Kapitel 10

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Ich war immer noch sehr erschöpft. Deshalb schloss ich Augen und glitt in einen tiefen Schlaf.
Als ich aufwachte, war ich bei weitem nicht mehr so schwach. Ich fühlte mich wieder bei kräften und hungrig. Essen war eigentlich etwas,von dem ich dachte, dass es in meinem Leben nie zu kurz kommen würde... Nun ja jeder irrt sich mal . Es war erstaunlich ,dass ich mittlerweile über 24 Stunden ohne Essen ausgekommen war. Ein kurzer Blick auf die Uhr in meinem Zimmer verriet mir , dass ich weitere 10 Stunden geschlafen hatte. Auch wenn es nun eine halbe Stund vor Mitternacht war, fragte ich eine Schwester nach Essen, immerhin hatte ich  um die 31 Stunden darauf verzichten müssen. Zunächst bedachte mich die Schwester mit einem ungläubigen Blick, brachte mir aber schließlich ein paar 75g Joghurts. Ich fühlte mich wie im Himmel,als der Joghurt seinen Weg in meinen Magen fand. Ohne zu zögern verputzte ich zehn Joghurts. Als ich fertig war ,bedankte ich mich noch bei der Schwester, dass sie so nett gewesen war und mir immer Nachschub besorgt hatte. Nachdem sie gegangen war, hatte sie das Licht ausgemacht und so wurde mein Zimmer nur noch von einer kleinen Lampe auf einem Nachttisch erhellt. Da ich nicht riskieren wollte meinen Schlafrhythmus gänzlich zu ruinieren, beschloss ich erneut versuchen zu schlafen. Es dauerte etwas aber schließlich glitt ich wieder in die wunderbare Welt der Träume.

Als ich sie wieder verließ und in die Realität zurück kehrte , war es schon 6:00 Uhr. Zufrieden mit der Zeit ließ ich meinen Blick aus dem Fenster schweifen. Ich sah eine große Grünanlage, die höchstwahrscheinlich für Patienten angelegt worden war. ,,Guten Morgen",riß mich die Ärztin vom vorherigen Tag aus meinen Gedanken. ,,Guten Morgen", antwortete ich höflich. ,,Wie geht es dir heute ?", fragte sie . ,, Viel besser. Ich fühle mich nicht mehr so kraftlos und ... krank", erwiderte ich. ,, Wie ich gehört habe , gab es heute Nacht einen kleinen Mitternachtssnack.", scherzte sie. ,, Das ist richtig", entgegnete ich ebenso fröhlich, ,,Ich hatte immerhin seit 31 Stunden nichts gegessen." Die Ärztin nickte. ,,Wenn du dich weiterhin so gut regenerierst , können wir dich morgen schon wieder entlassen", sagte sie mit einem lächeln. ,,Dann regenerie ich mich mal weiter",grinste ich. ,,Gut. Dann machs gut", verabschiedete sie sich und ging.

8.00Uhr. Die Besucherzeit begann. Ich hatte bereits gefrühstückt und wartete nun ,dass irgendetwas interessantes geschah. Meine Langeweile brachte mich sogar dazu mir die Broschüre einer Reha-Klinik so oft durch zu lesen, bis ich sie auswendig konnte. Mir war stinklangweilg. Ich hatte weder ein Buch, mein Handy, eine Zeitschrift oder sonst irgendetwas, womit man sich die Zeit vertreiben konnte, außer der Informationszettel, die im ganzen Zimmer verteilt hingen, die ich  aber auch schon längst auswendig konnte. Aus Frustration nichts zu tun zu haben , stand ich auf und ging auf Entdeckungstour. Ich sollte mich zwar noch schonen und ausruhen aber einem kleinem Spaziergang stand nichts im Wege. Als ich mein Zimmer verließ warf ich ein Blick auf das Zimmerschild, um hinterher wieder zurück zu finden können. Meine Füße trugen mich um einige Ecken und durch viele Türen. Da ich es nicht für nötig hielt auf einen Plan zu gucken , - und eh nicht wusste, wo ich hinwollte - lief auch mal im Kreis. Schließlich erreichte ich den Haupteingang und ging nach draußen. Ich ging links um das Krankenhaus herum und entdeckte nach ein paar Metern eine Art Park. In diesem Park standen alle paar Meter Tische und Stühle,die aus Holz angefertigt waren und einladend wirkten. So machte ich es mir in einem der Stühle, die einem Sessel ähnelten und genug platz für zwei Personen boten  , bequem. Nicht weit von mir entfernt saß eine junge Frau, Mitte 20, unter einem Baum und spielte munter eine angenehme Melodie auf einer Gitarre und schrieb immer wieder etwas auf ein Blatt Papier. Fast direkt vor mir spielten ein paar Jungs mit einem Ball . An einem anderen Tisch saß ein älterer Herr,der mit einem jüngerem,der wahrscheinlich sein Sohn war, Schach spielte. Ich betrachtete das treiben der anderen und lauschte der Musik, als jemand seine Hand auf meine Schulter legte,wobei ich zusammen zuckte. ,,Lana",sagte ich fröhlich, als ich mich umdrehte und ihr Gesicht erkannte. ,,Hi", erwiderte sie, ,,Ich hab dich gesucht. Als ich in dein Zimmer kam und du nicht da warst, habe ich einen richtigen Schreck bekommen." ,,Mir war eben langweilig.... In meinen Zimmer ist ja weder mein Handy noch ein Buch, noch sonst irgendeine Beschäftigung!", rechtfertigte ich mich. ,, Deswegen bin ich ja vorbei gekommen", grinste sie und setzte sich ebenfalls in einen der Stühle.

,,Wie geht es dir ?", fragte sie und beugte sich dabei etwas vor. ,,Ich fühle mich schon wieder viel besser.", entgegnete ich. Ich wollte sie auf gestern ansprechen, wusste aber nicht wie ich das anstellen sollte. Deshalb war ich froh , als sie es tat:,,Ich wollte mit dir nochmal über gestern reden. Du kamst mir sehr überumpelt vor, was ich natürlich verstehe. Wir hatten ja nicht weiter darüber gesprochen. Deshalb würde ich das gerne jetzt machen, wenn das für dich in Ordnung ist  ? " ,,Ich wollte eh noch mit dir darüber sprechen.", antwortete ich. Noch bevor Lana etwas darauf erwidern konnte , stellte ich ihr meine erste Frage, die sich über Nacht an mich geklammert hatte:,,Wann? Wann hast du die Formulare ausgefüllt ?" ,,Noch am selben Tag wie der Polizist die Formulare ausgefüllt hat, die dich zum Staatsmündel machen sollen .",gab sie zur Antwort. Ich wollte alles wissen , und doch wollte ich auch nicht alles hinterfragen wie ein kleines Kind , das gerade alles aufeinmal entdecken möchte, Spanien und Grönland am selben Tag und in den selben Klamotten bereisen möchte. Dennoch hielt meine neugier Oberhand und wurde nur leicht in Zügeln gehalten. Lana machte es nichts aus meine Fragen zu beantworten. Nur ich war mir meiner Selbst unsicher. ,,Und Fred ,und deine Kinder?", stellte ich eine weitere Frage und fing an meine Finger zu kneten, da ich bei dieser Frage sehr unsicher war. Ich besaß nicht das Recht ihre Entscheidung in Frage zu stellen.  ,,Hey", began Lana ruhig und setzte sich neben mich. Sie musste mein Unbehagen bemerkt haben, da sie nun ihren Arm um mich legte. ,,Was ist los?", fragte sie sanft und schaute mir in die Augen .,,Ich weiß nicht.... Ich denke es ist alles einfach ein bisschen viel? Ich meine ich freue mich, dass du mich adoptierst, und bin dir auch unendlich dankbar .... aber eigentlich will ich...",und in dem Moment wurde mir klar, was ich wollte. Mir wurde klar, was es war, das mir fehlte.Was mir das Herz zerriss , obwohl ich es kaum spürte. Wie ein Herzinfakt , der sich erst sichtlich erkennbar macht, wenn es schon fast zu spät ist. Ich wusste jedoch nicht, ob ich es über die Lippen bringen konnte, ohne Lana dabei zu verletzen. 

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