Leichtigkeit und Hitze und Kälte und Freude überfluten sie. Die Sonne strahlt auf sie hinab, nur ganz allein auf sie. In diesem Moment ist sie der Inbegriff der Freiheit, der, den alle anstreben und erreichen wollen.
Sie atmet aus und ein und sie schwebt, überschreitet die Vollkommenheit. In dieser einen Sekunde gehört ihr alles, was sie sich erträumen kann. So viele Möglichkeiten und Weiten und Größen. Alles tanzt vor ihren Augen und fließt durch ihre Adern, besänftigt ihre Seele. Sie spürt so vieles, aber heute überfordert es sie nicht. Denn sie ist wie die Luft. Nicht zu sehen, doch überall. Heute, das weiß sie, ist Alles Nichts und Nichts ist Alles.
Keine Grenze vermag sie zu entdecken in dem endlosen Ozean. Dem durchdringenden blau, das sie umfasst und sanft schaukelt, als wolle es sie zum schlafen bringen. Sie ist nicht müde, sie hält ihre Augen geöffnet, bereit, jeden Moment und jede Farbe und jedes Gefühl in sich aufzusaugen. Sie schwebt auf dem Rücken, auf der Wasseroberfläche, sich Sekunde für Sekunde dem wolkenlosen azurblauen Himmel nähernd. Als sie klein war, schaukelte sie weit, hoch auf ihrer Schaukel. Bis sie fast die Zipfel der Wolken zu fassen bekam. Doch jetzt, in diesem Augenblick, ist es wahrhaftig. Näher wird sie dem Himmel nie wieder kommen. Die Tatsache bringt sie kurz aus dem Gleichgewicht, Bedauern durchzieht ihren warmen Körper. Doch das Blau ist da, wiegt sie, bis sie sich wieder beruhigt hat und die Freiheit erneut fühlen kann.
Das Brennen von oben ist angenehm, irgendwie befremdlich. Aber die Beständigkeit befriedigt sie, ist wie eine Droge. Der Ausgleich, der das kühle Wasser bringt, lässt sie lächeln, in diesem Moment, der Jahrzehnte überdauert. Ein kleiner Regenbogen. In dem Salzwasser auf ihrenWimpern. Die wundervolle, allumfassende Sonne spiegelt sich darin wider und zerbricht die Wassertropfen in Millionen funkelnde Unikate. Gebannt starrt sie auf die kleinen Juwelen, die sich verzweifelt dem riesigen Feuerball entgegen strecken, ohne Ergebnis. Doch gefallen tun sie ihr, denn sie leuchten wie frisch verliebte Augen. Schön sind sie, voller Zuversicht. Sie wünscht sich, genauso zu sein, den Rand der Welt zu erreichen, immer Richtung Paradies.
Langsam aber beständig, fühlt sie, dass sie aus der endfreien Schleife herausgezogen wird. Als ob sie etwas verlieren würde. Zeit. Sie will dagegen ankämpfen, aber in ihr spürt sie die Zufriedenheit des Augenblickes und die Fertigung, die abgeschlossen ist. Sie beschließt, bald in die Wirklichkeit zurückzukehren. Aber einen kurzen, langen Moment schwebt sie noch, dem Himmel so nah, der Wahrheit so fern.
Denn heute, dessen ist sie sich sicher, ist Alles Nichts und Nichts ist Alles. Tief unter ihr, meint sie die Wale singen zu hören.
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Short Stories
القصة القصيرةEin Versuch zu denken, fühlen und sehen in fremdem Kopf. Aus anderer Perspektive. Ein Momente Fänger. Eine Sammlung einiger Geschichten, Inspirations Schüben und alten verstaubten Ideen, die nicht zu Ende geführt wurden. - [Cover von mir!] [Unreg...