Der Dreierbund von Taupo
Die Entfernung zwischen Rotorua und Taupo beträgt nur 75 Kilometer und so dauerte die Busfahrt mit dem InterCity-Bus dieses Mal auch nur eine Stunde. Da ich ausschlafen wollte und keinerlei Eile verspürte, hatte ich den Bus um halb 12 in Rotorua genommen und hatte noch den ganzen Nachmittag Zeit, mich ein wenig in Taupo umzusehen. Das Hostel hatte ich wieder im Voraus gebucht, um sicher zu gehen, ein Plätzchen in einem Hostel zu finden, das auch einen Shuttle-Service zum weltberühmten Tongariro Crossing anbieten würde.
Mein schlaues Buch hatte natürlich wieder eine ganze Menge hilfreicher Informationen über diesen weltberühmten Wanderweg parat. So konnte ich dort lesen, dass es sich beim Tangariro Crossing nicht nur um den berühmtesten Wanderweg Neuseelands sondern auch um eine der schönsten Eintageswanderungen der Welt handeln soll. Die Gesamtstrecke, die es zu erwandern galt, wurde mit 19 Kilometern angegeben, die als relativ anspruchsvoll einzustufen seien. Sie führt durch eine atemberaubende Vulkanlandschaft rund um die drei Vulkane Mount Ngauruhoe, Mount Tongariro und Mount Ruapehu und sollte immer wieder atemberaubende Ausblicke zu bieten haben. Was würde ich nur ohne mein schlaues Buch machen. Ich freute mich jedenfalls trotz der damit verbundenen Strapazen sehr auf diese weltberühmte Wanderung, die am übernächsten Tag auf meinem Programm stand.
Da Taupo selbst eher recht unspektakulär daher kommt, verbrachte ich viel Zeit am Kiesstrand des riesigen Sees, an dessen Ufern sich die Stadt Taupo befindet und der auch nach ihr benannt wurde. Der Lake Taupo ist der größte Binnensee Neuseelands und dementsprechend viel Zeit kann man auch damit verbringen sein Ufer zu erkunden. Außerdem war das Wasser auch so warm, dass ich wunderbar darin schwimmen konnte. Die restliche Zeit verbrachte ich zu großen Teilen im Hostel, weil ich dort einige interessante Leute beim Kochen kennen gelernt hatte, die größtenteils auch wegen des Tongariro Crossings hierher gekommen waren.
Da war zum Beispiel Lasse aus Norwegen, mit dem ich beim Abspülen nach dem Abendessen ins Gespräch kam. Er sah aus wie ein Vorzeigewikinger oder zumindest so, wie ich mir einen solchen vorstellte. Er war mindestens 1,90 Meter groß und mochte so um die 100 Kilogramm wiegen. Seine stattliche Erscheinung verdankte er seinen ausgeprägten Muskelpaketen, die sich wie die Schutzpanzer eines Football-Spielers unter seinem T-Shirt abzeichneten. Die kleine Wölbung die sich allerdings in Bauchhöhe unter seinem T-Shirt abzeichnete war für mich ein sicherer Hinweis, dass er auch den kulinarischen Genüssen sehr zugetan war und somit ein bisschen Wohlstandsspeck mit sich herumschleppte. Das war allerdings auch kein Wunder, wenn man ihm beim Essen zusah. Ich hatte ihn zwar erst beim Abspülen nach dem Abendessen kennen gelernt, aber da er zuvor mit einigen anderen Leuten am Nachbartisch gesessen hatte, konnte ich beobachten, wie er sich eine Portion Spaghetti mit Bolognese-Soße einverleibte, die mich auf dem Teller ein wenig an die Vulkane erinnerte, die es auf dem Tongariro Crossing zu bezwingen galt. Es war atemberaubend zu sehen, wie er sich diese Riesenportion innerhalb weniger Minuten einverleibte und dabei noch eine angeregte Konversation zu führen schien. Wenn er seinen Mund öffnete, um einen weiteren Haufen Spaghetti darin zu verstauen, fühlte ich mich an Wickies Vater Halvar erinnert, der beim Lachen auch immer seinen riesigen Mund präsentierte, in dem sich nur noch ein einziger sichtbarer Zahn befand. Na ja, wenigstens schienen Lasses Zähne in weit besserem Zustand zu sein, sonst hätte er diesen Mount Spaghetti nicht in so kurzer Zeit verdauungsgerecht zerkleinern können.
Außerdem wäre es angesichts seines jugendlichen Alters, wie ich später erfuhr war er 22 Jahre alt, ein Wunder gewesen, wenn er schon ähnliche Ruinen in seinem Munde präsentiert hätte wie der gute, alte Halvar. Seine drahtigen, rotblonden Haare und sein stacheliger Dreitagebart hätten ihn aber durchaus dazu predästiniert, Wickies Rolle in einer möglichen Fortsetzung dieser Kultserie zu spielen, die das weitere Lebens des cleveren Wikingers als junger Erwachsener beleuchten würde.
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The Big OE- Begegnungen in Neuseeland
AdventureThe Big OE ist in Neuseeland ein geflügeltes Wort und steht für die mehrmonatige Auslandreise mit entsprechenden Erfahrungen und Erlebnissen, die jeder Neuseeländer mindestens einmal im Leben unternehmen sollte, bevor er sich endgültig in der idyll...