Begegnungen der 3. Art

218 10 0
                                    

"Das...", fragte Leah und hielt zwei Kleider hoch, "Oder das?"

Ich begutachtete die Kleidungsstücke. Beide eng, kurz und auffällig. Ich seufzte, weil ich so etwas niemals tragen würde, aber genau wusste, dass meine beste Freundin darin umwerfend aussah.

"Das linke", meinte ich und deutete auf das trägerlose, dunkelgrüne Kleid.

"Du kennst mich", sprach Leah grinsend und warf das schwarze auf das Bett, "Das habe ich für dich gekauft. Ist mir eh zu klein und ich wette, es steht dir super."

Mit offenem Mund starrte ich sie an. Ich sollte das teuflische kleine Schwarze tragen? Immerhin hatte es Träger, in der Hinsicht hatte Leah meinen Geschmack getroffen, aber der Ausschnitt am Rücken ließ mich hart schlucken.

Sie zog sich rasch das hübsche Abendkleid aus, welches sie trug, und schlüpfte schon wieder in das Partyoutfit, als ich immer noch glotzend wie eine Kuh vor dem Bett stand.

"Du musst es schon anziehen, von allein macht es das nicht", prustete sie.

"Aber...", stotterte ich und nahm es in die Hand. Es fühlte sich hochwertig an und lag schwer in meiner Hand.

"Los!", nörgelte Leah, "Ich will sehen, wie es dir steht."

Im Akkord seufzend schälte ich mich aus dem Kleid, welches schon das Hochgefühl aller hübschen Dinge war, die mein Schrank vorzuweisen hatte. Ich musste wirklich unglücklich aussehen, denn Leah half mir in das ungewohnt enge Kleid hinein. Bevor ich es hochzog schnappte ich nach Luft.

"BH?", fragte ich und sie schüttelte mit geschürzten Lippen den Kopf.

"Oh Gott", wimmerte ich und schon hatte meine beste Freundin die Haken meines trägerlosen BHs gelöst. Vor ihr war mir nichts peinlich, doch wenn ich überlegte ohne BH von anderen gesehen zu werden, lief ich jetzt schon rot an.

Tief durchatmend schloss ich den Reißverschluss an der Seite und trat auf den Spiegel zu. Neben Leah hatte ich praktisch keine Kurven. Sie war schlank, aber wohlproportioniert. Dafür fehlte es ihr an Oberweite, die ich halbwegs als existent bezeichnen konnte.

Leah sog zischend Luft ein.

"Wer ist dieses heiße Ding?", sprach sie kehlig in Machomanier.

"Leah", rief ich jammernd aus, "So kann ich echt keinem gegenübertreten."

Ich erkannte mich selbst kaum im Spiegel wieder. Das Kleid betonte meine Oberweite, so wie es meinem Po ein oder zwei Zentimeter dazu schummelte, glaubte ich zumindest. Es saß so verflucht gut, dass ich nicht einmal etwas zu meckern hatte. Widerstand zwecklos.

Irgendwie fand ich ein wenig Gefallen an meinem Spiegelbild. Lea h bewies immer wieder einen stilsicheren Griff, wenn es um Klamotten ging. Alleine, dass sie mir dieses Kleid ohne meine Anwesenheit gekauft hatte und es beinahe wie für mich gemacht war, sagte alles.

Sie ließ klappernd die schwarzen High Heels neben mir fallen und hatte schon das Glätteisen im Anschlag.

"Locken brauchst du noch. Dazu die High Heels und man hält dich für einen Kopf größer, als du bist", erklärte sie und begann meine mühsam gebändigten Haare zu einer wilden Lockenmähne zu verwandeln. Ich hielt brav still und betete, dass sie nicht alles ruinierte. Ich starrte auf die Bilder, die beinahe den halben Spiegel verdeckten. Alle von den dreizehn Jahren, die wir uns nun schon kannten. Es waren zu viele Augenblicke, die diese Fotos festhielten. Zu viele, um sie in Worte zu fassen. Leah und ich hielten immer zusammen wie Pech und Schwefel. Uns hatte nichts auseinander bringen können und jeder noch so dumme Streit war nach wenigen Stunden beendet, weil keine es ohne die andere länger aushalten konnte.

Nicht nichts...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt