Kapitel 3

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Nach der Schule hatte ich es eilig nach Hause zu kommen, um meiner Grandma von der guten Nachricht zu berichten. Ich sprintete durch unseren kleinen Vorgarten zur Haustür und brauchte fünf Anläufe, ehe ich den Schlüssel ins Schloss bekam. Sie saß im Wohnzimmer und trank Kaffee. Als sie mich sah stellt sie die Tasse auf den Tisch und rief: "Hallo Liebes! Und wie war´s?" Ich ließ mich in den Sessel ihr gegenüber plumpsen und nahm mir einen Keks. "Super! Keine Note schlechter als drei." antwortete ich fröhlich und biss herzhaft in das Gebäck. Mhmm Orangenfüllung! Grandma schien nicht sonderlich überrascht. "Das habe ich mir schon fast gedacht, deswegen ist unsere Reise nach New York auch schon längst gebucht." verkündete sich lächelnd. Verblüfft ließ ich den Keks fallen: "Wie jetzt?" "Liebes! Der schöne Teppich!" jammerte Granny. Ich ließ mich nicht beirren: "Was meinst du mit längst gebucht?" fragte ich. "Deine Lehrerin rief mich an und erzählte mir, dass du dich mehr anstrengen sollst, sie dir aber dies Jahr noch eine drei gibt. Also habe ich unseren Urlaub bereits gebucht. Du solltest auch langsam mit packen anfangen. Morgenfrüh geht unsere Fähre." erklärte sie ruhig. Was sie kann, kann ich auch! dachte ich nur und hob meinen Keks auf und aß ihn aller Ruhe... Doch kaum war ich fertig sprang ich auf und stürmte, zwei Stufen auf einmal nehmen, in mein Zimmer und holte den Koffer unterm Bett hervor. Dann zerrte ich T-Shirts, Jeans, Shorts und viele weitere Sachen aus meinem Schrank und legte sie (ordentlich zusammengefaltet natürlich) in besagten Koffer. Nachdem alles nötige drin lag suchte ich mir noch vier Bücher aus, die ich während unseres Aufenthalts in New York lesen wollte. Insgesamt hatte ich gut und gerne fünf Stunden zum packen benötigt. Leise schlich ins Zimmer meiner Großmutter um zu schauen, ob sie vielleicht ein Buch hatte, das ich noch mitnehmen konnte. Sie besaß jedoch ausschließlich kitschige Liebesgeschichten und Schandromane. Nach langem suchen stieß ich auf ein sehr alt aussehendes, in Leder gebundenes Buch und zog es aus dem Regal. "Mythologien seit Anbeginn der Zeit". Neugierig betrachtete ich den Einband und schlug es auf. Die griechische Mythologie sprang mir sofort ins Auge und ich blätterte durch die Seiten bis hin zum Kapitel der Griechen. Ein großes Bild der zwölf olympischen Götter prangte neben mehreren kleineren Bildern auf der ersten Seite. Wie in Trance strich ich beinahe zärtlich über eines der kleineren Bilder, welches eine wunderschöne Insel zeigte. Plötzlich Schritte auf der Treppe und die Rufe meine Großmutter holten mich in die Wirklichkeit zurück. Schnell klappte ich das Buch zu und rannte damit die Treppen hinauf in mein Zimmer und verstaute es in meinem Koffer. Auf dem Weg zurück nach unten rannte ich Grandma direkt in die Arme. "Huch!" rief sie und warf ihre Arme in die Luft. Ich lachte leise. "Kindchen hast du mich erschreckt! Wo warst du denn?" fragte sie atemlos. "Iiiich war packen." redete ich mich raus. Damit sie keine weiteren Fragen stellen konnte stellte ich selbst schnell eine: "Grandma? Darf ich ein Bad nehmen? Heute war ein verdammt anstrengender Tag." sagte ich und fächelte mir mit der flachen Hand Luft zu. "Bist du denn schon fertig mit packen?" "Klar!" antwortete ich. "Na dann kannst du natürlich ein Bad nehmen, Kindchen." sagte sie fröhlich. "Danke!" rief ich, flitzte ins Bad und schloss die Tür hinter ab.

Langsam ließ ich mich in das dampfende Wasser gleiten. Ein heißes Bad nach einem heißen Tag... nicht gerade sinnvoll aber dennoch entspannend. Plötzlich fing meine gesamte rechte Körper hälfe an zu jucken. Wie von selbst kratzte ich mit meinen Fingernägeln über die reibenden Stellen und versank in Gedanken. Als ich auf einmal einen stechenden Schmerz an Arm, Brustkorb und Bein spürte schaute ich überrascht auf. Ein dünnes Blutrinnsal lief an mir herunter in die Wanne. Ich riss die Augen auf und schaute an mir herunter. Meine gesamte rechte Seite war wund gekratzt und stellenweise tropfte Blut. Schnell wusch ich mir die Haare und kletterte ungeschickt aus der Badewanne. Ich zog einen längeren Schlafanzug aus dem Schrank um die Kratzer zu überdecken. Kurz vor dem schlafen hängte ich mein Handy ans Ladekabel und lief die Treppen hinunter ins Wohnzimmer, um Grandma zu fragen, wann der Wecker klingeln sollte. "Also 4:30 Uhr geht unsere Fähre und wir fahren gut anderthalb Stunden nach Dover..." antwortete sie grübelnd. "Ok, also so gegen zwei Uhr?" sie nickte "Alles klar. Bis morgen, schlaf schön!" sagte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. In meinem Zimmer zog ich mein Oberteil ein wenig hoch, um mir die Kratzer noch einmal anzusehen. Nichts. Hä? Um sicherzugehen, dass ich  mir das alles nicht nur eingebildet hatte, zog ich nun auch mein Hosenbein hoch. Auch dort keine Hinweise auf die, vorhin noch, blutenden Wunden. Stattdessen hatte sich so etwas wie eine zweite, bläulich schimmernde, schuppenähnliche Haut an den Stellen gebildet. Das war unmöglich dachte ich kopfschüttelnd. Skeptisch schaltete ich das Licht aus und fiel in einen unruhigen Schlaf.

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