Kapitel 29- Eine ungewollte Begegnung

510 47 23
                                    

Eis

Ich ließ das schlaffe Kaninchen vor Nachts Pfoten fallen. Sie blickte auf. "Oh danke", freute sie sich. "Möchtest du etwas davon haben?" Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe vorhin schon gegessen."

Inzwischen waren wir schon einen Monat zusammen unterwegs. In der Zeit sind wir sehr gute Freund geworden und konnten auch zusammen jagen, ohne ein Wort zu sprechen. Wir verstanden uns blind. Aber ich war mir nicht sicher ob ich sie mehr mochte als nur freundschaftlich... Sie war einfach so anders. Sie teilte das selbe Schicksal wie ich. Sie konnte mich als einzige richtig verstehen, denn sie war auch die einzige die dasselbe erlebt hatte wie ich.

Aber mochte sie mich auch so sehr? Empfand sie vielleicht ebenfalls mehr als nur Freundschaft? Und was wenn nicht? Wie konnte ich es herausfinden? Ich seufzte. Es war einfach so kompliziert.

Nachts' dunkle Augen blitzten auf. Sie hatte das Kaninchen inzwischen verspeist. "Ich finde wir sollten mal etwas größeres jagen. Nicht immer nur so was mickriges wie Hasen oder Vögel. Wir könnten es doch mal mit einem Langrüssel oder so probieren..."

Ich riss die Augen auf. "Bist du verrückt? Wir sind nur zu zweit und du willst einen Langrüssel jagen? Sie können richtig gefährlich werden wenn sie erstmal Angst kriegen!"

"Beruhig dich, Eis", lachte sie. "Das war auch eher ein Witz. Aber ich meine es schon ernst. Es soll ja kein Ranglüssel sein, aber wie wäre es mit einer Gazelle oder einem Zebra?"

Ich nickte langsam. "Das könnten wir mal versuchen. Aber ich bin jetzt erstmal satt." Sie nickte zustimmend. "Ich auch. Komm, lass uns weiterziehen. Schließlich wollen wir ja deine Familie endlich finden!"

Ich schluckte. Meine Familie. Wir waren inzwischen schon so lange gelaufen und hatten noch keine Spur von ihnen gefunden. Ich hoffte, dass würde sich bald ändern. Wir trabten weiter durch die Mittagshitze. "Eis? Du warst doch mal beim Finsterrudel, oder?", fragte Nacht auf einmal. "Ja, wieso?"

"Hast du dort vielleicht meine Familie gesehen? Meine Mutter ist goldgelb. Sie hat eine gefleckte Pfote. Sie heißt Tüpfel. Mein Vater ist gelb-braun, er heißt Blatt. Und mein Bruder sieht ähnlich aus wie Blatt."

Ich versuchte mich an alle Löwen im Finsterrudel zu erinnern. Nein, es gab weder eine Tüpfel, noch einen Blatt. Mein Magen drehte sich um und wieder stieg der Verdacht, dass ihre Eltern ermordet wurden in mir auf.

"Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein", log ich. "Okay. Danke, Eis. " Ich schluckte und wir liefen weiter.

Plötzlich stieg mir ein merkwürdiger Geruch in die Nase. Er war vertraut...

Meine Familie?!

Ich schnüffelte nochmal und ließ enttäuscht den Schwanz sinken. Nein, meine Familie war es nicht... Aber wer dann?

Auf einmal durchfuhr mich ein Schreck bis in jeden Winkel meines Körpers.

Sonne... Es ist Sonne! Aber was macht sie hier?

"Eis, pass auf!", schrie Nacht plötzlich. Bevor ich herumwirbeln konnte, stürzte sich jemand auf mich. Ich sah goldenes Fell aufblitzen. So schnell wie man mich angriff, so schnell ließ man wieder von mir ab.

Ich rappelte mich hoch und traute meinen Augen nicht. Vor mir stand tatsächlich Sonne! Nacht blickte sie mit gesträubtem Fell an. "Eis, was machst du hier?", zischte Sonne, ignorierte Nacht und sah sich gehetzt um. "Versteckt euch, sofort! Der Rest der Patroullie kommt jeden Moment!"

Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Wir sprangen ins hohe Gras direkt neben uns. Keine zwei Sekunden später nahm ich den Geruch von den Löwen Erde und Staub wahr. Durch das Gras konnte ich ihre Pelze sehen. "Hier ist alles in Ordnung. Lasst uns zurückgehen", murmelte Sonne. "Wartet! Riecht ihr das denn nicht?" Das war die Stimme vom zweiten Anführer.

The Lions of Africa-VerstoßenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt