Kapitel 21

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Jareds Freundin Kim fuhr mich nach Hause, da Embry mich ja auf seinem Motorrad mit nach La Push genommen hatte. Ich war kein sonderlich gesprächiger Beifahrer, denn die Situation löste mich ziemlich auf.

Die Vorstellung, wie die Jungs – wie Embry – auf Vampirjagd gingen, machte mich fertig. Hatten sie überhaupt eine Chance? Immerhin war Seth schon verletzt worden.

Nicht auszudenken, wenn Embry...

Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde in meiner Brust in tausend klitzekleine Teilchen zerspringen.

Man merkte es mir offenbar an, denn Kim meinte irgendwann tröstend in die Stille hinein, die sich über uns ausgebreitet hatte, seit wir das Reservat verlassen haben: „Mach dir keinen Kopf, Ava. Die Jungs wissen, was sie tun. Und Sam würde sein Rudel niemals einer Gefahr aussetzen, mit der es nicht fertig werden würde."

Ich atmete tief ein und sah sie an: „Aber hast du keine Angst, dass Jared..." Meine Stimme brach ab.

Kim wandte den Blick kurz von der Straße ab und sah mir in die Augen. „Natürlich."

Ich nickte und senkte den Blick auf meine Hände. Natürlich war ich mit meinen Ängsten nicht allein; es war egoistisch zu denken, dass ich die Einzige war, die sich miserabel fühlte. Nur versuchte Kim im Gegensatz zu mir positiv zu denken und dafür bewunderte ich sie in diesem Augenblick.

Bis ich sie schließlich zu meinem Haus lotsen musste, sprachen wir wieder kein Wort. Ich hatte das Gefühl, dass Kim Verständnis dafür hatte, dass ich im Moment keinen Smalltalk führen konnte.

„So, wir sind da", sagte Kim, nachdem sie in der Hofeinfahrt geparkt hatte.

Ich versuchte ein Lächeln und antwortete: „Danke fürs Mitnehmen."

„Nicht der Rede wert", wehrte sie ab. „Ich hoffe, Embry bringt dich jetzt öfter mal mit."

Daraufhin breitete sich ein richtiges Lächeln in meinem Gesicht aus. Ich war froh, dass ich bis jetzt mit allen aus dem Reservat so gut klar kam.

Ich winkte Kim zum Abschied, als sie weiterfuhr, und schloss dann die Haustür auf.

Da ich im Erdgeschoss niemanden außer einem Schlachtfeld in der Küche vorfinden konnte, beschloss ich, oben nach Noah zu sehen.

Ich klopfte an seiner Tür.

„Komm rein", rief mein Bruder.

Also betrat ich das Zimmer und lehnte mich gegen die Wand. „Hey. Alles klar?"

Noah saß an seinem Schreibtisch und hakte auf seinen PC ein. „Ja und bei dir?" Er drehte sich schwungvoll auf dem Schreibtischstuhl herum, sodass er mich nun ansah.

Ich nickte nur, weil ich Noah nicht anlügen konnte. Ich konnte ihm schließlich unmöglich erzählen, dass ich Angst hatte, dass Embry, der sich in einen riesigen Wolf verwandeln konnte, sich vermutlich gerade eine Schlägerei mit einem blutsaugenden Vampir lieferte. „Was machst du gerade?", fragte ich.

„Ich suche nach deinem Ian Lugat." Noah seufzte und rieb sich die Schläfe. „Ich kann einfach nichts über ihn finden."

Ich war etwas überrascht, weil das Internet meinem Bruder normalerweise keine Informationen vorenthalten konnte.

„Nichts, rein gar nichts! Als würde er nicht existieren. Ich meine, wer hat denn heutzutage weder einen Facebook-, noch einen Twitter-Account oder sowas?", fragte er empört.

Ich lachte. „Nicht jeder hängt so viel im Internet wie du, Bruderherz."

Noah schenkte mir einen schiefen Blick. „Das ist mir auch klar. Aber selbst wenn er es nur manchmal nutzt, muss ich doch irgendwas über ihn finden können."

Ich zuckte mit den Schultern.

„Er hat doch ein Handy, oder?", wollte er wissen.

Wieder zuckte ich mit den Schultern. „Ich geh mal davon aus, weil er Olivia ja nach ihrer Nummer gefragt hat."

„Also muss ich auch was über ihn finden können", meinte Noah verzweifelt. „Aber das tue ich nicht."

„Vielleicht hat er sie ja von einer öffentlichen Telefonzelle aus angerufen", feixte ich. Dann wurde mir bewusst, wie mysteriös das wäre und mein Lachen erstarb.

Noah sah mich an. „Kein normaler Mensch telefoniert heutzutage noch über eine Telefonzelle."

Ich nickte zustimmend. Das wäre wirklich nicht normal.

Er seufzte. „Ich werde schon noch was finden. Ich muss einfach."

„Du musst dich da nicht so reinsteigern, Noah", meinte ich. „Übrigens – was ist eigentlich mit unserer Küche passiert?"

„Mum hat gemeint, dass sie kochen muss. Dass sie die Küche nicht angezündet hat, war, glaub ich, alles."

Ich stöhnte. „Na toll. Sie lässt wirklich keine Gelegenheit aus, mir noch mehr Arbeit aufzuhalsen."

Mein Bruder lachte. „Vielleicht denkt sie, dass dir sonst langweilig wird."

Ich schnitt eine Grimasse. „Ja, ich hab ja sonst nichts zu tun. Ich lass dich dann mal wieder in Ruhe."

Noah nickte. „Ja, ich such dann mal weiter."

Als ich die Tür hinter mir schloss und in mein Zimmer ging, klingelte mein Handy.

Ich holte es aus meiner Hosentasche und schaltete das Display an.

„Eine neue Nachricht", stand da. Und darunter: „Embry."

Sofort klickte ich darauf.

Er ist abgehauen. Wir haben seine Spur verloren. Im Moment besteht also keine weitere Gefahr. Seth geht's gut. Schlaf gut :*"

Augenblicklich entspannte ich mich. Es war also nichts mehr passiert.

Ich setzte mich auf mein Bett und wusste nicht, was ich nun machen sollte. Ich wusste nicht, was ich Embry zurückschreiben sollte; eigentlich wollte ich im Moment am liebsten bei ihm sein.

this is lycanthropy (Embry Call)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt