Glücklicherweise hatten die Anprobe und die ganzen anderen Vorbereitungen - ich hatte keine Ahnung, was für solch eine Hochzeit alles gemacht werden musste - schon Wochen vorher begonnen. Anscheinend sahen die Prinzessin und ich nicht nur gleich aus, sondern hatten auch eine ähnliche Figur, denn das auf sie zugeschnittenes Brautgewand passte mir beinahe wie angegossen. Allerdings war es an manchen Stellen ein winziges bisschen zu weit - vor allem im Brustbereich. Immerhin hatte Shadia jeden Tag genügend zu Essen bekommen - ich nicht.
>>Das ist kein Problem, Ya-... Prinzessin Shadia. Das haben wir gleich.<<, sagte Anjuli und verbesserte sich hastig, denn um uns herum befanden sich noch andere Bedienstete, die nicht von meiner wahren Identität wussten.
Ich nickte und Dayana machte sich daran, die Choli mithilfe der feinen Bänder an der Rückseite enger zu schnüren. Dabei zerrte sie das ein oder andere Mal unauffällig fester an den Schnüren, sodass mir kurz die Luft wegblieb. Ich funkelte sie böse an, sobald niemand zusah, doch sie grinste nur schadenfroh. Ich verdrehte die Augen und achtete nicht mehr auf sie. Zwar hatten Shadias Hofdamen vorerst beschlossen, mich nicht zu verraten, doch das hieß nicht, dass es alle begrüßten mir zu helfen. Vor allem bedeutete das nicht, dass sie mich plötzlich mochten. Außer Anjuli, die mich immer noch engelsgleich anlächelte, als hätte ich nichts verbrochen.
Dabei gab ich mich ja nur als die Prinzessin des Nachbarlandes und als zukünftige Gemahlin des Prinzen eines der mächtigsten Länder dieses Kontinents aus. Wenn dieses Vergehen ans Licht kommen würde, blieb mein Kopf höchstwahrscheinlich nicht mehr lange auf meinen Schultern. Aber was war schon dabei?
Ich stand auf einen kleinen Podest und wurde von Shadias vier Hofdamen eingekleidet, während ihnen die Bediensteten zur Hand gingen. Jedoch ließen Anjuli und die anderen sie geschickt nie nah genug an mich heran kommen, damit nicht die Gefahr bestand, dass sie etwas bemerkten. Außerdem stand ich mit dem Rücken zur Wand und an den Seiten hatten sie wunderschön verzierte Raumtrenner platziert, damit man, selbst wenn ich oben nicht viel anhatte, meine Narben nicht bemerkte.
>>So, das wars Euer Hoheit.<<, sagte Dayana spöttisch, nachdem sie die Schnüre verknotet hatte. >>Bevor wir Euch jedoch die Sari umlegen, verzieren wir Euch nun mit den traditionellen Hennabemalungen.<<
Und so saß ich wenige Augenblicke später, nur mit Unterrock und Choli bekleidet, auf einen gut gepolsterten Hocker. Während Lissa und Dayana auf dem Boden knieten und meine Füße und Knöchel verzierten, saßen Anjuli und Mhysa neben mir und taten dasselbe mit meinen Armen und Händen. Konzentriert arbeiteten sie an den Verzierungen und sprachen nur äußerst selten mit mir. Es dauerte eine Ewigkeit und ich hatte nichts, womit ich mit derweil beschäftigen konnte. Also hing ich meinen Gedanken nach und versuchte mich irgendwie wach zu halten.
Ich sah an mir herunter und betrachtete den schmucklosen und trotzdem edlen Stoff der Choli. Zwar war sie etwas länger als die, die ich Shadia abgenommen hatte, trotzdem bedeckte sie nicht meinen gesamten Oberkörper und so schaute noch ein Teil des Verbandes an meinem Bauch hervor. Bevor Anjuli und die anderen mich angekleidet hatten, war noch die alte Greisin von gestern herein gekommen und hatte meinen Verband wechseln wollen. Zum Glück hatte Mhysa sich bereit erklärt, den Verband selbst zu wechseln. Nur widerwillig hatte die alte Heilerin ihr Einverständnis gegeben, war aber schließlich gegangen. Nun trug ich einen neuen Verband. Zwar ruinierte er meinen ganzen Aufzug, doch er bedeckte gemeinsam mit der Choli meine Narben am Rücken. Abgesehen davon, war es mir egal, wie ich bei der Hochzeit aussah. Es scherte mich nicht, ob ich gut aussah oder nicht. Es war mir egal, ob es den Prinzen stören würde oder nicht. Tatsache war, dass ich meine Tarnung aufrecht erhalten musste. Und wenn der Verband mir dabei half, war es mir gleich, ob es irgendwen kümmerte oder nicht.
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Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*
خيال (فانتازيا)*** Pausiert*** Das Straßenmädchen Yahima sieht der Prinzessin des Nachbarlandes zum Verwechseln ähnlich. Als diese in die Hauptstadt kommt, um mit den Prinzen Kijan vermählt zu werden, kommt es zu einen tötlichen Unfall und Yahima nimmt kurzerhand...