Kapitel 10

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"Nein..." murmelte ich leise "Nein, nein, nein! Das kann nicht sein! Ich muss träumen, o-oder ich bin tot! Ich bin ja schließlich untergegangen. Dafür muss es eine ganz logische Erklärung geben." stotterte ich wild drauf los und lief dabei auf und ab. Morea, Itys und Amaltheia musterten mich schweigend. "Ich kann doch nicht einfach in einer angeblich existierenden Stadt..." fluchte ich weiter, doch Morea nahm kurz die Hand vom Mund und flüsterte "Land..." bevor sie weiterhin schweigsam auf den Boden starrte. "Wie bitte?" fragte ich und starrte die drei an. "Atlantis ist ein Land", erklärte Itys "Wir befinden uns momentan aber auch in der Hauptstadt Atlantis." Ich starrte alle drei an, als hätten sie den Verstand verloren. "Atlantis ist ein Land?" flüsterte ich und meine Augen wurden groß. "Naja... ja. Alles gleichzeitig. Kontinent, Land und auch Hauptstadt. Natürlich gibt es hier noch andere Städte und Dörfer, aber Atlantis ist die größte und schönste." meinte Morea, welche aus ihrer Trance erwacht schien. "Wie groß ist Atlantis? Also der Kontinent beziehungsweise das Land." fragte ich und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. "Nun ja. So genau weiß das keiner. Aber...." überlegte Itys fieberhaft und wandte sich an Amaltheia: "Haben wir noch die Karte im Kinder-... ähh Arbeitszimmer?" Auch die Nymphe dachte nach. "Ich denke schon..." grübelte sie und wollte nach meiner Hand greifen um mich mit sich zu zerren, doch sie glitt einfach durch mich hindurch. "Was bist du eigentlich genau?" richtete ich mich an sie, während sich eine leichte Gänsehaut auf meinen Armen bildete. Sie schwamm nervös hin und her. Moment! Sie schwamm? Nein... Man musste es wohl eher als schweben bezeichnen. Warum war mir das vorher nie aufgefallen? Atlantis liegt Unterwasser, da es ja untergegangen sein soll. Warum also konnte ich problemlos atmen und laufen? Morea schien meine Gedanken zu lesen. "Das ganze Land ist von einer riesigen Luftblase umgeben. Du müsstest sie gespürt haben, als du zu uns kamst", erklärte sie und ich erinnerte mich. Es war als würde der Druck von mir genommen und ich konnte atmen "Wir haben Strände, Flüsse und Seen, aber das sind alles nur Teile des Atlantischen Ozeans um uns herum, welche während des Untergangs unter der Luftblase gefangen wurden. Deshalb kannst du normal atmen und laufen. Du stehst auf festem Grund." endete sich und ich nickte unsicher. "A-aber warum schwebt Amaltheia dann? Ist sie nicht, wie ihr auch, ein Mensch?" Itys lachte und Amaltheia sah aus als wollte sie im Boden versinken und zugleich vor Wut zerplatzen. "Amaltheia ist quasi ein Geist. Eine verstorbene Seele. Sie starb während Atlantis sank. Doch durch den Zauber, der auch alles hier am Leben erhält, wandelt sie weiterhin unter uns. In der Hauptstadt sind sehr viele von ihnen. Wir achten sie und behandeln sie mit Respekt." sprach er ruhig und ich betrachtete den Geist genau. Sie muss wunderschön gewesen sein. Ihre Haut war durchscheinend und bläulich. Die langen Haare wehten, trotz der Windstille im Haus, sanft hin und her. Sie trug ein meergrünes Kleid, welches sich unterhalb des Beckens zu einem Strudel umformte, welcher sich stetig drehte und wirbelte. Deshalb schwebte sie also. Offenbar war das Starren ihr unangenehm, den sie drehte sich unruhig und meinte schließlich: "Los kommt jetzt. Ich glaube ich weiß wo die Karte ist." Alle nickten und folgten ihr. Wir stiegen eine breite hölzerne Treppe hinauf und verschwand in einen Raum, links von der Treppe. Dieser war sehr geräumig und hatte eine geblümte Tapete und einen grünen, sehr flauschig aussehenden, Teppich. An der rechten Wand stand ein riesiger Schreibtisch, belegt mit allerlei Schriftrollen und Schreibzeug. An der Wand, gegenüber der Tür, waren zwei große Fenster, geschmückt mit rosa Gardinen (welche nebenbei gesagt wunderbar zu den Blumen auf der Tapete passten) und tauchten das Zimmer in sanftes Licht. An der linken Seite war ein deckenhohes Bücherregal angebracht, welches dennoch nicht groß genug für alle Bücher war. Viele stapelten sich daneben und davor. Einige lagen sogar in einem kleinen hölzernen Bettchen. War das ein Babybett? Mir fiel ein, dass Itys diesen Raum zuvor beinahe als Kinderzimmer bezeichnet hatte und schluckte. Was war hier passiert? "Keya?" unterbrach Morea meine Gedanken und legte mir einen Arm um die Schultern. "Ich weiß, das war ein langer Tag für dich und du darfst dich auch gleich wieder schlafen legen, aber bitte wirf einen kurzen Blick auf die Karte." sagte sie liebevoll und das tat ich. Erst dachte ich es wäre eine ganz normale Weltkarte, aber bei genauerem Hinsehen fiel mir eine große Landfläche zwischen Europa und Nordamerika auf. Links begann sie wenige Kilometer entfernt von New York, erstreckte sich über den Atlantischen Ozean und reichte fast bis an die Küste von Großbritannien. Nach oben hin stieß es fast mit Grönland zusammen und bildete eine sanfte Bucht um Island. Nach unten hin führte es vorbei an den Kanaren, bis an die westafrikanische Landseite. Atlantis war riesig! Ich riss erstaunt die Augen auf und wollte das alles nicht glauben. Doch die Zeichnung des versunkenen Kontinents verblasste und war kaum noch zu erkennen. "Was passiert hier? Warum verschwindet die Zeichnung?" fragte ich panisch. "Die Karte zeigt den Zustand unserer Welt. Nach dem Untergang konnte man alles noch deutlich erkennen. Etwas verschwommen zwar, aber noch deutlich genug. Dann wurden der König und die Königin, deine Eltern, gestürzt und die Schreckensherrschaft begann. Tag um Tag verblasste die Zeichnung mehr und mehr..." er wollte noch weiter reden aber ich unterbrach ihn. "Stop! Meine Eltern?" kreischte ich hysterisch und zitterte unkontrolliert. Morea wollt mir erneut einen Arm um die Schultern zu legen um mich zu beruhigen, doch ich schüttelte sie ab und lief auf und ab. "Heißt das, sie sind noch am Leben? Warum haben sie mich verlassen?" wimmerte ich leise und hockte mich auf den Teppich (wirklich sehr sehr flauschig). "So genau weiß das keiner", setzte Amaltheia an "Die Herrschaft des grausamen Königes begann vor etwa zwei Jahrtausenden! Sie sind schon sehr lange in den Verließen eingesperrt und keiner hat je etwas von ihnen gehört." erklärte sie beruhigend und schwebte zu mir. "Wow. Vor zwei Jahrtausenden? Wie alt seit ihr?" wisperte ich und riss die Augen auf. Amaltheia lächelte leicht. "Sagen wir einfach sehr alt. Aber wir sind sozusagen unsterblich." "U-unsterblich?" stotterte ich und mir klappte der Mund auf. "Klar. Wir werden alle sehr alt und sind im besten Fall unsterblich. Nur wenige Dinge lassen uns sterben." klärte sie die Lage und ich musste schlucken. "Also bin ich eine von euch?" flüsterte ich heiser und stand auf. "Da deine Eltern die Regenten dieses Reiches sind beziehungsweise waren...", sie stockte, " Aber kurz gesagt Ja. Du bist eine von uns und somit quasi unsterblich." meinte Morea lächelnd und seufzte erleichtert auf. "Jetzt wo du da bist kann alles nur besser werden." sagte sie und umarmte Itys freudig. Was meinte sie damit?

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