„Wie lange bleibst du noch ?“, fragte ich leise, ängstlich vor seiner Antwort. Gerade als er zu einer Antwort ansetzten wollte, ging hinter mir die Haustür auf, an die ich mich gelehnt hatte und ich stolperte rückwärts. „Mum !“, schrie ich anklagend. „Entschuldigung Emmaschatz, aber ich hab die Stimmen gehört und dachte es wären Einbrecher. „Natürlich Mum.“, ich verschränkte die Arme vor meiner Brust. „Es ist ja nicht so, dass du weißt, dass ich und Leo noch feiern waren.“, empört sah ich sie an. „Emmaschatz, wir haben 2 Uhr morgens.“, „Ich weiß. Deshalb habe ich nicht geklingelt !“,sagte ich und grinste übertrieben freundlich. „Na dann !“, brummte meine Mutter. Man merkte ihr an, das sie eigentlich im Bett liegen sollte, um solche Uhrzeiten machte ihr Kreislauf nämlich immer schlapp.
Auffordernd sah sie mich an, während sie in der offenen Tür stand. Als ich keine Anstalten machte mich zu bewegen drehte sie sich seufzend um und verschwand wieder im dunklen Flur.
Entschuldigend mit den Schultern zuckend drehte ich mich wieder zu Leo. Dieser scharrte unruhig mit seiner linken Fußspitze auf dem Boden rum. „Leo ?“, meine Stirn kräuselte sich bei seinem Anblick. So benahm er sich normalerweise nur, wenn er sich vor schlechten Neuigkeiten drücken wollte. Ohne mich anzusehen, fing er schließlich an zu reden, „Äh, Emma, also eigentlich...war ich nur für diesen Abend in Dortmund.“, er stockte. „Leo was willst du mir sagen ?“, fragte ich beunruhigt. „Du erinnerst dich doch bestimmt noch an Saskia, oder ?“, fuhr er fort und sah schließlich, zerknirscht auf.
Ich hätte wetten können, dass man hörte, wie mein Herz brach. Ich spürte wie die Tränen in mir aufwallten, doch ich zwang mich dazu, nicht zu zeigen, wie sehr er mich verletzte. Mit einer Geste brachte ich ihn zum schweigen. „Verstehe !“, murmelte ich. Gerade so laut, dass ich meine Stimme noch kontrollieren konnte. Ich ließ ihm keine Zeit noch etwas zu sagen, sondern drehte ihm den Rücken zu und verschwand im Haus. Ich knallte die Tür achtlos hinter mir zu, in diesem Moment war es mir auch egal, ob ich die ganze Familie weckte.
Ich nahm mir nicht die Zeit, das Licht an zu machen, daher stolperte ich im dunkeln durch das Haus. Es war also auch kein Wunder, dass ich eine Treppenstufe übersah und somit laut polternd die Treppe hoch fiel. Auch wenn ich mich am liebsten einfach auf der Treppe zusammengerollt und meinem Kummer Platz gemacht hätte, zwang ich mich wieder auf zu stehen, auch wenn mein Schienenbein höllisch brannte.
In meinem Zimmer angekommen warf ich mich auf mein Bett. Ich hielt die Tränen nicht länger zurück. Alles verschwamm vor meinen Augen. Immer wieder flackerte der Bildschirm meines Handys auf und ich hätte wetten können, dass es entschuldigungs- SMS von Leo waren, die mir aber im Moment auch egal waren, daher schmiss ich mein Handy fluchend in die Dunkelheit meines Zimmers.
Seit er nach Hannover gezogen war, war es zwischen uns einfach nicht mehr so wie vorher. Wir waren beste Freunde, zumindest hatte ich das immer geglaubt. Ich hatte mit ihm über alles reden können, und ich hatte immer Geborgenheit bei ihm gefunden, wenn meine Familie mal wieder nur Kälte ausstrahlte.Ich hatte immer gedacht, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte aber anscheinend stimmte das nicht. Nicht mehr. Natürlich haben auch wir uns auch mal gestritten, aber nichts wirklich gravierendes.
Aber in der letzten Zeit hat sich einiges Verändert. Ich hab das Gefühl, dass wir uns auseinanderleben. Wir hatten immer weniger Kontakt. Ich musste ihm bestimmt zehn SMS schicken bis ich eine Antwort erhielt. Telefoniert haben wir erst recht nicht, dafür war er zu beschäftigt.
„Ich werde dich nie vergessen !“, dass hatte er gesagt, dabei hat er mich schon längst ersetzt.
Ich schluchzte. Leise, um diejenigen, die noch schliefen nicht auch noch zu wecken, aber auch, weil ich keine Lust hatte, dass meine Mutter wieder Super-Mutti spielte und meinte all meine Probleme just in diesem Moment mit mir zu besprechen.
