Kapitel 12

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Marie stutzte. Kann es wirklich solche Zufälle geben? Da stand er vor ihr, in seinem Anzug, gutaussehend, so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Was sollte sie jetzt sagen? Hallo, es freut mich Sie zu sehen? Oder doch lieber eine Begrüssung mit dem klassischen Guten Tag?
Eins war klar, sie musste sich jetzt entscheiden, denn alle schauten sie bereits erwartungsvoll an.

„Äh, hallo Mr. Morano, wie geht es Ihnen?" Toller Start wirklich, schallte sich Marie.
„Ihr kennt euch? Na dann wird es ja Zeit dass ihr euch mit Vornamen anspricht! Das ist Alessandro und der Zweite im Anzug ist Lorenzo. Nur zum Klarstellen, ich habe sie bereits gefragt was es mit dem Anzug auf sich hat. Aber sie scheinen sehr wortkarg zu sein. Nun ja, sie haben sich bereit erklärt, uns das Areal zu zeigen, ist das nicht einfach super? Da ist man zum ersten Mal hier und trifft schon Leute, ich glaube wir müssen jetzt jedes Jahr hierherkommen!"
„Mach mal eine Pause Anna." Marie schämte sich gerade ein bisschen, aber auch nur, weil Lorenzo Mr. Morano einen komischen Blick zugeworfen hat. Als steckte mehr hinter der Geschichte. Darauf schaute er Lorenzo mit einem eisigen Blick an, dass es ihr kalt den Rücken herunterlief. Was hatte denn das zu bedeuten?

Lorenzo hatte anscheinend die komische Stimmung bemerkt und machte einen Vorschlag.
„Was haltet ihr davon, wenn wir uns aufteilen? Dann können wir euch besser in alle Geheimnisse des Krebsfestivals einweihen."
„Oh ja, das hört sich toll an! Es gibt Geheimnisse? Ich möchte alles wissen! Alessandro, kannst du Marie begleiten?"
„Also eigentlich..", begann dieser, „sehr gut!", unterbrach ihn Anna, „dann ist das ja geklärt, viel Spass euch beiden!"

Da packte sie Lorenzo am Arm und schon waren die beiden verschwunden. Marie schaute zu Boden weil ihr die Situation extrem unangenehm war. Er wollte sich bestimmt nicht mit ihr herumschlagen, das hatte er gezeigt, als er Anna widersprechen wollte.

„Nun, wenn wir hier alleine stehen, kann ich Ihnen auch das Areal zeigen", bemerkte Mr. Morano kühl. „Folgen Sie mir."
Er schritt in einem zügigen Tempo voraus und Marie beeilte sich, um Schritt zu halten.

Eigentlich hatte sie sich diesen Tag anders vorgestellt. Sie hatte am Morgen ihre erste Chemotherapie gehabt und es war noch schlimmer, als sie es sich ausgemalt hatte. Auch wenn Doktor Wilson ihr alles erklärt hatte, fühlte sie sich in dieser Kapsel sehr eingeengt. Es war laut und sie durfte sich nicht bewegen. Verständigen konnte sie sich auch nicht, da die Anweisung war, möglichst still zu liegen. Ihre Erleichterung war wahrscheinlich spürbar, als sie endlich das Krankenhaus verlassen durfte. Daraufhin hatte sie sich, trotz ihrer Müdigkeit, zum vereinbarten Treffpunkt begeben, nur um die mitleidigen Blicke ihrer Eltern zu sehen. Sie war froh, hatte Anna ganz normal reagiert und sie nur kurz alleine gelassen. Im Nachhinein wäre es ihr aber lieber gewesen, wenn Anna sie nicht zu Mr. Morano geschleppt hätte. Aber, dass sah sie auch ein, Ablenkung würde ihr gut tun.

„Marie?" Der Mann im Anzug schaute sie genervt an. „Wir können auch zurückgehen wenn es Sie nicht interessiert."
Da hatte sie anscheinend etwas verpasst. „Entschuldigen Sie bitte, ich war in Gedanken."
„Das war kaum zu übersehen", erwiderte er. „Nun, ich überlasse die Entscheidung Ihnen was wir jetzt machen." Sie schaute sich um und sah einen Stand, an dem man Bälle auf Dosen werfen konnte. „Können wir da hin gehen?", fragte Marie zögerlich und zeigte auf den Stand.
Anstatt einer Antwort marschierte ihr Gegenüber auf den Stand zu und blieb vor dem Mann stehen, der den Stand bediente. "Drei Bälle für die Dame, bitte."

Schon hatte Marie die Bälle vor sich. Sie schaute ihren Begleiter an. „Möchten Sie nicht auch?" „Nein danke, ich hatte heute schon genug Spiele", knirschte er.
Sie zuckte mit den Schultern. Sie musste versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Sie kam aber nicht umhin zu bemerken, dass er anders war als bei ihrer letzten Begegnung. Woran das wohl lag? Sie schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte sich auf den Büchsenstapel, der vor ihr lag. Sie biss sich auf die Zunge und überlegte, wo sie den Ball am besten platzieren sollte, Wenn sie genau auf den unteren Drittel zielte sollte es klappen.

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