Kapitel 11

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Nachdem ich Grace ihr geliebtes Eis in eine Schüssel gefüllt hatte, setzte sie sich an unseren Küchentisch und ich ging schnell hoch, um den Brief zu holen. Ich hatte beim besten Willen keine Ahnung, wer mir schrieb. Alle Leute, die ich kannte, schrieben mir per WhatsApp oder riefen an, wenn sie etwas wollten.

Ich öffnete den Brief und was ich las konnte einfach nicht wahr sein. Sie konnte mir nicht ein Brief schreiben, nicht nach all den Jahren. Ich zerknüllte den Brief und wollte ihn gerade wegwerfen, hielt dann allerdings inne als Grace auf mich zukam. Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und nahm mir mit der anderen den Brief aus der Hand.

„Von wem ist der Brief?" Ihre Stimme klang leise und ruhig und mir war klar, dass sie mich zu keiner Antwort drängen wollte. Ich ließ sie den Brief lesen, sah sie dabei allerdings nicht an. Ich war wie versteinert und ich bekam erst gar nicht mit wie sich Grace wieder mir zu wand.

„Du solltest dir den Brief durchlesen." „Ich will den Brief nicht lesen. Wirf ihn einfach weg." Mit diesen Worten verließ ich den Raum und verschwand in mein Zimmer.

Nach einer Weile öffnete sich meine Zimmertür und Grace betrat den Raum. Sie lehnte sich an die Tür und sah mich mit ihren ozeanblauen Augen an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und ihr schien es genauso zu gehen bis Grace sich von der Tür abstieß und sich vor mich hinkniete. Sie nahm meine Hände in ihre und blickte mir direkt in die Augen.

„Du solltest den Brief lesen." Ich wollte gerade wiedersprechen, doch sie ließ mich nicht. „Ich weiß, dass die Sache für dich nicht einfach ist. Du redest nie darüber, auch nicht mit Tyler und ich sage auch nicht, dass du ihr antworten sollst. Ich denke nur, dass du lesen solltest, was sie schreibt."

Ich hatte keine Lust darüber zu reden, ich wollte nie wieder etwas mit ihr zu tun haben. Aber noch weniger wollte ich mich damit beschäftigen was passiert war. Also tat ich das, was ich am besten konnte. Ich machte dicht und schloss Grace aus meiner Gefühlswelt aus.

„Verdammt Grace kapier endlich, dass ich kein Bock habe darüber zu reden. Ich will diesen dämlichen Brief nicht lesen. Es ist mir egal, was drinnen steht." Meine Stimme war lauter als beabsichtigt und ich konnte erkennen, dass sich Unsicherheit in Grace Gesicht ausbreitete. „Brian..." „Ich will das du gehst." Die Worte verließen schneller als geplant meinen Mund. Eigentlich wollte ich nicht, dass sie geht, aber in diesem Moment war ich einfach ein Arsch. „Ich lass dich jetzt mit Sicherheit nicht alleine."

Grace legte ihre zierliche Hand auf meine Wange und ich hätte mich am liebsten an sie geschmiegt, doch die Gefühle von damals waren zu präsent. Es war besser, wenn Grace jemanden fand, der nicht so verkorkst war wie ich. Ich setzte einen gleichgültigen Blick auf und entfernte ihre Hans von meiner Wange.

„Ich will das du gehst. Jetzt sofort." Nachdem meine Worte mit einem scharfen Tonfall verklungen waren, stand ich auf und schob Grace Richtung Tür. Ich wollte ihr Leben nicht auch noch ins Chaos stürzen. Wie konnte ich nur denken, dass das zwischen uns gut für sie war? Wie konnte ich nur so egoistisch sein? „Brian, schließ mich nicht aus." „Ich schließe niemanden aus. Ich ziehe nur einen Schlussstrich, wo nie hätte etwas anfangen dürfen."

Grace

Wie geschockt sah ich Brians Zimmertür an. Er hatte mich doch tatsächlich rausgeworfen. Dieser Idiot. Manchmal war er einfach zu stur, um wahr zu sein. Wie benommen, lief ich die Treppe runter und entdeckte Brians Vater im Flur. Mir war die Situation ziemlich unangenehm und eigentlich wollte ich auch nur schnell weg von hier.

Brians Worte hatten mich verletzt. Sie taten weh und doch wusste ein Teil von mir, dass er sie nur aus Selbstschutz gesagt hatte.
Ich zog schnell meine Jacke und meine Schuhe an und wollte gerade durch die Haustür verschwinden als Brians Vater mich aufhielt.

„Der Brief war von ihr oder?" Auf einmal fiel mir ein, dass ich den Brief immer noch bei mir hatte. Ich konnte ihn nicht wegwerfen, denn ich war der festen Überzeugung, dass Brian ihn lesen sollte. „Ja.", antwortete ich nach einem kleinen Augenblick und reichte Brians Vater den Brief. Er war total zerknittert und sah ein wenig traurig aus.

„Komm ich fahre dich nach Hause. Es ist schon dunkel und selbst wenn Brian sich gerade wie ein Arsch verhalten hat, würde er es nicht wollen, dass dir war passiert." „Danke."

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Das erste Kapitel der Lesenacht ist online. Ich hoffe es gefällt euch. :)

Wenn die Jahre vergehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt