Kapitel 30

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Kijan's Sicht:

Da stand sie und forderte mich zu einem Duell heraus. Eine zarte, nicht besonders hochgewachsene Prinzessin, die das Wort Schamshir nicht einmal buchstabieren können sollte.

Natürlich wusste ich mittlerweile, dass sie alles andere als die folgsame und brave Frau war, doch das... nun, das konnte sie nicht ernst meinen.

Perplex starrte ich auf sie hinunter. 

Sie erwiderte meinen ungläubigen Blick, mit einem herausfordernderen Blitzen in den Augen und stolzem, beinahe kindlich, trotzig herausgestrecktem Kinn.

>>Du hast mich schon verstanden. Ich fordere dich heraus.<<, sagte sie gelassen und verschränkte locker die Arme vor der Brust.

Ich blinzelte ein paar Mal, immer noch in meiner überraschten Starre gefangen. >>Du...?<<, setzte ich gedehnt an.

Shadia stieß ungeduldig die Luft aus. >>Ja, Ich. Habe ich das nicht gerade gesagt?<<

Sie trat noch einen Schritt auf mich zu und sah mir direkt in die Augen. Etwas leiser, damit die umstehenden Männer ihre ungehobelten Worte nicht hören konnten, fügte sie hinzu: >>Oder hast du etwa Angst, mein Prinzlein?<<

Mir fehlten die Worte. Sie schien es wirklich ernst zu meinen. Aber was in allen Götters Namen dachte sie sich dabei? Wollte sie lernen wie man kämpfte? Sie sollte doch wissen, dass es sich für eine Dame von hohem Stand nicht gehörte, den Umgang mit Waffen zu lernen. 

Hätte sie mich gefragt, als wir unter uns gewesen wären, ob ich sie trainiere, hätte ich vielleicht ja noch zugestimmt. Aber hier vor zwei Dutzend der Palastwachen, mich herauszufordern...

Sie verschaffte uns beiden einen Riss im Ansehen.

Hatte sie einfach keine Ahnung oder war es ihr gänzlich gleichgültig, wie es um ihre Autorität stand? Ich musste das hier und jetzt beenden, bevor sich die Männer noch über sie lustig machten.


>>Ich lehne ab.<<, sagte ich bestimmt und deutlich, dass es alle hören konnten. 

Sofort zog Shadia ihre Augenbrauen zusammen. Bevor sie etwas sagen konnte, fuhr ich eilig fort: >>Das ist viel zu gefährlich, du könntest verletzt werden. Das ist kein Spiel. Wir trainieren hier mit echten Klingen und obwohl wir darauf achten, niemanden zu verletzen, kann immer ein Missgeschick geschehen.<<

>>Na wo bleibt denn auch sonst der Spaß, wenn man nicht mit echten Schwertern kämpft?<<, fragte sie mit einem gerissenen Grinsen und sah mir eingehend in die Augen.

Der Blick war so intensiv, dass ich ihm nicht standhalten konnte. Ich sah über ihren Haaransatz hinweg, der mir nur bis zum Schlüsselbein reichte  und ließ mein Blick kurz über das Feld schweifen.

Ganz am Rand stand eine dunkle Gestalt, die uns mit ausdruckslosem Gesicht musterte. General Akmal. 

Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich wandte mich wieder dem aufmüpfigen Kind vor mir zu.

>>Ausgeschlossen. Ich bringe dich zurück in deine Gemächer.<<, sagte ich möglichst bestimmt, um kein Widerspruch zuzulassen. Als ich ihren Blick sah, fügte ich hinzu: >>Oder von mir aus sonst wohin. Hauptsache nicht hier.<<

>>Na schön.<<, erwiderte sie und ich hob verblüfft die Brauen, dass sie so schnell nachgegeben hatte. Erleichtert nickte ich und ging voraus.

Dies war mein Fehler.




Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt