Der sagenhafte Milford Sound

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Der sagenhafte Milford Sound

Wenn ich dann abends todmüde ins Bett in meinem kleinen Gästezimmer fiel, begann über mir ein grünlicher Sternenhimmel aus fluoreszierenden Plastiplaneten zu leuchten. Und so war mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen, dass ich nicht vergessen dürfte, Caroline und Ted ganz fest die Daumen zu drücken, dass sich ihr Kinderwunsch schon bald erfüllen würde.

Am Morgen des dritten Tages hatten Caroline und Ted eine besondere Überraschung für mich geplant und mich dieses Mal nicht im Vorfeld darüber aufgeklärt, wohin die Reise gehen würde. Dass ich schon um halb sieben aufstehen musste, damit wir pünktlich um acht zu unserem Tagesziel aufbrechen konnten, verriet mir allerdings, dass es sich um eine Sehenswürdigkeit handeln musste, die nicht gerade um die Ecke lag. Und so bestieg ich in freudiger Erwartung Teds PickUp Truck und sollte in erst nach knapp 5 Stunden wieder verlassen. Ich hatte mir natürlich schon vorher ausgemalt, wohin die beiden mit mir fahren könnten. Und wenn ich mir ein Ziel hätte wünschen dürfen, so wäre es ganz sicher der weltberühmte Milford Sound gewesen. Und als ich im Laufe unserer langen Anreise immer wieder die Ortsschilder und die Hinweisschilder studierte, keimte immer mehr die Hoffnung, dass Ted seinen alten Pick Up tatsächlich dorthin steuern würde, wohin ich so gerne wollte.

Und so war es dann auch tatsächlich. Die lange Anreise saß mir zwar noch gehörig in den morschen Knochen als wir endlich aussteigen konnten, aber meine Vorfreude war so groß, dass ich davon nicht allzu viel spürte. Der Milford Sound war einer der Gründe, warum ich nach Neuseeland gekommen war. Und ich wurde mir wunderschönem Wetter belohnt. Es schien tatsächlich die Sonne von einem nur leicht bewölkten Himmel. Und das war keinesfalls selbstverständlich, denn der Milford Sound gehört zu den regenreichsten Gebieten auf der ganzen Welt. Pro Quadratmeter fallen hier bis zu 8 Meter Niederschlag pro Jahr. Angesichts dieser Regenmassen war es wirklich ein großes Glück, dass wir so viel Glück mit dem Wetter hatten.

Aber der Milford Sound verdankte seiner Berühmtheit natürlich nicht in erster Linie den wahrhaft rekordverdächtigen Niederschlagsmengen sondern seiner atemberaubenden Schönheit. Nicht umsonst gehört der 15 Kilometer lange Fjord zum Weltnaturerbe der UNESCO. Er entstand durch die Gletscherbewegungen der verschiedenen Eiszeiten, die ihm sein Bett aus bis zu 1200 Meter hohen Felswänden schufen. Den krönenden Abschluss erhält er im Landesinnern mit dem wunderschönen Mitre Peak, der sich bis auf eine Höhe von 1692 Metern in den leider meistens verregneten Himmel streckt.

Der Name diesen beeindruckenden Berges lässt sich am besten mit dem Begriff Bischofsmütze übersetzen. Jedoch vermittelt dieser Name einen leicht verniedlichenden Eindruck, den die Realität so nicht bestätigen kann. Vielmehr ist dieser Berg so majestätisch, dass er mit seiner Bedeutung als Symbol für das ganze Land nur mit dem Matterhorn in der Schweiz verglichen werden kann. Und tatsächlich wirkt er aufgrund seiner Form wie eine kleinere Ausgabe des Bilderbuch-Berges unserer eidgenössischen Nachbarn.

Man sollte übrigens nicht zu sehr über das Wetter schimpfen, denn das viele Wasser trägt auch seinen Teil dazu bei, dass dieser Fjord so weltberühmt geworden ist. So sorgt es dafür, dass an den steilen Felswänden ein pittoresker gemäßigter Regenwald wächst. Und jeder der sinnflutartigen Regenfälle schafft viele vorübergehende Wasserfälle, die sich dramatisch von den massiven Felswänden des Fordes stürzen. Und wenn das viele Regenwasser sich dann auf der Wasseroberfläche des Fjordes sammelt sorgt es für einen weiteren einmaligen Effekt.

Das Wasser des Fjordes besteht nämlich aus zwei Schichten. Da Salzwasser eine größere Dichte als Süßwasser hat und somit schwerer ist, bildet sich auf dem Salzwasser eine teilweise mehrere Meter dicke Schicht aus Süßwasser. Die Dicke dieser Schicht hängt von den jeweiligen Regenmengen ab, die der Fjord verarbeiten muss. In der Süßwasserschicht befinden sich viele Gerbstoffe, die der starke Regen vorher aus dem Boden der Regenwälder gewaschen hat. Diese Gerbstoffe schlucken so viel Tageslicht, dass die Lichtverhältnisse in der sich darunter befindlichen Salzwasserschicht so sind wie sonst nur in weit größeren Tiefen des Meeres. Das sorgt wiederum dafür, dass man im Milford Sound Tiere und Pflanzen sehen und beobachten kann, die es sonst nur in der Tiefsee gibt. Die so genannte schwarze Koralle kann man daher im Milford Sound schon in circa 15 Meter Tiefe antreffen. Und das ist wahrhaft einzigartig auf der ganzen Welt.

The Big OE- Begegnungen in NeuseelandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt