Gewitter

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Ezra seufzte.
Als er mit Nima und Jai nach dem Einkaufen nach Hause aufgebrochen war, hatte es angefangen in Strömen zu regnen.
Natürlich hatten die beiden, wie eigentlich immer, nicht auf ihn gehört und hatten daher keine Regenjacken am. Er schüttelte den Kopf. Manchmal war er wirklich zu nachsichtig mit den zwei Chaoten.
Jetzt steckten die Zwillinge in je einem Ärmel seiner Jacke, die den beiden Fünfjährigen natürlich trotzdem viel zu groß war.
Dafür war er allerdings jetzt klatschnass und fror wahnsinnig. Und es war offensichtlich, dass seine Frau sich bei dem Anblick der drei in der Eingangstür wenigstens innerlich kaputtlachte, auch wenn sie ihr Möglichstes versuchte, um sich ihr Lachen nach außen zu verkneifen.
Nima und Jai waren unter der mittlerweile ebenfalls triefend nassen, gigantischen Regenjacke größtenteils trocken geblieben
„Was habt ihr denn angestellt?", fragte sie kopfschüttelnd, als sie die drei reinließ und die Tür hinter ihnen wieder verschloss.
Ezra grinste schelmisch.
„Ach weißt du, wir hatten heute noch nicht geduscht und da dachte ich..."
Sie verdrehte die Augen.
„Sehr witzig cyar'ika. Mach dich erstmal trocken und zieh dich um, bevor du mir krank wirst. Dusch dich am besten warm. Ich rette inzwischen unsere Kinder, bevor sie in deiner Regenjacke noch absaufen, und anschließend mache ich uns allen eine Runde Tee."
Ezra lachte und gehorchte ohne Widerworte.

Als er etwa zwanzig Minuten später frisch geduscht, aufgewärmt und umgezogen aus dem Bad kam, fand er neben einer wartenden, noch dampfenden Tasse Tee einen Zettel auf dem Esstisch.
»Musste nochmal ins Büro. Bringe nachher Mira mit. Du kochst.
In Liebe, Sabine«
Ezra seufzte.
„War ja klar."
Er war nicht sauer auf sie – nicht wirklich. Was sie tat war wichtig, das wusste er genauso gut wie sie. Aber manchmal fiel es ihm schwer, mit allem umzugehen – besonders, wenn sie mal wieder so spät abends ohne ein weiteres Wort verschwinden musste, um sich um noch irgendetwas zu kümmern, was irgendeinem Vollidioten drei Stunden nach Büroschluss eingefallen war. Und selbst wenn sie mal frei hatte... solange es nicht »wir sind zwei Wochen im Urlaub«-frei war, was selten genug überhaupt passierte, wurde sie auch an ihren freien Tagen manchmal mittendrin ins Büro gerufen.
So hatte auch mehr als einmal eines ihrer Dates geendet.
Bei manchen Leuten störte ihn das nicht im geringsten. Wenn es Mandalore kam, gerade von einem von Sabines Phönixen, dann war es wirklich wichtig, und das verstand er.
...Macht, einigen von denen hätte er ja sogar verziehen, wenn sie einfach nur angerufen hätten, weil sie einen Babysitter brauchten.
Aber warum Sabine sechs Tage in Folge nach Feierabend ins Büro gerufen wurde, um über ein Gesetz bezüglich der Versteuerung Mandalorianischer Käsecracker zu diskutieren- Okay, jetzt übertrieb er.
Maßlos.
Aber so kam er sich manchmal trotzdem vor, und er wünschte sich, dass es anders war, und sie mehr Zeit hier und mit ihnen verbringen konnte statt ständig weg zu sein. Er wusste, dass wenigstens ein Teil von ihr das auch wollte, auch wenn sie es schlichtweg nicht konnte.

Ezra seufzte und begann an seinem Tee zu nippen. Die Zwillinge standen unterdessen vor der großen Glasfront und beobachteten den Regen draußen. Jetzt, wo sie hier drin und im Trockenen waren, schien er unglaublich spannend auf die beiden zu wirken.
Plötzlich zuckte der erste Blitz durch den Himmel. Gut, dass sie jetzt drinnen waren – der Regen war dabei, zu einem ausgewachsenen Gewitter zu werden.
Nima krisch erschrocken auf und versteckte sich unter dem Küchentisch. Jai lachte über sie.
„Hast du Angst?"
Aber spätestens beim ersten Donner lag er neben ihr.
...als wäre es Ezra nicht irgendwie sofort klar gewesen, dass das passieren würde. So waren die zwei Chaoten nunmal.
„Buir? Warum macht es das? Ist die Macht sauer?"
Nima lugte ängstlich unter dem Tisch hervor.
Ihr Vater musste lachen.
„Unsinn, Schatz. Warum sollte sie?"
Das Mädchen schaute schuldbewusst weg.
„Ich hab Kekse gegessen. Vor dem Abendessen.
Ezra seufzte. Natürlich hatte sie das. Man konnte die zwei keine fünf Minuten aus den Augen lassen, ohne dass einer von ihnen oder beide Mist bauten. Wenigstens hatte sie sich beim Erklettern der Theke um an die Schale zu kommen scheinbar nicht weh getan.
Aber es half alles nichts, jetzt musste er doch ein wenig streng sein, auch wenn er das nicht mochte. Sonst würden sie es nie lernen.
„Du weißt das sollst du nicht. Dann hast du nachher keinen Hunger mehr."
Jai hatte sich währenddessen auf seine Schwester geworfen.
„Das ist nicht fair! Ich will auch Kekse!"
Ezra stöhnte genervt auf. Das wurde ja immer besser.
Er mochte es nicht besonders, mit seinen Kindern zu schimpfen. Und, schlimmer noch, er war auch nicht besonders gut darin.
Sabine war sehr viel geübter und durchsetzungsfähiger, wenn es darum ging, das strenge Elternteil von ihnen zu sein.
„Auseinander! Sofort! Schluss mit dem Blödsinn!"
Das die Kinder tatsächlich hörten, verdankte der Jedi hauptsächlich dem dummen Zufall, dass es im Hintergrund schon wieder donnerte. Die Zwillinge waren innerhalb von Sekunden voneinander getrennt. Jai schmollte aber weiterhin.
„Das ist unfair! Warum kriegt sie Kekse und ich nicht?", maulte er.
„Du bekommst nachher auch Kekse, in Ordnung? Nach dem Essen."
Der Kleine verschränkte die Arme.
„Das ist trotzdem unfair."
„Wisst ihr, wenn ihr sowieso beide was anderes esst, brauche ich eigentlich ja auch nichts mehr für euch zu kochen. Dann würden wir mal sehen, wie schnell ihr eure heiß geliebten Kekse satt habt, wenn ihr sonst nichts mehr kriegen würdet." Nicht, dass er das je wirklich gemacht hätte – aber egal, wie toll etwas schmeckte, bis auf sehr wenige Ausnahmen wurde eigentlich alles eintönig, wenn man eine Weile ohne Ausnahme nur das aß... das wusste er aus Erfahrung. „Kommt ihr jetzt wenigstens unter dem Tisch raus?"
Die Zwillinge zögerten.
Es donnerte nochmal. Die beiden zuckten zusammen und krallten sich panisch aneinander fest.
„Buir soll erst machen, dass es aufhört."
Nima zitterte. Ezra lachte leise und kroch zu den zwei unter den Tisch, um die Arme um sie zu legen.
„Keine Angst. Ich beschütze euch."
Die beiden kuschelten sich eng an ihren Vater, immer noch leicht zitternd, aber jetzt schon deutlich ruhiger.

Als Sabine zwei Stunden später mit Mira nach Hause kam, fand sie ihren Ehemann und die Kinder schlafend unter dem Küchentisch.
Sie lachte los. Ihre Tochter stimmte mit ein.
„Papa, es ist noch etwas früh zum schlafen, du Dussel."
„Aufwachen Schlafmütze! Sonst koche ich, und du weißt wie das endet!", witzelte sie lautstark, wobei er keinerlei Regung zeigte.
„Gut, du hast es so gewollt", murmelte sie daraufhin leise, beugte sich zu ihm runter und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Ezra fuhr so abrupt hoch, dass er sich fast den Kopf an der Tischplatte anschlug.
Er schaute sie mit großen Augen an, als er sich aufrappelte.
Sie lachte und half ihm vorsichtig auf.
„Bitte tu dir nicht weh." Sabine schüttelte kurz den Kopf. „Will ich überhaupt wissen, was ihr unter diesem Tisch wolltet?"
Aber Ezra reagierte überhaupt nicht. Er starrte sie immer einfach nur wortlos an.
„Du-du machst Witze, oder?", stammelte er schließlich, als er seine Stimme schließlich wiederfand. „Sag mir, dass du keine Witze machst."
Sie grinste und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Wer weiß..." Er zog sie sachte in den Arm. Sie genoss die Berührung einen Moment lang, dann lächelte sie ihn sanft an und knuffte ihm sachte in die Schulter. „Machst du uns noch was kleines zu essen, während ich unsere zwei Chaoten wecke?"
Die Mandalorianerin gestikulierte in Richtung der nach wie vor schlafenden Zwillinge, die sich nachdem ihr Vater aufgestanden war bequem aneinander gekuschelt hatten.
Er nickte sofort.
„Natürlich. Mira, ad'ika, würdest du-"
„Ich helfe gern, Dad. Dann kann ich dir auch ein bisschen was von meinem Training erzählen."
„Das klingt toll, meine Kleine."

Und dann war das Chaos perfekt...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt