Kapitel 14

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Nachdem Jules, Christian ins Bett gebracht hatte, verabschiedete sie sich auch von mir. "Matthew? Es tut mir leid" sagte sie und sah mich mit ihren großen Augen an. Ich verstand nicht was sie meinte "Was denn?" - "Naja als wir miteinander geschlafen haben, habe ich dir einfach gesagt ich will nicht mehr als Freundschaft. Ich hab nicht gefragt wie du darüber denkst" sagte sie nervös und fuhr sich durch die Haare. "Ist ehrlich kein Problem. Ich bin der selben Meinung wie du" log ich. Sie sah mich wieder an aber sagte nichts. Sie zog mich an sich und schloss mich in eine Umarmung. Ich sog ihren Duft ein. Sie roch so gut. Ich genoß den Moment solange er andauerte, denn ich wusste das er gleich vorbei sein würde. Ich liebe sie. Ich liebe sie mehr als alles andere. Sie löste mich und mein Körper wollte sich nicht bewegen. Sie lächelte mich an und drückte meine Hand "Danke. Für alles."
Ich danke dir, dass du mir gezeigt hast was Liebe ist.

Mir reicht es Jules einmal am Tag zu sehen und schon war es für mich ein guter Tag. Ich fragte mich immer noch wie es wäre, wenn sie mein wäre. Ich hatte meine Chancen bei ihr schon aufgegeben aber die Vorstellung war für mich einfach unbeschreiblich. Unerreichbar. Versunken in meinen Gedanken lief ich nach Hause. Ich hatte Sarah ganz vergessen "Hallo Matty" sagte eine bekannte Stimme hinter mir. Bevor ich mich umdrehte, fluchte ich vor mich hin aber so das sie es nicht hörte. "Hey. Sorry, ich hatte es vergessen" sagte ich und sah auf den Boden. Sie hackte sich bei mir ein und zerrte mich zu meiner Haustür. Ich schloss sie auf, trat ein und lehnte mich an den Türrahmen damit sie nicht reinkam. Sie sah mich verwundert an. "Sarah, tut mir echt leid. Ich war... betrunken und wusste nicht was ich tue. Es ist nicht meine Absicht dich zu verletzen aber..." brachte ich heraus und brach ab. Sie fing plötzlich an zu lachen "Gehen wir rein" sie schob mich hinein und schloss die Tür. Sie zeigte auf die Couch "Setz dich." Sie lachte immer noch. Ich verstand die Welt nicht. "Sorry Matty aber denkst du echt das ich so ein Anhängsel bin? Vorallem nach den Erfahrungen mit dir in der Schule?", sie schüttelte heftig den Kopf "Niemals! Ich wollte dir einfach nur eins auswischen weil du mich damals echt verletzt hast. Du hättest dein Gesicht sehen sollen." Sie fing wieder an zu lachen und setzte sich neben mich. Ich wusste nicht ob ich jetzt wütend sein sollte oder lachen sollte. Ich schüttelte den Kopf. "Ach Sarah" brachte ich lachend hervor. Ich hatte es ja verdient.

Den Abend über redeten wir darüber wie es damals in der Schule war und lachend ununterbrochen. Ich war erleichtert dass das alles nicht das war für was ich es gehalten hatte. Denn ich hätte echt Panik geschoben, wenn sie angefangen hätte zu heulen.

Es wurde langsam spät. Ich begleitete Sarah zu Tür und wir verabschiedeten uns "Ich bin froh das wir uns nochmal getroffen haben nach so langer Zeit" sagte sie lächelnd. "Ich jetzt auch" erwiderte ich lachend und sie stimmte mit ein. "Du hast die wirklich zum Positivem verändert auch vom Aussehen her, muss ich schon sagen", sie lächelte mich an "Jede Frau würde von dir ohnmächtig werden, wenn du nur mit ihr redest." Ich lachte und schüttelte den Kopf "Also ohnmächtig ist noch keiner geworden." "Du liebst sie oder?" fragte sie plötzlich. "Wen?" fragte ich obwohl ich wusste wen sie meinte. "Die Frau, die an der Tür geklingelt hat als ich da war." sagte sie und setzte ein tröstendes Lächeln auf. Ich nickte nur und versuchte meine Mundwinkel nach oben zu bewegen. Sie griff nach meiner Hand und strich über den Handrücken "Sie wird schon noch sehen was für ein toller Mensch du bist" damit verabschiedeten wir uns und sie ging.

...was für ein toller Mensch du bist. War ich das denn? Ich grübelte mehr über diese Worte als eigentlich nötig war.

"Matthew! Du solltest doch aufräumen! Verdammte scheiße, bist du überhaupt zu irgendwas fähig? Ich rackere mir hier den Arsch ab und du hilfst mir nicht mal im Haushalt. Du bist ein Nichtsnutz!" schrie mich meine Mutter an, als sie fertig war mit "Arbeiten". Ich saß weinend vor ihr und hielt die Hände schützend über mich. In diesem Moment hatte ich Angst vor ihr. Ich hatte Angst ihren Schlag zu spüren.

Zum ersten Mal nach so langer Zeit, erinnerte ich mich an meine Mutter oder dachte an sie. Tränen bildeten sich in meinen Augenhöhlen. Ich wünschte sie wäre hier, ich könnte ihr ein neues Leben bieten. Sie müsste sich nie wieder prostituieren. Damals war ich 5 als sie mich angeschrien hatte. Der Typ der mit ihr davor geschlafen hatte, hatte nicht komplett bezahlt und sie war wütend. Ihr ist damals oft die Hand ausgerutscht und ich hatte sie dewegen jahrelang gehasst auch für ihre Worte. Sie hat mich dazu gemacht, zu dem ich geworden war bevor ich Jules traf aber jetzt trauerte ich um sie weil ich ihre Ausbrüche verstand. Ich verstand sie jetzt komplett. Ich wünschte, ich könnte mich noch mal bei ihr entschuldigen und ihr ein neues Leben schenken. Ich wollte das es ihr gut ging, sie ihr Leben genießt und ihr Leben einen neuen Sinn ergab. Nun war es zu spät. Ich glaube meine Mutter hatte von mir nie die Liebe bekommen die sie verdient hätte. Ich konnte zu ihr einfach keine Bindung aufbauen. Ich konnte jetzt nicht mehr machen, als still um sie zu trauern. Denn erst jetzt merke ich, wie viel sie eigentlich für mich getan hatte.

Am nächsten Morgen nahm ich mir zwei wichtige Dinge vor. 1. Meinen ehemaligen Chef zu besuchen und 2. Meine Mutter am Grab zu besuchen. Es wird Zeit, dass ich in meinem Leben auch dankbar sein sollte für das, was Menschen für mich tun oder getan haben.

Gleich nach der Arbeit fuhr ich zu meinem ehemaligen Chef. ich dankte ihn für alles was er für mich getan hatte. Von ihm erfuhr ich auch, dass er mich vorgeschlagen hatte, in seine Fußstapfen zu tretten und ich musste ihm erklären, warum ich abgelehnt hatte. Danach begab ich mich sofort in einen Blumenladen und kaufte einen großen Strauß. Es wurde schon langsam dunkel also musste ich mich beeilen.

Als ich zum Friedhof kam und das Grab meiner Mutter fand, steckte ich den Blumenstrauß in eine Grabvase. Ich las die Inschirft Candice Carter *24.08.1969 - + 05.02.2009 Mehr hatte ich damals nicht eingradieren lassen. Ich bereute es. Ich strich über die Eingrabungen "es tut mir leid" murmelte ich und ging wieder.

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