausgestattet. Immerhin war ihr Land auch nicht so reich wie Tarwardan.


Die Diener, die die Trage der Prinzessin trugen, gingen zwar zügig aber nicht zu schnell, um meiner Verlobten nicht noch mehr Schmerzen zu bereiten.
Trotzdem dauerte es meiner Meinung nach viel zu lange, bis wir die Gemächer der Prinzessin erreichten. Am liebsten hätte ich sie wieder auf den Arm genommen und wäre so schnell wie möglich voraus gelaufen.
Ich ertrug es einfach nicht länger sie so zu sehen. Das Gefühl beruhigte und erschreckte mich zugleich. 


Einerseits merkte ich daran dass sie mir nicht völlig egal war, dass sie mir etwas bedeutete, obwohl ich sie kaum kannte. Das war doch gut oder nicht?


Andererseits aber, hatte ich bisher noch nie so einen Beschützerinstinkt gegenüber einer Frau entwickelt, außer bei meiner Mutter. Doch die war bereits verstorben.
Zerstreut schüttelte ich den Kopf und versuchte nicht all zu viel darüber nachzudenken. Stattdessen konzentrierte ich mich wieder auf die derzeitige Situation.


Endlich - nach einer gefühlten Ewigkeit - erreichten wir die Türen zu den Gemächern der Prinzessin, die sofort von zwei Kriegern aufgestoßen worden.
Sobald wir im Schlafgemach der Prinzessin waren, hob man sie von der Trage auf das riesige Bett. 


>>Wo bleiben die Heiler?!<<, brüllte ich aufgebracht.
Doch bevor auch nur irgendeiner einen Finger rühren konnte, eilten auch schon die Gesuchten herein.
Hastig verbeugten sich die zwei alten Männer und die Frau und baten vielmals um Verzeihung.
Ich machte nur eine schnelle Handbewegung, sie sollten endlich anfangen die Prinzessin zu behandeln. 


Ich beobachtete, wie sie die größte Wunde an dem Bauch meiner Verlobten untersuchten und als sie das Oberteil entfernen wollten, schaute ich schnell weg.
Ich erwischte mich jedoch dabei, wie ich heimlich herüber schauen wollte. Allerdings kam gerade die weibliche Heilerin auf mich zu und versperrte mir die Sicht.
Sofort fühlte ich mich ertappt und ich merkte, wie ich rot wurde.


>>Mein Prinz, ich denke es wäre besser, wenn Ihr uns unsere Arbeit machen lasst und Euch selbst ein wenig ausruht. Ihr seid bestimmt ein wenig erschöpft von der langen Suche und außerdem müssen wir die Prinzessin jetzt entkleiden. Ich weiß, sie ist Eure Verlobte, aber ich bin mir sicher, dass es Ihr unangenehm ist, wenn Ihr sie so seht. Immerhin ist sie verwundet und mit Blut überströmt. Sie möchte sicherlich nicht, dass ihr zukünftiger Ehemann sie in einem solchen Zustand sieht.<<, sagte die alte Frau freundlich aber bestimmt.


Da mir die Situation immer noch etwas peinlich war, nickte ich schnell und zog mich zurück.
Beim Rausgehen sagte ich noch: >>Kümmern sie sich gut um sie und sorgen sie dafür, dass sie keine Schmerzen mehr leiden muss.<<.
Dann verließ ich die Gemächer.

Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt