Fremdbestimmt

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"Warum lässt du dich so von ihr unterdrücken?", fragte er und klang nicht ganz so unbekümmert wie sonst.

"Ich lasse mich nicht unterdrücken", brauste ich auf.

"Welche von den Ideen war denn deine?", fragte Luke und zog die Lippen kraus.

Meine Schultern sackten nach unten.

"Leah hat einen super Geschmack, wenn es um Einrichten und Kleidern geht", verteidigte ich sie, "Mir gefallen die Farben auch, die sie ausgesucht hat."

Er zog skeptisch eine Augenbraue hoch und lenkte den Einkaufswagen in die Drehtür.

"Kleider?", sprach er mir nach, "Dann geht das Kleid am Freitag sicher auch auf ihre Kappe."

Ich starrte ihn böse an.

"Keine Frage, du sahst echt heiß aus", sagte er und hielt selbst kurz inne, bevor er fortfuhr, "Aber man hat gemerkt, dass du dich nicht wohlgefühlt hast. Hat auch irgendwie nicht so zu dir gepasst."

Ich litt unter Schnappatmung und bekam reichlich Farbe im Gesicht. Ich verarbeitete noch seinen ersten Satz, als er schon längst geendet hatte.

"Wo sind die denn jetzt hingerannt?", fluchte er. Ich stolperte ihm hinterher, ohne dass er meine Verunsicherung bemerkte. Heiß? Ich? Man hat gemerkt, dass ich mich nicht wohlgefühlt hatte? Das "Heiß" und das "Nicht gepasst" konkurrierten irgendwie miteinander. Nachfragen wollte ich nicht, dazu brachte ich nicht den Mut auf, obwohl ich sonst meine Klappe nicht halten konnte.

Wir fanden Trey und Leah in der Farbenabteilung. Leah suchte schon fleißig aus und lud Farbeimer in den Wagen ein.

"Du solltest mal deine Meinung durchsetzen", raunte Luke mir zu, bevor wir sie erreichten.

"Gut, dass ihr auch endlich mal da seid", ärgerte sich Leah, "Also Janey, wie willst du dein Zimmer haben?"

Ich dachte ernsthaft nach. Eine eigene Entscheidung treffen? Nah.

Es herrschte Stille, während ich scharf nachdachte und zu einem Entschluss kam.

"Horizontale Streifen: Ja", erklärte ich diplomatisch und bemerkte im Augenwinkel schon Lukes Kopfschütteln, "Aber ich will zwei Wände dunkelgrau. Und da könnte man die Streifen weiß lassen und auf den weißen machen wir sie grau."

Leahs Augen strahlten begeistert auf.

"Ja, das klingt doch super", rief sie aus und klatschte in die Hände. Luke verdrehte die Augen, als ich ihn ansah, als wartete ich auf Lob. Leah hatte ihren Willen gekriegt, doch ich war stolz auf mich, mich durchgesetzt zu haben. Mich friedlich durchgesetzt zu haben!

Gut gelaunt mühte ich mich mit einem riesigen Eimer hübschem Dunkelgrau ab, bis Luke ihn mir einfach abnahm und einhändig in den Wagen stellte. Er würdigte mich keines Blickes.

"Ich will noch ein paar Sachen suchen. Kommt ihr mit, oder wollt ihr alleine gehen?", fragte Leah.

"Wir kommen mit", sagte ich schnell, leider gleichzeitig mit Lukes: "Wir gehen alleine."

Seit wann waren wir ein Wir? Ich grollte wieder innerlich vor Wut.

Leah blickte verwirrt von ihm zu mir und schüttelte lachend den Kopf

"Ihr könnt ja später dazukommen", schmunzelte sie und schob Trey samt Einkaufswagen fort.

"Und die Übermutter hat wieder gewonnen", frotzelte Luke, drehte den Wagen und schob ihn in die entgegengesetzte Richtung.

"Das stimmt nicht!", fauchte ich.

"Doch, so ziemlich", tat er meinen Protest ab, ohne sich herumzudrehen. Spielte er nun den Beleidigten?

Nicht nichts...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt