-You're not alone-

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You know you have to go.

But you don't have to go alone.

„Jetzt sag schon, was ist passiert? Und was machst du in der Wohnung eines toten?" wollte Dean noch drängender als zuvor wissen. Nova hatte schon seit ungefähr vier Wochen nicht mehr geweint, doch sie fürchtete, dass sie ihr Gesicht nicht mehr unter Kontrolle halten könnte, wenn sie die ganze Geschichte noch einmal durchdenken müsste. Aber irgendwann musste sie diese Frage beantworten, ob sie wollte oder nicht.

„Nun ja, ich... Scott war... also der, der ermordet wurde, war ein... mein Freund. Er hatte angerufen um mir zu sagen, dass er... Fähigkeiten besitzt, dass er Angst hätte mich damit zu verletzen, er konnte wohl Strom oder sowas manipulieren. Er wurde erstochen, ich war dort. Gordon Walker hat es getan. Scott hätte nie einer Fliege auch nur Leid zugefügt! Er hat das alles nicht verdient."

Nova hatte das Gefühl, totalen Quatsch zu erzählen, und wie sie schon befürchtet hatte suchte sich nun die erste Träne ihren Weg ihre Wange hinunter. Sie hatte es noch nie ausgesprochen, noch nie hatte sie gesagt, dass Scott tot war, dass er nie wieder zurück konnte.

Ihr ganzer mühsam errichteter Schild brach in sich zusammen, zerschellte als er auf dem Boden aufkam, zersplitterte durch die Wucht des Aufpralls. Und mit ihrem Schutz verlor sie auch den letzten Rest ihres Stolzes. Nova begann haltlos in ihre Hände zu Schluchzen und die Last ihrer Erinnerungen überrollten sie und drohten sie zu erdrücken, zu zerstören.

Die Brüder sahen sich schockiert an. Sie waren nicht sicher, was sie tun sollten. Sie hatten Nova als starke, unnahbare Frau kennen gelernt und wohl als letzte damit gerechnet, sie jemals hemmungslos weinend auf einem Sofa sitzen zu sehen. Sam stand als erstes auf und ging zu ihr hinüber. Anfangs noch unsicher, ob sie ihn wieder bedrohen würde, doch dann, als sie keinerlei Reaktion zeigte, begann er ihr sanft über den Rücken zu streichen. Sie weinte einfach weiter, ihre tonlosen Krämpfe schüttelten ihren Körper ohne Unterlass. Angesichts ihrer Verzweiflung konnte nicht einmal Dean ihr noch ernsthaft böse sein.

Nach einiger Zeit ebbten die Tränen ab und Nova befreite sich aus Sams armen, in die er sie nach ein paar Minuten geschlossen hatte. Ihr Gesicht war wieder ausdrucksloser, nur an den rotgeweinten Augen sah man, dass sie zu Gefühlsregungen fähig war. Sie stand auf und verließ den Raum.

„Hey! Nova!" rief Dean ihr hinterher. Sie schien ihn nicht zu hören, oder sie interessierte sich einfach nicht dafür, was er zu sagen hatte.

Ihr Weg führte sie ins Badezimmer. Ihr Spiegelbild jagte ihr beinahe Angst ein, doch sie versuchte das unschöne Gefühl zu verdrängen. Schnell zog sie sich aus und stieg unter die Dusche, das heiße Wasser erweckte ihre Lebensgeister wieder. Als sie nach gut zehn Minuten das Wohnzimmer wieder betrat, fühlte sie sich beinahe wie neu geboren. Doch die Trauer saß noch immer tief in ihren Gliedern und ihre nassen Locken hingen ihr strähnig ins Gesicht.

„Entschuldigung, dass... das alles war nie geplant." Novas Stimme zitterte noch etwas und ihr Lächeln war gezwungen und keineswegs glaubwürdig. „Wisst ihr schon, weshalb er... Gordon- sie spuckte diesen Namen fast aus –ihn umgebracht hat? Und wie habt ihr überhaupt von ihm erfahren?"

„Ein... Freund hat mir davon erzählt." Sagte Sam. „Er hat herausgefunden, auf welchem... Friedhof er liegt. Dann habe ich mit seinem Vater gesprochen, Mr. Carey hat mir erzählt, dass sein Sohn paranoid gewesen sei, was wohl stimmte. In seinem alten Kinderzimmer habe ich Ausdrucke von gelben Augen in seinem Kleiderschrank gefunden. Etwas später habe ich eine Frau getroffen, die mir von Visionen erzählte. Sie hatte im Traum gesehen wie Scott Carey starb, noch bevor es geschah. Sie warnte auch mich, vor meinem Tod. Sie ging für mich zu Scotts Therapeuten. Wir haben seine Unterlagen gestohlen. Auch Carey hatte eine ‚Fähigkeit' und der gelbäugige hatte ihm einige Informationen gegeben. Dann versuchte Gordon Walker, die Frau, Ava, und mich umzubringen, weil wir diese... Dinge können, aber Dean hat uns gerettet. Walker hat ihn danach als Lockvogel benutzt, irgendwie haben wir die Geschichte beide überlebt... Es war eine hässliche Geschichte. Ava ist verschwunden. Und jetzt sind wir hier." Beendete er seinen Monolog.

Als Zeichen dafür, dass sie zugehört hatte, nickte Nova kurz. „In Ordnung. Was habt ihr jetzt vor? Ihr könnt heute hier bleiben, aber morgen solltet ihr wieder gehen."

„Moooment. Einfach gehen und dich hier wieder in deinem Selbstmitleid ersaufen lassen?" fragte Dean rhetorisch. „Nichts da. Du kommst mit uns mit."

Nova zog die Augenbrauen hoch. „Geht's dir gut? Ich mein, ich bin alt genug um auf mich selbst aufzupassen."

„Nein. Du kommst erstmal mit. Hier kannst du ohnehin nichts ausrichten." Dean klang entschlossen.

Nova war nach wie vor nicht in der Verfassung um lange Diskussionen zu führen, geschweige denn zu streiten, also ließ sie sich tatsächlich überreden mit den Winchesters zusammen weiterzuziehen. Einen letzten Tag verbrachten sie in Scotts Wohnung, dann packten sie Novas Habseligkeiten zusammen und fuhren mit ihren Beiden Autos weg, weit weg von dem Ort, mit dem die junge Frau diese schrecklichen Ereignisse verband.

Fürs erste mieteten sie sich in einem Motel in einer Kleinstadt ein, zu dritt in einem Zimmer. Die Brüder trauten Nova nicht und fürchteten, dass sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit einfach verschwinden würde. Von Ava gab es keine weiteren Spuren und Sams Nervosität wuchs mit jedem Tag ein wenig weiter. Eines Tages fuhren die drei los um nach ihr zu sehen, doch sie fanden nur ihren toten verlobten mit aufgeschlitzter Kehle im Bett vor. Sam war verzweifelter als zuvor, doch ihm war klar, dass sie nicht noch mehr Zeit mit der Suche verbringen durften.

Einige Zeit später fand Sam einen neuen Fall.

Und so machten sich die Winchesters gemeinsam mit Nova im Impala auf den Weg zu einem alten Hotel.


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