Kapitel 7

8 0 0
                                    

Siebtes Kapitel

Kaum trat sie aus dem Restaurant und wurde von der angenehm kühlen Nachtluft umschmeichelt, fühlte sie sich besser. "Danke Johann." Ihre Stimme klang wegen des Weinens bestimmt nasal, ihre Augen waren sicherlich gerötet und ihr Gesicht geschwollen. "Keine Ursache. Miss Dunkins, warum wünschen Sie sich ein Lied, das Ihnen solch starkes Leid zufügt?" - "Ich wusste nicht... ich dachte, ich hätte es besser unter Kontrolle." - "Es ist niemals gut, alte Wunden vor aller Welt aufzureißen. Sie sollten das in einer bekannten Umgebung tun, vor Menschen, denen Sie vertrauen." Nelly war wie gebannt. Sie hing an Johanns Lippen. "Und lassen Sie mich Ihnen etwas mit auf den Weg geben: Sie sind stark, ich bewundere Sie. Lassen Sie sich nicht unterkriegen. Aber bitte bedenken Sie: Herr Leander ist ein guter Mann. Er hat Ehrlichkeit verdient." Nelly liefen Tränen über die Wangen. Sie war immer noch vollkommen aufgewühlt, von dem Lied. Langsam verstand sie, was Johann gesagt hatte. "Sie wissen es, nicht wahr?" Ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern. "Stark zu sein bedeutet nicht, keine Schwäche zeigen zu dürfen.", wich er Nellys Frage aus. "Herr Leander wartet in der Limousine dort." Johann deutete auf einen schwarzen Luxusschlitten auf der anderen Straßenseite. Ein Mann stand neben der Tür. "Leben Sie wohl, Miss Dunkins." - "Auf Wiedersehen, Johann.", sagte Nelly.
Dann lief sie zügig über die Straße, drehte sich aber nochmals zu dem ihr ans Herz gewachsenen Kellner um.
Johann stand immer noch vor dem Restaurant." Sagen Sie den Musikern, das Lied war wunderschön.", rief sie ihm zu.
Johann nickte und verschwand durch die Tür.

"Was ist denn mit dir?", fragte Leander besorgt als sie such neben ihn setzte. "Hast du geweint? Warte. Ich brauche deine Adresse. Also der Fahrer, damit wir loskönnen." Nach einem kurzen Gespräch zwischen Fahrer und Leander setzte sich der Wagen in Bewegung. "Ok. Warum hast du geweint?", fragte er besorgt. In der Limousine gab es gedämpftes Licht, wofür Nelly sehr dankbar war. Ohne könnte sie die Lippenbewegungen Leanders nicht mehr erkennen. "Ach, das Lied... weckt alte Erinnerungen. Da werde ich immer etwas melancholisch. Sag mal: bist du eigentlich steinreich? Erst so ein teures Restaurant, dann eine Luxuslimousine. Was kommt als nächstes?", versuchte sie abzulenken. "Tja, also ich dachte an einen kleinen Geldspeicher, damit du ein Golbad nehmen kannst.", scherzte Leander. "Was für Erinnerungen?" Offensichtlich war es ein erfolgloser Versuch gewesen. "Hey, dunkle Geheimnisse werden erst beim dritten Date gelüftet.", verschob Nelly die Antwort. Leander schwieg.
"Also, sehen wir uns wieder?", fragte Leander nach einer Weile. "Klar. Jeden Mittwoch. Also beispielsweise morgen." Sie hielten vor Nellys Haus. "Ich würde ja jetzt gerne wie ein Gentleman aussteigen und die Tür aufhalten, aber das macht leider der Chauffeur.", merkte Leander an. "Das macht doch nichts.", meinte Nelly. Sie wollte aussteigen, doch Leander hielt sie am Arm zurück. Schnell sah Nelly wieder zu ihm. "Beantworte meine Frage richtig. Bitte." - "Ja, von mir aus. Heute war ein wunderschöner Abend. Danke." Sie beugte sich vor und küsste Leander auf die Wange, stieg aus und lief ohne sich nochmal umzudrehen zur Haustür.

Als sie ihr Zimmer betrat, sah sie Paula auf ihrem Bett liegend. "Paula.", sagte sie leise. Sofort hob diese den Kopf. "Da bist du ja. Deine Eltern schlafen schon, aber ich wollte wach sein, wenn du kommst. Hast du den Abend heil überstanden? Hat mein Kurs geholfen? War es ein edles Restaurant?" Nelly war froh, dass Paula Gebärden benutzte. Nach dem heutigen Tag wollte sie nie wieder von den Lippen lesen müssen. "Ja. Es war alles gut. Dein Kurs hat was gebracht. Das Essen war extrem teuer und am Ende wurde ich in einer Limousine nach Hause gefahren." Von dem Lied würde sie Paula morgen erzählen. "Eine Limousine? Toll. So was hat noch kein Typ für mich gemacht. Und das bei der Menge Typen. Dieser Leander scheint dich zu mögen." - "Schon möglich. Ich mag ihn auch." - "Mögen oder lieben?", fragte Paula direkt. Nelly biss sich auf die Lippe. "Was ist der Unterschied? Woran merke ich, dass ich ihn liebe und nicht nur wirklich gern habe?" - "Wie fühlst du dich, wenn du weißt, dass du ihn gleich siehst?" - "Nervös, angespannt, hibbelig." Paula lächelte. "Und wenn du ihn dann siehst, kribbelt es in deinem Bauch?" - "Ein bisschen.", meinte Nelly. Die Untertreibung des Jahres! "Denkst du oft an ihn?" - "Manchmal, nein, ziemlich oft sogar." - "Laufend?" - "Naja.", druckste Nelly herum. "Also ja." Paula lachte. Dann meinte sie untertreibend: "ich glaube, du bist ein klitzekleines bisschen verliebt." Nelly fielen die Augen zu. Sie war glücklich, satt und müde und wollte nur noch schlafen. Paula tippte sie kurz an. Mühsam zog Nelly die Lider auseinander. "Morgen weiterreden? Soll ich hierbleiben? Gute Nacht." Nelly nickte. "Ja. Ja. Gute Nacht. Ich hab dich lieb." Sie war zu müde, einen Schlafanzug anzuziehen und blieb einfach mit ihrer Bluse und Hose liegen. Paula legte sich hinter und einen Arm um sie.
Mit dem Gedanken an Leander, der hinter ihr lag und sie hielt, schlief Nelly ein.

MeShgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt