21.00 Uhr zeigte das Ziffernblatt meiner Armbanduhr. 2 Stunden. 2 Stunden saß ich jetzt schon alleine an diesem Tisch und wartete auf mein Date. Er hatte mir versprochen, dass er kommen würde. Und doch musste ich wohl einsehen, dass er nicht mehr kommen würde.
"Was macht so ein hübsches Mädchen wie du es bist, alleine in einem Lokal wie diesem ?", fuhr mich eine dunkle Stimme an. Mit einem traurigen Lächeln im Gesicht stand ich auf. "Es ist versetzt worden. Aber setzten sie sich ruhig, der Tisch ist jetzt frei.".Der junge Mann, welcher zugegebener Maßen nicht schlecht aussah schaute mir verdattert hinterher, ich hätte wetten können, dass er schon lange keine Abfuhr mehr kassiert hatte. In einem Restaurant wie diesem..- natürlich hatte Joshua mich zu meinem Geburtstag in das teuerste Restaurant der Stadt eingeladen und war dann nicht aufgetaucht. Ich schluckte die Tränen herunter, ich würde mir nicht in der Öffentlichkeit die Blöße geben.
Ich zückte mein Portemonnaie und fragte den Kellner, wie viel er für den Sekt bekäme, jedoch winkte er lächelnd ab. "Herr Kimmich hat ausdrücklich betont, dass die Rechnung an ihn geht.". Ich grummelte leise, ließ dann aber mein Portemonnaie wieder in meine Tasche gleiten. Mir wurde die Tür geöffnet und ich trat hinaus in die kalte Nachtluft.
Mehrere Autos hielten neben mir an. Fenster wurden herunter gelassen und männliche Stimmen fragten ob ich nicht einsteigen wollte.Zugegebener Maßen sah ich nicht schlecht aus. Ich war ca. 1,75 groß und hatte eine schöne schlanke Figur. Aber ich war eben auch ein sehr treuer und lieber Mensch. Ich seufzte. Deshalb würde ich es ihm auch dieses Mal vergeben, dass er mich versetzt hatte. Dennoch verletzte es mich ganz besonders, dass er mich gerade an meinem Geburtstag versetzt hatte obwohl er mir vorher noch mindestens 30 Mal von sich aus versichert hatte zu kommen, wohl auch um die letzten Male wieder gut zu machen.
Zuhause angekommen schlüpfte ich aus meinen High Heels. Es war jedes Mal wieder ein befreiendes Gefühl aus solchen Schuhen raus zu kommen.Sie sehen zwar von außen schön aus, fühlen sich jedoch an, als würde man auf einer Säge laufen und einen Schraubenzieher unter der Ferse haben. Ich lief den Flur entlang ins Badezimmer und öffnete den Wasserhahn. Ein heißes Bad. Das war genau das, was ich nach diesem Tag brauchte. Ich war gerade auf dem Weg in die Küche um mir noch den passenden Wein zu holen, als es an der Tür klopfte.
Widerstrebend öffnete ich die Tür. "Bevor du irgendetwas sagst, hör mir bitte zu !", Joshua sah mich aus seinen grünen Augen flehend an. "Ich wüsste nichts, was du sagen könntest, was das alles rechtfertigen würde!", konterte ich und knallte die Tür zu."Vanessa ! Bitte mach die Tür auf.", Joshua klopfte weiterhin beharrlich auf die Tür ein. "Und ob ich das nicht machen werde !", rief ich ihm von der anderen Seite der Tür zu."Ich werde hier nicht weg gehen.", war das letzte was ich von ihm hörte, bevor ich die Badtür schloss. Viel Spaß, dachte ich und grinste ein wenig in mich hinein, bevor ich mich langsam in das warme Wasser gleiten ließ und mich meinen Gedanken überließ.
Eine halbe Stunde später, ich war gerade fertig mit Baden und schon wieder angezogen klingelte das Telefon. "Frau Meier.",sagte ich verblüfft, als ich feststellte, dass meine Nachbarin am Telefon war. Eine herzensgute alte Dame. "Wie bitte?".."Ja..Nein.".."Machen sie sich keine Sorgen Frau Meier.".."Nein, alles Gut.".."Ja ich kenne den jungen Mann, nein er ist kein Stalker.".."Nein, keine Polizei.".."Ja sag ich ihm."..."Ihnen auch noch einen schönen Abend Frau Meier".
Kopfschüttelnd lief ich erneut zur Tür. Tatsächlich. Als ich die Tür öffnete hockte davor ein, inzwischen frierender Joshua. "Meine Nachbarin hat gerade angerufen. Sie meinte vor meiner Haustür sitzt ein Stalker.", erst jetzt regte er sich und stand auf. "Ne du, an mir kommt keiner so schnell vorbei.", entgegnete er vorsichtig. "Ja stimmt du mit deinen 1 Meter 76 bist ein richtiger Schrank, hab ich ganz vergessen.".
Schweigen breitete sich zwischen uns aus, während ein jeder so da stand und auf den Boden blickte. "Ich hab gesagt, ich geh hier nicht weg.", machte Joshua schließlich den Anfang. "Ich habe zwei Stunden auf dich gewartet.", sagte ich nun auch etwas und damit kamen all die Tränen die ich vorhin so mühevoll unterdrückt hatte. "Joshua ich freue mich wirklich für dich. Dass du jetzt endlich für Bayern München dein Pflichtspieldebüt hattest und auch dein Bundesligadebüt. Kurzum es läuft bei dir. Aber du vergisst mich. Am Anfang war es nicht so schlimm, da bist du zwar zu spät gekommen, aber immerhin bist du gekommen ! Aber inzwischen ?! Kommst du gar nicht mehr, versetzt mich ohne mir vorher Bescheid zu sagen,kommst dann mit ein paar Rosen vorbei und einer kleinen Entschuldigung und denkst alles wäre wieder gut..bis zum nächsten Mal. Heute war mein Geburtstag und du hast mir tausendmal versprochen, dass du kommst. Aber du warst nicht da.", die Tränen quollen aus meine Augen und liefen mir als kleine Rinnsale über die Wangen.Meine Sicht verschwamm. Am liebsten wollte ich die Tür wieder zwischen uns schließen aber Jo kam mir zuvor. Er trat einen Schritt vor und schloss die Tür hinter sich. Er zog mich in seine Arme. Ich wollte mich wehren, wollte wieder Abstand zwischen uns bringen, aber er ließ es nicht zu. Er ertrug die halbherzigen Faustschläge gegen seine Brust. Er hielt meinem bebenden Körper ohne ein Wort zu sagen.So standen wir eine ganze Weile lang da, bis ich das Gefühl hatte mich leer geweint zu haben.
Jo schien es zu merken. "Du hast Recht. Ich war ein ziemlicher scheiß Freund in der letzten Zeit.", er reichte mir ein Taschentuch. "Weißt du im Job ging alles drunter und drüber,es war alles neu für mich und ich war so aufgeregt darüber, dass ich endlich in der Bundesliga angekommen bin. Ich war mir so sicher,dass ich dich habe. So sicher, dass du immer hinter mir stehst. So sicher, dass ich dich fast verloren hätte. Es tut mir so Leid, ich war so ein egoistisches Arsch.", die letzten Worte murmelte er nur noch.
Zärtlich strich er mir eine Haarsträhne hinters Ohr und legte dann seine Hand unter mein Kinn, sodass ich ihn anschauen musste. "Ich liebe dich und es tut mir Leid.", sagte er und sah mich dabei aus seinen grünen Augen mit diesem Blick an, der es einfach jedes mal aufs neue schaffte mein Herz zum schmelzen zu bringen. Er beugte sich vor und gab mir einen langen und zärtlichen Kuss und ich spürte darin all die Verzweiflung und Trauer der letzten Zeit. Ich legte meine Hände um seinen Nacken und zog ihn näher an mich. "Ich liebe dich auch, du Stalker.", sagte ich dann mit einem kleinen Grinsen. "Du, also wenn du mit diesen Stalkern so ein Problem hast, sollte ich vielleicht doch die Polizei rufen.", Joshua sah mich ernst an. "Ach, die kommen doch nie an dir vorbei !",und das meinte ich sowohl wortwörtlich, wie auch symbolisch.
"Fast hätte ich es vergessen !", rief Jo und öffnete die Tür. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihm hinterher, wie er die Tür öffnete und wie ein aufgescheuchtes Karnickel die Treppe runterraste. Wenige Minuten später stand er wieder vor mir und überreichte mir triumphierend ein kleines, okay ein winziges Paket. "Dein Geburtstagsgeschenk". Skeptisch machte ich mich daran das Papier zu öffnen. Schließlich rutschte es zur Seite und gab den Blick frei auf einen Schlüssel. Meine Augen wurden groß. "Ist das etwa..?", flüsterte ich. "Jep.", Jo nickte stolz,"Ein Schlüssel zu meiner Wohnung". Ich strahlte ihn an. Das war eindeutig das beste Geburtstagsgeschenk, was er mir hätte machen können.
Der schöne Augenblick wurde jäh von einem Geräusch unterbrochen, das so gar nicht schön klang. "Hast du Hunger ?", fragte ich lachend und deutete auf seinen Bauch. "Ähm..möglich",verlegen kratzte er sich im Nacken. "Ich glaub ich hab noch zwei Pizzen im Gefrierfach. Pizza mag ich eh viel lieber als diese viel zu kleinen und viel zu teuren Portiönchen.", schlug ich vor. "Es ist dein Geburstag. Was immer du befiehlst !", Jo sah mich verschmitzt an. "Oh da fallen mir noch ganz viele Sachen ein",sagte ich lachend. "Küche putzen, Badezimmer putzen..","Okay, okay ist ja gut. Pizza klingt sehr gut und jetzt weiß ich zum Glück Bescheid. Deinen nächsten Geburtstag feiern wir im Imbiss um die Ecke.", Jo folgte mir lachend in die Küche, aber nicht ohne mich vorher noch einmal an der Hüfte an sich zu ziehen und mir einen Kuss an den Hals zu geben "Wie kommst du denn darauf ich könnte dich jemals vergessen ? Das musst du mir bei Gelegenheit mal verraten." murmelte er mir dabei ins Ohr.
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