Kapitel 26, Part 2

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„Hört ihr das?", fragte Kyle keuchend und stützte sich an einer Hausmauer ab. Sein Atem ging schwer und sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Er war völlig erschöpft und ich sah bestimmt genauso aus. Mir kamen nur noch rasselnde Atemzüge über die Lippen und ich hatte ein Stechen in der Seite, das mich beinahe in die Knie zwang. Ich war total fertig. Wir waren den Weg vom Gefängnis fort gerannt und stießen dann auf ein lahmgelegtes Auto.

Unser lahmgelegtes Auto.

Das Fluchtauto.

Die Otomi mussten es entdeckt und außer Betrieb gesetzt haben. Zu unserem Glück waren die Jungs mit zwei Autos gekommen und hatten das andere ein paar Kilometer weiter entfernt abgestellt, um die Umgebung zu erkunden. Aus diesem Grund mussten wir uns durch eine brachliegende Wohngegend kämpfen, die aussah als wäre sie das Überbleibsel einer Naturkatastrophe. Wir befanden uns auf einer Straße, links und rechts gesäumt von zerfallenden Häusern. Die Grünflächen waren mehr grau und selbst die wenigen Bäume, die es hier noch gab, sahen wie klägliche Überreste ehemaliger Pflanzen aus.

Die Gegend war verlassen. Genauso wie das Gefängnis. Ich hatte keine Ahnung, wo wir hier waren, aber es gab eindeutig keine Menschenseele weit und breit.

„Ich höre gar nichts", erwiderte der braunäugige Wikinger, Eric, wie ich erfahren hatte, auf Kyle's Bemerkung. Sein Bruder, Nate, nickte bestätigend und horchte auf Geräusche.

„Das ist es ja", sagte Kyle und lehnte immer noch erschöpft an der rissigen Mauer. „Es ist viel zu still, Leute."

Ein Knall, wie von einer Explosion, dröhnte durch die verfallenen Häuser. Wir zuckten alle bei dem Geräusch zusammen und warfen Kyle giftige Blicke zu.

„Das ist jetzt deine Schuld, das weißt du, oder?", warf ihm Will vor und spannte seinen Bogen. Dabei schonte er seine verletzte Schulter. „Wir müssen weiter, bevor sie uns einholen."

Wir stimmten zu und die Jungs hielten ihre Waffen im Anschlag, um die Umgebung zu sichern. Eric und Nate liefen voraus, um uns Sichtschutz zu geben und Kyle hielt sich wenige Meter hinter ihnen. Will blieb bei mir und achtete ebenfalls auf verdächtige Bewegungen.

„Alles in Ordnung?", fragte ich ihn und deutete auf seine Schulter, die den provisorischen Verband durchgeblutet hatte. Er ließ sich immer noch nicht von Kyle heilen, was ich zwar verstehen konnte, weil der arme Kerl wirklich so aussah, als würde er bald umkippen, aber Will schien die Schulter nicht richtig belasten zu können.

„Machst du dir etwa Sorgen um mich?" Sein breites Grinsen bekam arrogante Züge und erinnerte mich an den selbstgefälligen Idioten, den ich vor ein paar Monaten kennengelernt hatte. Nur, dass ich dieses Grinsen mittlerweile süß fand.

„Natürlich mache ich mir Sorgen", schimpfte ich und stieß ihn in die Seite, wodurch er strauchelte und mir einen warnenden Blick zuwarf. Ich grinste und er legte mir den Arm um die Schultern und zog mich enger an sich. Er gab mir einen Kuss auf die Schläfe und murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ich schmiegte mich enger an ihn und vergaß für eine Sekunde, dass ich vier Tage gefoltert wurde und uns eine Gruppe von Otomi auf den Fersen war.

„Ich bringe dich nach Hause, Liebes. Das verspreche ich dir." Will gab mir einen letzten Kuss auf die Schläfe und konzentrierte sich dann wieder darauf, die Umgebung im Auge zu behalten.

Da ich die Stille nicht leiden konnte und keine Ahnung hatte, wie man eine Umgebung sichert und mir ohnehin niemand eine Waffe geben wollte - ich hatte gefragt - wollte ich wenigstens ein paar Fragen beantwortet haben.

„Wie habt ihr uns eigentlich gefunden?"

„Ich sagte dir doch, dass ich normalerweise ganz gut bin in meinem Job." Er runzelte die Stirn und gab mürrisch zu: „Bei dir habe ich das bisher noch nicht bewiesen, aber ich schwöre, dass ich eigentlich weiß was ich tue."

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