Kapitel 5 Ohnmächtig

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Ginny wachte am nächsten Morgen ziemlich früh auf. Da sie ein Morgenmuffel  war, wäre sie jedoch am liebsten liegen geblieben. Leider war heute Schule und deswegen konnte sie Hermine und Harry nicht länger aus dem Weg gehen. Eigentlich hatte sie sich darüber gefreut, dass sie nun in der selben Stufe war wie das "goldenen Trio". Aber nun wollte sie möglichst wenig Zeit mit Harry und Hermine verbringen!

Schlecht gelaunt zog Ginny die Decke beiseite, stand mühsam auf und machte sich auf den Weg in Richtung des Badezimmers. Ginny öffnete die Tür. Ihr Blick wanderte zum Spiegel und sie erschrak. Ihr Spiegelbild sah schrecklich aus, ihre Augen waren gerötet und von dunklen Augenringe umrahmt. Es war nicht zu übersehen, dass sie geweint hatte. Seufzend stieg sie unter die warme Dusche und kam einige Minuten später, frisch angezogen und einigermaßen normal aussehend aus dem Badezimmer.

Sie warf noch einen Blick auf Hermines Bett. Diese lag noch immer friedlich schlafend dort. Zum Glück, es reichte schon, sie heute während des Unterrichts zu sehen.

Leise lief Ginny die Treppe vom Mädchenschlafsaal hinunter. Als sie die Tür des Gemeinschaftsraum öffnete, kam ihr Harry schon entgegen gestürmt: „Gin, es war wirklich nich" „Hast du es immer noch nicht kapiert, ich will nichts mehr mit euch zu tun haben!", schnitt sie ihm das Wort ab und blickte ihn mit einer solchen Abscheu an, dass er augenblicklich verstummte. Keine Sekunde länger ertrug sie es, sein Gesicht anzuschauen. Eillig schlüpfte sie durchs Porträtloch und machte sich überflutet von all ihren Gefühlen auf den Weg zum Frühstück.

Die große Halle war zum Glück noch fast leer. Ginny setzte sich an das Ende des nur vereinzelt besetzten Gryffindortisches und knabberte lustlos an einem Stückbrot herum.

Plötzlich hörte sie Malfoys Stimme vom anderen Ende der Halle provozierend rufen: „Na, klein Weasley, wo sind den Potter und deine Freundin Granger?"

Sie drehte sich um und schaute zu den Slytherins, die nun amüsiert kicherten. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht Malfoy!", der Hass mit dem sie seinen Namen aussprach war nicht zu überhören, sie wusste genau worauf er hinaus wollte! „Und im übrigen wenn ich dich wäre, würde ich mich nicht mit solchen Vollidioten aufhalten. Lieber keine Freunde als solche", fügte sie noch hinzu, worauf einige wütende Rufe unter den Slytherins laut wurden.

„Sie sind jedenfalls bessere Freunde als deine, ach ja schon vergessen, du hast ja gar keine mehr!", die Slytherins lachten nun wieder. Das erste Mal in ihrem Leben verletzen Malfoys Worte Ginny wirklich. Früher hatte sie seine Beleidigungen und gemeinen Sticheleien einfach ignoriert. Ihre Freunde hatten sie schnell wieder zum Lachen gebracht. So konnte sie seine verletzenden Worte einfach wieder vergessen. Aber nun war es anders, sie hatte keine Freunde, die sie trösten konnten und das, das, was er sagte, war die Wahrheit. Er hatte recht. Sie hatte keine Freunde mehr.

Es fühlte sich an, als würde das Messer, dass seit gestern Nacht in ihrem Herz steckte, sich noch tiefer hinein bohren. Schon strömten einzelne Tränen über ihre Wangen, schnell rannte Ginny aus der großen Halle. Jetzt wusste Malfoy, dass sie von Harry und Hermine Bescheid wusste. Es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis es die ganze Schule wusste! Sie rannte und rannte. Die Tränen verschleierten ihre Sicht. Sie wusste nicht, wohin sie lief, aber das war im Grunde genommen egal. Sie wollte nur noch weg von hier, von Malfoy, von Harry, von Hermine, von allen.

Wimmernd sackte Ginny am Ende eines Korridors zusammen. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie jegliche Kraft verloren. Sie fühlte sich schwächer denn je in ihrem Leben, als wäre alle Freude, alles Glück aus ihrem Körper gesogen worden. Das einzige, das zurückblieb, war der Schmerz, die Trauer und die Einsamkeit. Ein leichtes Schüztteln ging durch ihren Köroper, wie ein Frösteln im kühlen Wind. Eine plötzliche Kälte breitete sich um sie auf, umhüllte sie und schien in ihren Körper einzudringen. Sie begann am ganzen Leib zu zittern. Vielleicht aus Kälte, vielleicht aus Schmerz oder Angst, so genau wusste sie das selbst nicht.

Sie konnte spüren, wie sich die Kälte in ihr breit machte wie eine böse Kreatur, die nur darauf gewartet hatte, bis ihr Opfer schwach genug war. Wie schon im Hogwarts Express bekam sie schreckliche Kopfschmerzen. Die Sicht um sie verschleierte sich, das Letzte, was sie noch sehen konnte, war eine Gruppe Schüler, die gerade um die Ecke des Korridors gelaufen kam. Dann fiel sie auch schon in das tiefe, schwarze Loch. 

Zuerst sah sie nur Dunkelheit,eine dichte Schwärze. Wenn sie ihre Hand ausstrecken würde, so hätte sie ihre Finger nicht vor ihren Augen sehen können. Langsam lichtete sich die Dunkelheit wie schwarze Nebelschwaden zog sie langsam davon und gab ihr den Blick auf einen fast leeren, düsteren Raum frei. Sie stand in dessen Mitte und direkt vor ihr schwebte eine blau leuchtende Kugel.

Sie verspürte den Drang, sich der Kugel zu nähern, sie zu berühren. Es war, als würde die Kugel sie zu sich rufen wie ein lang erwarteter Gast.

Langsam näherte sie sich ihr. Kurz davor blieb sie schliesslich stehen und betrachtete die Kugel unsicher, sollte sie sie berühren? Vorsichtig streckte sie einen Finger nach ihr aus. Doch bevor dieser die Kugel berühren konnte, verdüsterte sich der Raum und alles wurde schwarz. 

Zur gleichen Zeit kam eine kleine Gruppe Slytherins um die Ecke des Korridors gelaufen. Die vorher noch fröhlich plaudernde und Witze reissende Gruppe verstummte auf einmal. Ein jeder von ihnen hatte gespürt, wie es plötzlich kälter geworden war. Verwirrt blickten sich die Slytherins nach der Ursache dieser plötzlichen Kälte um, doch da war nichts, ausser der Person, die zusammengekauert am anderen Ende des Korridors sass. Sie zitterte am ganzen Körper und wirkte zerbrechlich und klein. Ganz plötzlich sackte sie in sich zusammen.

Die Slytherins blieben geschockt stehen, unsicher, was sie tun sollten. Schliesslich lief die Gruppe langsam auf die Person zu. Aus der Nähe erkannten sie schliesslich Ginny Weasley. Diese lag am Boden und zitterte noch immer am ganzen Körper, während über ihre Stirn Schweißperlen liefen. Ihre Augen hatte sie weit aufgerissen und ihre Pupillen huschten wild umher. Die Slytherins starrten sie schockiert an, sowas hatten sie noch nie gesehen. Als sie sich aus ihrer Schockstarre gelöst hatten, rannten die Slytherins panisch davon, alle bis auf Malfoy und Zabini. Diese blieben stehen und schauten bloss entsetzt zu dem Mädchen hinab. Zabini beugte sich zu ihr hinunter und versuchte sie wie beim letzten Mal, wach zu rütteln, doch es funktionierte nicht. Schließlich hob Zabini die Kleine hoch und trug sie zum Krankenflügel.

Verflucht Ginny Weasley Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt