Am nächsten Morgen war ich krank. Im Sinne von richtig fies krank, mit Schnupfen, Husten, Kopfschmerzen und allem drum und dran. Ich schleppte mich aus dem Bett, plünderte Leahs und meinen Medizinvorrat und machte mich für die Arbeit fertig. Ich wollte Quinn nicht hängen lassen, denn ich wusste, dass personalmäßig im Moment absoluter Engpass war. Außer mir hatten zwei andere Studentinnen meines Jahrgangs bei ihr gearbeitet, doch diese hatten allesamt gekündigt, weil sie Atlanta nach dem Studium wieder verlassen wollten. Nun wartete sie auf Rückmeldungen zur Stellenanzeige von neuen Studenten, die allerdings erst in zwei oder drei Monaten kommen würden, da die meisten am Anfang ihres Studiums auf Kosten ihrer Eltern lebten.
Den Weg zum Diner fand ich im Schlaf. Mir machte Fahrradfahren bei Wind und Wetter nichts aus, doch mit einer fetten Erkältung schon. Ich hatte mir beim Schminken alle Mühe gegeben nicht allzu tot auszusehen, doch vergebens. Und gerade heute hatten Leah und ich vorgehabt Farben für unsere neue Wohnung zu kaufen und anfangen zu streichen. Oh, richtig. Zwei Sachen: Leah und das Streichen. Noch dazu hatte ich Luke auch noch zugesagt, für seine aktive Vorurteilsbekämpfung.
Und genau an so einem Tag wurde ich natürlich krank.
"Was ist denn mit dir, Schätzchen?", fragte Quinn bestürzt. Sie hatte ihren roten Lippenstift heute wieder besonders exakt gezogen und ihre fuchsrote Mähne wallte über die Schultern.
"Ach, nichts", näselte ich und griff schon nach einem Taschentuch hinter dem Tresen, "Das geht gleich wieder. Hab schon was dagegen genommen."
"Ohje", bemitleidete sie mich, "Zum Glück hat Byron heute die Abendschicht."
Byron, ihr britischer Freund. Manchmal zu britisch, wenn man mich fragte, aber das tat keiner. Ich nickte einfach brav und band mir die Schürze um.
Schon begann die schlimmste Schicht meines Lebens. Es war nicht viel los, das machte es noch unerträglicher. Normalerweise war sonntags morgens und mittags Hochbetrieb, doch heute nicht. Ich war mir nicht sicher, ob das nun gut oder schlecht war. Ich hielt es einfach für schlecht. Wenn ich im Arbeitsfluss gewesen wäre, hätte es mich wundervoll von meinem Leiden ablenken können.
Die Stammkunden merkten natürlich, dass ich angeschlagen war. Sie hatten Nachsicht mit mir. Doch diejenigen, die nur hektisch ihren Sonntagsbrunch einnehmen wollten, gaben kaum Trinkgeld. Ich war vermutlich zu langsam, zu ungesprächig und zu offensichtlich krank.
Nach zwölf leerte sich das Diner. Ich hatte Zeit aufzuatmen und mir einen Tee zu genehmigen. Quinn setzte sich an den Tresen und feilte sich ihre perfekt manikürten Fingernägel, als die Tür aufging und die kleine Glocke ertönte.
Quinn ließ die Nagelfeile fallen, diese klirrte auf dem Boden und ich zuckte zusammen. Mein Herz machte einen Satz, als wolle es endgültig den Geist aufgeben.
"Willkommen im Queens Diner", quietschte Quinn verängstigt. Ich grinste, weil ich exakt diese Reaktion erwartet hatte, wenn Luke hier auftauchte.
"Hi", entgegnete er und setzte sich ebenfalls an den Tresen. Zu Quinn hielt er einen Stuhl Abstand, sonst wäre diese tatsächlich noch in Ohnmacht gefallen.
"Jane", zischte sie und wies mich mit einem Nicken darauf hin, dass ich unseren Gast angestarrte hatte, dümmlich grinste und er immerhin noch nichts zutrinken hatte.
"Was möchtest du trinken?", fragte ich und drückte mit aller mir möglichen Kraft meine Mundwinkel in eine gesunde Position. Es war einfach zu witzig, wie Quinn reagierte.
Luke gehörte nicht zu der alltäglichen Klientel.
"Kaffee", bestellte er und lächelte, "Schwarz."
DU LIEST GERADE
Nicht nichts...
RomanceJane gibt sich mit dem zufrieden, was sie vor ihrer Nase hat. Job, Wohnung, beste Freundin und Eltern, die sie unterstützen. Es ist alles in Ordnung, bis sie mit ihren lebendig gewordenen Vorurteilen konfrontiert wird und gezwungen ist, Kompromisse...