Kapitel 7

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Alessandro rannte zusammen mit einer jungen Frau auf einer Strasse, die Hände hatten sie fest ineinander verschlungen. Ihr Gesicht war abgewendet und er konnte sie nicht erkennen. Er wusste aber, dass sie ihm viel bedeutete. Er versuchte, sie zu stoppen, doch sie zog ihn weiter, immer weiter, als würden sie von jemandem weglaufen. Plötzlich wurde Alessandro von jemandem gepackt und nach hinten gerissen. Die verschlungenen Hände lösten sich schmerzlich und die junge Frau rannte alleine weiter. Er schrie ihr nach, versuchte, sie zu stoppen um ihr Gesicht zu sehen, während er sich gleichzeitig gegen die Arme wehrte, die ihn fest zu Boden drückten. Dann wachte er auf.

Sonnenstrahlen erleuchteten das Zimmer und wärmten das Bett, indem Alessandro gerade zögerlich aus einem Auge blickte. Er drehte sich auf die Seite und schützte seine Augen, indem er die Hand gegen die Sonne hob.
Als er sich an das Licht gewöhnte, öffnete er die Augen ganz und rieb sich die Augen. Er setzte sich auf, nur um einen Moment später stöhnend wieder zurückzufallen. Wie viel hatte er am vorigen Abend getrunken? Da war eine junge Frau..
Nein, das war nur ein Traum. Aber es hatte sich so real angefühlt.
Alessandro stand auf, streckte seine Arme weit aus, bis es an den Schultern knackte, und stand auf. Er lief zum angrenzenden Badezimmer und duschte sich. Das klare Wasser half ihm dabei, seine Gedanken zu sortieren.
Anschliessend wickelte er sich ein Handtuch über die Hüfte, lief zurück in sein Schlafgemach und öffnete das Fenster. Er nahm eine tiefe Atemzüge und richtete seinen Blick nach aussen. Seine Wohnung war oberhalb vom Head und auf die Rückseite des Anwesens ausgerichtet. Niemand anderes hatte Zutritt zur oberen Etage und Alessandro sorgte streng dafür, dass niemandem in den Sinn kam, sein Reich zu betreten. Wenn er Besuch hatte, empfing er seine Gäste unten in der Zentrale. Frauenbesuch im Poolhaus.
Er blickte auf den Garten, welcher mit zahlreichen Blumen bestückt war. Seine Grossmutter hatte damals etliche Stunden darin investiert und Alessandro versuchte, ihr Andenken zu wahren, indem er regelmässig Gärtner engagierte, um sie zu pflegen.
Inmitten des Gartenparadieses stand ein Pavillon, der über die Jahre mit Efeu durchwachsen worden war. Majestätisch schlangen sich die Blätter zwischen das Metall und liessen es immer mehr verschwinden.

Angrenzend zum Garten sah man auf ein Waldstück, in dem Alessandro seine frühe Kindheit verbrachte. Er baute Hütten, spielte mit Lorenzo Verstecken und erkämpfte sich Wege durch das Gestrüpp. In seiner Fantasie waren die Dornen alles Gegner, die er mit einem Holzschwert herausforderte. Einmal hatte er die Orientierung verloren und fiel einen Abhang hinunter. Es wäre nicht schlimm ausgegangen, wäre er nicht in einen Ast geknallt, der sich tief in sein Knie bohrte. Man kann noch immer die riesige Narbe sehen, die nie richtig verheilt war. Lorenzo hatte ihn damals gefunden und ihm geholfen, nach Hause zu laufen. Bis auf diesen Moment empfand Alessandro eine Sehnsucht, diese Zeit nochmals zu erleben. Alle waren sie noch unschuldig gewesen, völlig abgeschottet vom Bösen der Welt. Seinen grossen Bruder hatte er aber selten geseshen, dieser hatte schon früh seine Arbeit im Geschäft begonnen. Er wurde als Nachfolger ausgebildet und Alessandro konnte wenigstens noch ein bisschen von der Kindheit erleben, bevor es auch für ihn anfing. Seine Eltern hatten ihn lange im Dunkeln gelassen über das, was tatsächlich das Familienerbe war.

Alessandro liess das Fenster offen stehen, drehte sich zu seinem Ankleidezimmer um und zog sich passende Kleider an. Dann checkte er sein Handy auf neue Nachrichten, und tatsächlich informierte Benino ihn über ein Treffen, welches heute stattfinden sollte. Richtig, heute war ein Gespräch fällig. Eines, das Alessandro verdrängt hatte. Dabei handelte es sich um eine wichtige Geschäftsbeziehung. Alessandro schnürte seine schwarzen Schuhe, öffnete eine Schublade und legte sich die Rolex über das Handgelenk, um sie anschliessend festzumachen. Sobald er seine Wohnung verlassen hatte und ins Head die Stufen hinabstieg, kam ihm auch schon Lorenzo entgegen, der ihn begleiten würde.
"Fühlst du dich bereit dafür?"
"Ich habe keine Wahl."
Im Head angekommen, stand Hank schon breit, die Pistole machte er gerade an seinem Ledergürtel fest. Er nickte ihnen zu und lief voraus zum Auto, die beiden anderen hinterher.
Sie hofften alle, dass dieses Gespräch schnell hinter ihnen lag.

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