12. Höhlenwölfe?

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Elias' p.o.v.

Eine Welle drückte mich unter Wasser. Dann kam ich wieder an die Oberfläche. Ich schnappte nach Luft. Etwas stieß gegen mich, gegen meinen Rücken. Ich knurrte leise. Mir tat alles weh.
Hev war verdammt stark. Aber gleichzeitig auch so schwach.
Ein lebloser Körper wurde vom Wasser hin und her geworfen und ging unter.
Hev!
Ich begann zu paddeln. Vergeblich kämpfte ich gegen das wilde Wasser. Eine Welle drückte mich zum Grund.
Ich stieß gegen etwas weiches, warmes. Hev. Ich packte mit den Zähnen ihr Nackenfell und zog sie über Wasser.
Dann tauchte ich unter sie. Regungslos lag sie quer über meinem Rücken. Sie drückte mich tiefer ins Wasser. Ich prustete. Wasser strömte in meine Lungen.
Der Fluss verschwand unterirdisch. Ich knallte gegen den Stein und wurde ohnmächtig. Ich spürte nur noch, wie Hev's Körper von meinem Rücken rutschte.

Heaven's p.o.v.

Mit tat alles weh. Meine Augen waren wie zugeklebt. Mein Fell war patschnass und klebte an meinem Körper. Ich spürte die Kälte des Wassers.
Ich schlug gegen einen Felsen oder etwas ähnlich hartes. Es tat weh. Ich spürte, dass eine Rippe brach, aber sofort wieder heilte.
Ich lauschte meinem Herzschlag. Dem einzigen Beruhigungsmittel, dem ich vertraute.
Meine Schultern und mein Rücken brannten. Aber ich wusste, dass ein Großteil meiner Wunden bereits geheilt waren.
Ich hatte zwei Mal gegen Elias gekämpft. Zwei Mal hatte ich verloren. Zwei Mal hatte ich versagt.
Ich hatte versagt.
Wie so oft.
Wie immer.
Ich war zu schwach.
Zu schwach für irgendwas.
Zu schwach für alles.

Wasser spülte um mich herum. Die Kälte lähmte mich. Meine Pfoten waren taub. Ich spürte, dass sich mein Geist von meinem Körper löste...
Es war wie damals. Vor über zwei Jahren. Damals lag ich in der Gasse und halluzinierte.
Und jetzt war ich im Wasser und dasselbe geschah.
Ich würde sterben. Dieses Mal wirklich. Niemand würde mir helfen. Es war niemand mehr da, der mich retten könnte.
Meine Augen waren noch immer wie zugeklebt.
Ich gab auf.
Bald würde ich bei Dad sein. Bei meinen Brüdern. Bei Joe. Bei meinem Rudel.
Mein Bewusstsein schwand...

Zähne gruben sich in meinen Nacken. Unsanft wurde ich durch das Wasser gezogen. Ich plumpste auf einen harten Untergrund.
Meine Lungen füllten sich mit Luft. Mein Brustkorb hob und senkte sich sehr schnell.
Ich hyperventilierte.
Das war nicht gut, das wusste ich. Aber ich konnte nicht anders.
Mein Körper verlangte nach Sauerstoff.
Ich hechelte. Gleichzeitig driftete ich immer mehr ab. In die Schwärze.

Elias' p.o.v.

Ich wurde an Land gespült. Naja. Eigentlich in eine unterirdische Höhle. Mühsam schleppte ich mich an Land. Mein Fell war klatschnass. Meine Wunden schmerzten.
Halb bewusstlos brach ich zusammen. Es war aus.
Jas würde das Rudel führen.
Jas würde trauern. Dad würde trauern. Marianne würde um Hev trauern. Um Hev.
Hev.
HEV! Ich war wieder bei klarem Verstand. Ich sah zum Fluss. Ihr lebloser Körper hing an einem Felsen. Beständig spülte das Wasser um sie herum. Ich sprang hinein und packte sie am Nackenfell. Mühsam zog ich sie aus dem Wasser in die Höhle. In Sicherheit.
Ich legte sie behutsam in eine Ecke.
Sie schnappte nach Luft und begann zu hyperventilieren und zu hecheln. Sie lebte. Erleichterung machte sich in mir breit. Hev lebte. Warum war ich nur so erleichtert?

Du magst sie.
Klappe.
Gib es zu...
Ja, okay. Ich mag sie.
Siehste. War doch nicht so schwer.
Pfff.
Und sie ist mehr als das.
Ja...
Und das ist ein großes Problem.
Ja.

Hev hechelte mit geschlossenen Augen. Sie würde sterben, wenn sie so weitermachte. Ohne dass ich wusste, was ich tat, fuhr ich ihr mit der Zunge über's Fell.
Sanft wusch ich Dreck und Blättchen heraus. Ihre Atmung wurde ruhiger. Sie lag ganz entspannt und halb tot da. Mein Blick fuhr über ihre Wolfsgestalt. Das war das erste Mal, dass ich sie so eindringlich betrachtete. Sie war eigentlich ein wunderschöner Wolf. Und die Narben machten sie nur noch schöner.
Ihr Fell war weich und warm.
Ich kuschelte mich an sie. Dann schlief ich ein.

Heaven's personal hell - Die Legende der Urwölfe #SonnenblumenAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt