Kapitel 1

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Ich saß in der Cafeteria unseres Colleges und wartete auf Tyler und Julie. Die zwei ließen mal wieder auf sich warten. Ich dachte darüber nach, warum sie immer zu spät kamen, kam dann aber schnell zu dem Endschluss, dass ich gar nicht wissen wollte, was die beiden gerade trieben.

Mein Blick schweifte durch den Raum und blieb schlussendlich an ihr hängen. Mal wieder. In den letzten Tagen war es besonders schlimm geworden. Es war fast so als würden meine Augen sich automatisch an sie heften, wenn sie im selben Raum war. Sie saß zusammen mit ihren Freundinnen an einem Tisch, welcher sich ungefähr in 5 Meter Entfernung auf der linken Seite von mir befand. Angeregt unterhielt sie sich mit den anderen Mädchen und schien gar nicht zu bemerken, dass ich sie anguckte.

Ihre langen blonden Haare hatte sie heute zu einem Zopf zusammengebunden und ihre blauen Augen strahlten die gewohnte Wärme aus, die ich schon von ihnen kannte. Ich kannte Grace seit der Grundschule. Seit dem Tag als sie mich am ersten Schultag umgerannt hatte. Ihr war die Situation sichtlich peinlich gewesen, aber ich lächelte sie einfach an. Grace war damals schon ziemlich hübsch und das änderte sich mit der Zeit auch nicht. In Kombination mit ihrer Intelligenz und ihrer gefühlvollen Art, konnte man Grace einfach nur mögen.

In der Junior High war es dann geschehen. Ich hatte mich in sie verknallt. Allerdings traute ich mich nicht ihr das auch zu sagen. Einige würde heute wahrscheinlich denken, dass ich Seemannsgarn erzähle, weil schüchtern sein so gar nicht zu mir passt, aber es war die Wahrheit. In der High-School hatten sich meine Gefühle für sie nicht geändert. Ich hingegen war ein anderer Mensch geworden. Es waren Dinge geschehen, welche nicht spurlos an mir vorbeigingen. Dinge, die mich veränderten.

Ich sah immer noch zu ihr rüber als sie ihren Kopf auf einmal in meine Richtung drehte. Grace sah direkt in mein Gesicht und lächelte mich an ehe sie aufstand und zu mir rüberkam. Warum kam sie rüber? Ich meine so ungewöhnlich war das zwar nicht, da wir immer noch mit einander redeten. Allerdings waren wir keine Freunde mehr und einfach auf mich zu gekommen ist sie auch noch nie in den letzten Jahren.

Lange konnte ich mir darüber aber keine Gedanken machen, denn da stand sie auch schon vor meinem Tisch. „Hallo Brian.", ihre Stimme klang wie eine Melodie, die man sich immer wieder anhören könnte. „Hi Grace." „Kann ich mich kurz setzen?" „Klar." „Hast du kurz Zeit? Ich wollte dich gerne was fragen?" „Was möchtest du mich denn fragen?", hakte ich nach. In dem Moment kamen Tyler und Julie auf unseren Tisch zu. Wie Tyler nun einmal war, verstand er meine unauffällige Geste, dass sie sich gefälligst woanders hinsetzen sollten, nicht.

Die beiden setzten sich neben uns und ich merkte, dass Grace gar nicht wohl dabei war. „Ich geh mal wieder rüber.", meinte sie und stand auf. Ich hingegen warf Tyler einen missbilligenden Blick zu und stand ebenfalls auf, um Grace zu folgen. Nach der Hälfte des Weges griff ich nach ihrem Ellbogen und drehte sie zu mir um.

„Du wolltest mich doch noch was fragen.", erinnerte ich sie. Grace hob ihren Kopf damit sie mir in die Augen sehen konnte und antwortete mir. „Es war nicht so wichtig. Ich wollte euer Mittagessen nicht stören." Grace drehte sich wieder um und wollte zu ihren Freundinnen zurückgehen, was ich jedoch nicht zuließ. „Komm mit." Es klang mehr wie ein Befehl als wie eine Bitte. Ich nahm wieder ihren Arm und zog sie aus der Cafeteria.

Im Flur angekommen, öffnete ich eine Tür hinter der sich der Raum des Hausmeisters befand und schob sie hinein. Grace sah mich verwirrt an, machte aber keine Anstalten sich zu wehren. Ich machte das Licht an und schloss die Tür hinter mir ehe ich ihr in die Augen sah. „Also was wolltest du mich fragen?" „Es war wirklich nicht so wichtig. Vergiss es einfach." „Das werde ich ganz sicher nicht. Du wärst gar nicht erst zu mir rübergekommen, wenn es nicht wichtig gewesen wäre. Ich lass dich hier eh nicht raus bevor du es mir nicht gesagt hast."

„Brian, es war eine doofe Idee von mir. Du würdest so wieso nein sagen." „Erzähl mir doch erst mal worum es geht." Grace trat nervös von einem Fuß auf den anderen und wurde leicht rot im Gesicht. Ich bewegte mich auf sie zu bis ich kurz vor ihr zum Stehen kam. Ich nahm ihre rechte Hand in meine linke und konnte nicht leugnen, dass es sich gut anfühlte. Ich zog sie ein Stück näher zu mir und guckte Grace tief in ihre wunderschönen blauen Augen.

„Egal was es ist, ich tu es.", sagte ich sanft und mit ruhiger Stimme. Grace sah mich erstaunt an und erstarrte für einen Moment. Als sie sich wieder gefangen hatte, brach sie endlich die Stille. „Okay. Mein Dad hat Karten fürs Musical und er meinte ich könnte jemanden mitnehmen. Ich dachte, da meine Freundinnen Musicals nicht mögen, dass ich dich frage. Du kannst trotzdem noch nein sagen." „Ich habe gesagt, dass ich es mache egal was es ist und ich mache jetzt auch kein Rückzieher." „Danke.", sagte Grace erleichtert. „Wann soll ich dich abholen?" „Du brauchst mich nicht abholen. Ich komm Samstag so gegen sieben bei dir vorbei." „Bist du sicher, dass ich dich nicht abholen soll?" „Ja, das wäre für dich ein Umweg." „Okay, dann kommst du gegen sieben zu mir aber ich fahr uns zum Musical." „Einverstanden."

Ich sah ihr immer noch in die Augen und keiner von uns zweien begann sich zu bewegen. Ich hätte ihr ewig mit ihr stehen können, doch das Schicksal wollte es wohl anders. Ausgerecht jetzt musste ihr Handy klingeln. Ich hätte dieses dumme Ding am liebsten gegen die Wand gepfeffert, aber das ging leider nicht.

Während Grace ans Telefon ging, bewegte sie sich keinen Zentimeter von mir weg. „Hi Dad. Was gibt's?", drang ihre Stimme an mein Ohr. „Ja kann ich machen. Ich komm dann allerdings später nach Hause, bin ja mit dem Bus zum Collage gefahren." In der Zeit, wo ihr Vater sprach war es für mich komplett still. „Schick mir am besten noch mal eine Nachricht. Wir sehen uns später. Tschüss Dad."

Grace legte auf und verstaute das Handy wieder in ihrer Hosentasche. „Das war mein Dad.", sagte sie etwas verlegen. „Habe ich mitbekommen." „Er hat nur gefragt, ob ich gleich noch einkaufen gehen kann." Ich überlegte kurz und sprach meine Gedanken dann doch aus. „Und das willst du zu Fuß erledigen?" „Ja.", antwortete Grace kurz und knapp. „Ich fahr dich." „Das musst du nicht. Ich lauf einfach, das ist kein Problem." „Ich fahr dich trotzdem. Außerdem muss ich auch noch was einkaufen." „Okay.", mit diesem kleinen Wort gab Grace sich geschlagen.

Wenn die Jahre vergehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt