Unterwegs auf dem Queen Charlotte Track
Nach einer gesunden Mütze Schlaf und einem ausgiebigen und sehr unterhaltsamen Frühstück packten wir eine ordentlich Brotzeit, viel Wasser und eine große Portion guter Laune in unsere Rucksäcke und zogen gen Bootsanleger.
Das Schiff lag bei unserer Ankunft bereits abfahrbereit am Anleger und kurz vor 10 Uhr wurden wir herzlich an Bord gebeten. Die Freundlichkeit und Effektivität der Neuseeländer war für mich immer wieder faszinierend. Mit einer spielerischen Leichtigkeit schafften Sie das, womit wir Deutschen uns doch leider oftmals ein bisschen schwer tun. Sie wirkten nie gehetzt oder mürrisch und waren in allen Bereich zuverlässig und pünktlich. Vielleicht war es das relativ sorgenfreie Leben in einem wunderschönen und nahezu menschenleeren Land, das sie so werden ließ. Wenn man sich durch manche Gegenden des Landes bewegt, kann es tatsächlich passieren, dass man über Stunden niemandem begegnet. Und wenn es dann doch passiert, ist man entsprechend erfreut und tauscht immer ein paar nette Worte aus. So lässt es sich natürlich prima aushalten.
Die Überfahrt von Picton zur Ship Cove dauerte keine Stunde und wir verbrachten die Zeit damit, alles zu fotografieren, was uns vor die Linse kam. Zaghaft tasten wir uns vor bis wir schließlich anfingen uns gegenseitig zu fotografieren. Und unser erstes gemeinsames Foto wurde dann schließlich von einem freundlichen Naturburschen aus Norwegen geschossen, der die Situation intuitiv erkannt zu haben schien und sich selbstlos als unser Fotograf anbot.
Ich nahm die Gelegenheit beim Schopfe und drückte Timea an mich. Natürlich achtete ich darauf, ihr nicht die Luft zum Atmen zu nehmen. Außerdem sollte sie sich natürlich auch nicht überfahren fühlen, aber das schien mir nicht der Fall zu sein.
Ist das nicht immer die Kunst, die wir Männer zu beherrschen suchen, wenn wir uns einem Wesen des anderen Geschlechts nähern? Dieser schmale Grat zwischen vorsichtiger aber dennoch eindeutiger Annäherung auf der einen und dem entscheidenden Schuss zu viel auf der anderen Seite. Die perfekte Strategie zu finden ist wohl so schwer wie die Erfindung der legendären, eierlegenden Wollmilchsau. Zumal es die eine und immer funktionierende Strategie ja ohnehin nicht gibt. Gilt es doch das Vorgehen den Befindlichkeiten und Charakterzügen der Umworbenen anzupassen. Manchmal wünschte sich Mann wirklich, dass die Emanzipation auch in diesem Bereich so weit ginge, dass die Frauen das Heft des Handelns in die Hand nähmen.
Aber gut, ich entschloss mich einfach, mir nicht zu viele Gedanken zu machen und meine Eroberungsstrategie so flexibel zu gestalten, dass ich auf mögliche Gefühlsschwankungen auf Timeas Seite spontan reagieren könnte. Aber was nützen schon die tollsten Strategien, wenn man es mit so unberechenbaren Wesen, wie es Frauen nun mal sind, zu tun hat?
Der Tag hatte jedenfalls gut begonnen und die Überfahrt zur Ship Cove war auch aus landschaftlicher Sicht wunderschön. Gemächlich glitt das Boot an traumhaften Stränden vorbei, die von einer subtropischen Vegetation umgeben waren. Die Küstenregionen der Malborough Sounds sind mit dichtem Regenwald bewachsen, die von herrlichen Farnen und Nikaupalmen durchzogen werden. Kein Wunder, dass es dem Entdecker James Cook und seiner Gefolgschaft auf ihren Entdeckungsreisen hier so gut gefallen hat, dass sie mehr als 100 Tage in der Region verbracht haben.
Nach einer knappen Stunde kamen wir dann am Ausgangspunkt unserer Wanderung an der Ship Cove an. Wir gingen als letzte von Bord und warteten bis die anderen Wanderer sich auf den Weg gemacht hatten, da wir nicht in einem großen Pulk loslaufen wollten. Wenn man schon an das andere Ende der Welt fliegt, will man schließlich auch in Ruhe die Natur genießen können.
Andererseits ist das wohl auch eine sehr deutsche Sicht der Dinge. An einem großen und weiten Strand würden die meisten Deutschen versuchen, möglichst weit weg von ihrem nächsten Nachbarn zu liegen, um ihre Ruhe haben zu können. Italiener hingegen lieben es möglichst dicht beieinander zu liegen und munter mit jedem Umliegenden zu plaudern. Dabei ist es egal, wie groß der Strand auch sein mag. Da die Italiener immer mitten im Geschehen ein wollen, würden sie nie auf die Idee kommen, an einer möglichst isolierten Stelle des Strandes ihr Handtuch auszubreiten. Es gilt jederzeit eine bella figura zu machen und das geht natürlich nicht, wenn man sich außerhalb der Sichtweite möglicher Konkurrenten oder Konkurrentinnen bewegt. Ich finde es immer wieder interessant diese kleinen nationalen Eigenheiten zu beobachten.
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The Big OE- Begegnungen in Neuseeland
AdventureThe Big OE ist in Neuseeland ein geflügeltes Wort und steht für die mehrmonatige Auslandreise mit entsprechenden Erfahrungen und Erlebnissen, die jeder Neuseeländer mindestens einmal im Leben unternehmen sollte, bevor er sich endgültig in der idyll...