Kapitel 2

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Eine Viertelstunde später stieg ich, angekommen in La Push, von meiner Vespa. Ich zog den Helm aus und schüttelte erstmal meine rote Mähne durch.

Ich wollte mir meine Chance nicht verderben, indem ich aussah wie ein Vollidiot.

Die Häuser waren alle im Durchschnitt recht klein, Holzhäuser, rot getäfelt. Und ich hatte mich auf den ersten Blick in dieses Dorf verliebt. Es war ein perfektes Fotomotiv, weil es seinen ganz eigenen Charme hatte.

Da ich nicht wusste, bei welchem Haus ich klingeln sollte, ging ich einfach zu dem von mir aus nächsten, neben dem ein großer Schuppen stand. Ich atmete tief durch, dann klingelte ich.

Die Sekunden verstrichen und ich dachte schon, es wäre keiner Zuhause, als plötzlich doch die Tür auf ging. Vor mir stand - genauer genommen saß - ein Mann im mittleren Alter. Er saß im Rollstuhl, was wahrscheinlich erklärte, warum er etwas länger gebraucht hatte, um an die Haustür zu kommen. Sein Gesicht wirkte ruhig und sympathisch, er hatte lange schwarze Haare, natürlich insgesamt einen indianischen Touch und trug einen schwarzen Cowboyhut.

„Wie kann ich dir helfen?", fragte er mich nun freundlich.

„Hallo, mein Name ist Ava West. Ich bin wegen einer Hausarbeit hier und hatte gehofft, dass mir jemand aus ihrem Reservat dabei helfen kann."

Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht genau definieren, aber er fragte freundlich weiter: „Billy Black. Und um was geht's in dieser Hausarbeit, dass du gerade nach La Push kommst?"

„Ich schreibe über die Legenden der Natives. Und ich soll recherchieren, ob die festgehaltenen Geschichten, die man einfach so kaufen kann, auch wirklich mit denen übereinstimmen, die man sich tatsächlich noch erzählt."

„Wenn das so ist, werde ich mal bei unserem Stammesältesten anrufen. Am besten lässt du mir deine Telefonnummer da, dann kann ich mich bei dir melden, wenn ich was Genaueres weiß. Aber ich kann dir nichts versprechen", fügte er hinzu, „denn diese Legenden bedeuten meinem Volk sehr viel. Wir teilen sie nicht gerne mit euch Bleichgesichtern." Bei dem Wort Bleichgesichtern zwinkerte er mir zu und lächelte schief.

Ich mochte diesen Mann auf Anhieb. Der erste Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Und er wollte mir tatsächlich helfen.

„Das macht nichts. Danke, dass Sie mir Ihre Hilfe überhaupt anbieten", lächelte ich zurück. „Haben Sie etwas zum Schreiben da?"

Er nickte und rollte zurück ins Haus. Im Hintergrund hörte ich eine Stimme rufen „Dad, ich bin in der Werkstatt!", die ich dann dem Jungen zuordnete, der mir entgegenkam. Er war in meinem Alter, bestimmt zwei Meter groß, durchtrainiert, oberkörperfrei und hatte ein Tattoo auf dem Oberarm.

Ich konnte ihn zuerst nur anstarren. Erst, als er mich ansprach, fing ich mich wieder. „Hi. Ich bin Jacob."

„Ava. Du hast eine Werkstatt?", hakte ich nach. Hinter Jacob kam Billy mit einem Zettel und einem Kugelschreiber in der Hand wieder zum Vorschein.

Er nickte. „Du interessierst dich dafür?", fragte er überrascht.

„Naja, nicht wirklich", lachte ich, „aber ich bräuchte jemanden, der sich mit einem Motorcross auskennt. Ich hab eins Zuhause stehen, das nicht mehr läuft."

Jacob zog überrascht eine Augenbraue nach oben und ich sah das Glitzern in seinen Augen. Ich hatte ihn am Haken.

„Du kannst es gerne mal vorbeibringen", bot er sich an.

„Ehrlich?", fragte ich überrascht. Heute schlug ich ja gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Billy mischte sich ein. „Wir rufen sowieso bei dir an, dann könnt ihr das ja auch ausmachen." Er reichte mir Zettel und Stift.

„Das wäre super. Danke", meinte ich ehrlich und gab beides wieder zurück.

~

Jacob rief zwei Tage später an. Mitten unter der Schulzeit. Zum Glück war zwar gerade Pause, aber ich erschrak mich beim Händewaschen auf dem Mädchenklo trotzdem so heftig, als mein Klingelton - natürlich in voller Lautstärke - losging, dass Liv einen Lachkrampf bekam und sich Luft schnappend am Waschbecken abstützen musste.

„Ja?", meldete ich mich mit noch zitternder Stimme.

Jacobs dunkle Stimme am anderen Ende der Leitung sagte: „Hi. Hier ist Jacob Black."

„Hi, Jacob", grinste ich in mein Handy und sah bedeutungsvoll zu Liv, die augenblicklich aufhörte zu lachen. Sie riss die Augen überrascht auf und drängte sich neben mich, um das Gespräch mithören zu können.

„Ich habe gute Neuigkeiten. In zwei Tagen erzählen unsere Stammesältesten die Legenden am Lagerfeuer. Du darfst auch kommen, wenn du willst."

„Ehrlich? Das ist super. Ich komme gerne", freute ich mich.

Jacob lachte. „Und wenn du nachher Zeit hast, kann ich mir dein Bike anschauen."

„Klar. Passt dir nach der Schule? So um vier Uhr?", fragte ich eifrig.

„Ich werde Zuhause sein."

Ich wusste nicht, woran es lag, aber das hörte sich für mich nicht an, als ob er ebenfalls in der Schule wäre. Das würde auch erklären, warum er am Vormittag, mitten unter der Schulzeit, anrief.

„Super. Dann bis später."

„Bis dann", verabschiedete er sich und ich legte auf.

„Oh. Mein. Gott! Du hast ein Date mit einem der La Push-Typen!", kreischte Liv. Ein Mädchen aus meinem Biologiekurs, Sandra, die gerade in eine Kabine gehen wollte, zuckte erschrocken zusammen.

„Das ist kein Date, Liv", verdrehte ich die Augen.

Sie seufzte. „Aber es könnte eins werden", zwinkerte sie mir zu.

„Du interpretierst da viel zu sehr rein, Liv", meinte ich lachend und verließ die Mädchentoilette. „Konzentrier du dich lieber auf deinen Matt."

Sie stöhnte und folgte mir auf den Gang. Im Moment waren sie zerstritten; insgesamt war es ein ständiges Auf und Ab zwischen den beiden.

„Wir werden ja sehen", beschwor sie mir. „Wahrscheinlich schwebst du heute Abend auf Wolke Sieben. Wie soll Logan das nur verkraften?"

„Was soll ich verkraften?", sagte jemand hinter uns.

Wir fuhren zusammen und drehten uns um. Natürlich hatte Logan das hören müssen.

„Ach, nichts", wehrte ich ab.

Logan musterte mich und ich hatte den Eindruck, dass er sowieso alles gehört hatte. „Na gut. Sehen wir uns nachher in Mathe?", fragte er und wischte sich lässig durch die Haare. Die anderen Mädchen in unserem Jahrgang fanden es unwiderstehlich, wenn er das machte, das wusste ich. Aber Logan war für mich einfach ein Sandkastenfreund, auch wenn er ein Mädchenschwarm war.

Ich nickte.

„Dann sehen wir uns dann." Damit drehte er sich um und ging zu seinen Kumpels.

~~~
Da bahnt sich wohl Stress an oder was denkt ihr?



this is lycanthropy (Embry Call)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt