Ankunft in Wellington
Nach meiner ereignisreichen Rundreise über die Nordinsel Neuseelands freute ich mich darauf endlich in Wellington anzukommen. Als der InterCity-Bus durch die ersten Vororte der neuseeländischen Hauptstadt fuhr, versuche ich mir die Namen der einzelnen Stadtteile zu merken, die aus meiner Sicht als Wohnort für mich in Frage kamen. Dazu hatte ich mir extra vorab einen Stadtplan besorgt auf dem ich mit ernster Miene versuchte die Route des InterCity-Busses nachzuvollziehen. Ich bemerkte allerdings ziemlich schnell die Sinnlosigkeit meines Unterfangens, da die Vororte auf den ersten Blick für meine europäischen Augen recht ähnlich aussahen und ich nicht so recht zu beurteilen wusste, welche nun eine bessere und welche eine schlechtere Wohnqualität zu bieten hatten. Auch nach gut 2 Wochen in Neuseeland wirkte noch immer alles so exotisch auf mich, dass ich mir vorstellen konnte, so gut wie überall zu wohnen.
Ich legte also den Stadtplan zur Seite und entschied mich, die ersten Eindrücke erstmal ganz vorbehaltlos auf mich wirken zu lassen. Die Stadt wirkte sehr hügelig und grün auf mich und die Vorfreude auf meinen knapp sechsmonatigen Aufenthalt wuchs immer mehr. Als der Bus dann in der Innenstadt von Wellington ankam, die sogar eine kleine aber feine Skyline zu bieten hatte, fühlte ich mich in meiner Entscheidung bestärkt, meine Diplomarbeit in Wellington und nicht in Auckland in Angriff zu nehmen. Dabei spielte sicher auch eine gehörige Portion Selbstbestätigung eine Rolle, aber die kann ja in einer solchen Situation durchaus nützlich sein.
Für die erste Woche hatte ich mir einige Tage zuvor ein Bett im YMCA-Hostel in der Nähe des Courtnay Place sichern lassen. Der Courtnay Place ist der Platz in Wellington, der von den meisten Nachtschwärmern favorisiert wird, da es dort eine sehr hoche Dichte an Restaurants und Bars gibt. Und wenngleich ich nicht wirklich zur Gattung der absoluten Party Animals zu zählen war, so wollte ich mir doch die Option offen halten, das Nachtleben der Stadt ausgiebig testen zu können. Außerdem war es ja zumindest nicht komplett ausgeschlossen, dass ich nicht vielleicht eine nette Backpackerin kennenlernen würde, die Lust haben könnte das eine oder andere Bierchen mit mir trinken zu gehen.
Die YMCA-Hostels entsprachen in etwa den Jugendherbergen deutschen Zuschnitts und leider musste ich feststellen, dass sie einen ähnlich spröden Charme versprühten. Die Zimmer waren lieblos eingerichtet und erinnerten in ihrer kargen Anmutung an ein griechisches Hotelzimmer, das in einem optimistisch formulierten Reisekatalog als landestypisch deklariert würde. Das bedeutet dann, dass sich darin ein Bett ohne Lattenrost und mit hauchdünner Matratze befindet, die kurzerhand als besonders rückenfreundlich angepreist wird. Daneben gibt es in der Regel einen kleinen, wackeligen Tisch und einen hölzernen Stuhl ohne Sitzkissen. Der Schrank ist oftmals klein und von Holzwürmern derart zerfressen, dass man sich kaum traut seine Jacken und Hosen auf das Sammelsurium an Kleiderbügeln zu hängen, die aus aller Herren Länder zusammengetragen erscheinen.
Aber landestypisch klingt ja irgendwie sympathisch und da der deutsche Pauschaltourist gerne mal einen auf Local macht, trifft diese Bezeichnung natürlich auf offene Ohren. Dass der gemeine Grieche aber sein benutztes Toilettenpapier nicht im Klo herunterspült, da dies die viel zu dünnen Abflussrohe verstopfen könnte, sondern in einem kleinen Eimer neben dem selbigen deponiert, stößt dann auf weit weniger Gegenliebe und ist dann auch häufig genug eine Beschwerdegrund, wenn es darum geht, nach dem Urlaub eine ordentliche Regressforderung an den Veranstalter zu stellen, um ihn im Nachgang noch zu einem echten Schnäppchen zu machen.
Die Formulierungen in Reisekatalogen sind ohnehin ein Kapitel für sich. In Vorbereitung meiner Diplomarbeit hatte ich mich vielen Themen beschäftigt, die im Zusammenhang mit der Tourismuswirtschaft stehen und bin dabei auf so manche ungewöhnliche Internetseite gestoßen. Eine beschäftige sich mit eben diesem Reisekatalog-Sprech und hat mich wirklich zum Schmunzeln gebracht. So ist ein aufstrebende Küstenort nichts anderes als eine Stadt am Meer, die voll mit Baustellen ist und gerne mal eine breite Küstenstraße aufzuweisen hat, die es nahezu unmöglich macht, dass man gefahrenlos vom Hotel über diese Küsten-Avus zum Strand gelangen kann. Wenn dieser dann noch als naturbelassen beschrieben wird, so bedeutet dies nicht, dass man es mit einem idyllischen Kleinod zu tun hat, das man selbst in der Hochsaison nur mit einer Handvoll anderer Badelustiger zu teilen hat, sondern dass der Strand vor Dreck steht und dass man nichts unternimmt, um diesen Zustand zu verbessern.
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The Big OE- Begegnungen in Neuseeland
AdventureThe Big OE ist in Neuseeland ein geflügeltes Wort und steht für die mehrmonatige Auslandreise mit entsprechenden Erfahrungen und Erlebnissen, die jeder Neuseeländer mindestens einmal im Leben unternehmen sollte, bevor er sich endgültig in der idyll...