Die nächste und letzte Bahn in Richtung Zuhause fuhr um kurz vor eins, was bedeutete, dass ich diese niemals erreichen würde, vor allem weil ich den Weg zur Station nicht kannte.
Tommy war selbst hier und hatte getrunken, daher fiel er auch weg. Mir fiel nur Luke ein, wenn ich nicht wollte, dass meine Eltern zwei Stunden aus Macon herfuhren um ihre angetrunkene Tochter von einer Abrissparty abzuholen.
Ich wollte mir nicht die Blöße geben und Luke anrufen. Es kam mir falsch vor, nachdem ich ihn habe so sitzen lassen. Aber er war mein letzter Strohhalm, und vielleicht lag es am Alkohol, dass ich so viel Mut aufbrachte, aber ich tippe eine SMS an ihn.
Hi, schrieb ich schlicht und ergreifend, weil alles was danach kam schrecklich lächerlich klang.
Keine zwei Minuten später, erhielt ich eine Antwort.
Hi, antwortete er zurück und ich musste lächeln. Dass er überhaupt zurückschrieb war eine ungemeine Erleichterung.
Es tut mir leid, schickte ich ab und wartete gebannt. Minutenlang geschah nichts. Ich suchte die Toilette und stellte mich in der Schlange an.
Mir auch, stand in der SMS von ihm.
Ich war an der Reihe. Das Badezimmer sah schon aus, wie nach einem Bombenanschlag.
Bist du auch auf dieser Party?, kam eine zweite Nachricht von Luke.
Ja... kannst du mich nach Hause fahren?
Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht und blickte in den Spiegel. Ich war blass, der Schnaps hatte meinem Körper ordentlich zu schaffen gemacht.
Gib mir zwanzig Minuten, schrieb Luke. Im Spiegel sah ich, wie meine Mundwinkel sich hoben. Ich verließ das Badezimmer und machte platzt für weitere Wartende.
Wieder in die Menschenmenge zu gehen reizte mich nicht besonders. Ich gesellte mich nach draußen, zu den Rauchern um auf Luke zu warten. Der Zigarettengestank drehte mir fast den Magen um, doch ich beherrschte mich. Für meinen Pegel war es unnormal, dass ich schon Würgreize entwickelte. Vielleicht waren die Dinge in letzter Zeit einfach ein wenig viel gewesen.
Zwei Hände legten sich auf meine Schultern und ich zuckte erschrocken zusammen.
"Ganz ruhig, Schwesterherz", lachte Tommy, "Was machst du hier draußen?"
"Ich warte", versuchte ich abzuwürgen. Wenn Tommy Luke sah, würde er Mum und Dad davon erzählen. Und mich ausfragen wer er war.
"Worauf?", bohrte mein Bruder weiter.
"Taxi", gab ich mit viel zu hoher Stimme zurück.
"Dann bin ich mal gespannt auf dein Taxi", sprach Tommy skeptisch und zog eine Augenbraue hoch.
"Es ist nur ein Freund", tat ich schnell ab, "Jemand vom Studium."
Ich war verblüfft wie einfach die Lüge von meinen Lippen kam. Ich wusste noch nicht, in wie fern Leah ihren Eltern etwas über Trey gesagt hatte und mein Bruder war besser als jede Klatschtante auf dem Dorf, wenn es um solche Sachen ging. Nein, vorgreifen würde ich Leah auf keinen Fall.
Zu meinem Unglück ließ Tommy sich nicht abschütteln. Der Blick auf den Bildschirm meines Handys machte mich immer nervöser.
"Du zitterst ja", stellte Tommy fest, "Hier draußen ist aber auch kalt. Ich verstehe nicht, weshalb du nicht drinnen warten wolltest."
"Lass mich in Ruhe", fauchte ich ihn an und er zuckte zusammen.
"Chill", brummte er und wollte tatsächlich gehen. Morgen wäre mein Ausbruch sicher vergeben und vergessen. Als in diesem Moment Berta brummend angefahren kam, schloss ich kurz flehend die Augen. Verschwinde, Tommy. Doch mein Bruder blieb stehen, als wolle er mir noch etwas sagen. Ich kratzte all meinen Mut zusammen um ihn schnell abzuwürgen.
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Nicht nichts...
RomanceJane gibt sich mit dem zufrieden, was sie vor ihrer Nase hat. Job, Wohnung, beste Freundin und Eltern, die sie unterstützen. Es ist alles in Ordnung, bis sie mit ihren lebendig gewordenen Vorurteilen konfrontiert wird und gezwungen ist, Kompromisse...