Mit zittrigen Händen hielt ich den Brief in den Händen. Auch wenn ich nicht wollte ich musste ihn lesen, dass war ich ihr schuldig. Ich hatte mich nie bei ihr gemeldet. Einfach weil ich wusste, dass ich sofort zu ihr zurück gehen würde und damit würde ich sie mehr enttäuschen, als wenn ich hier bliebe.
Noch einmal atmete ich tief ein und öffnete dann in einer schnellen Bewegung den Umschlag der an der einen Ecke schon leicht vergilbt war.
Liebster Mitch,
schweigend sitze ich vor dem noch leeren Blatt Papier. Der Stift ruht in meiner Hand und wartet auf seinen Einsatz, doch mein Kopf ist leer. All die Gedanken die ich gerade noch hatte, die Worte, die ich dir schreiben wollte, sind wie fortgeblasen von der sanften Brise die gerade durch das Zimmer weht und meine Haare tanzen lässt. Sie bringt den Duft der Sonne, wie sie aufs Meer scheint. Das hast du immer geliebt, weißt du ?
Es war egal ob wir stundenlang in dem warmen Sand am Strand lagen, das kühle Wasser um unsere Füße spielend oder ob wir gemeinsam durch die Stadt liefen. Es war egal, denn was wichtig war, war das wir zusammen waren. Gerne erinnere ich mich an den einen Nachmittag am Strand. Die Erinnerung daran zaubert mir immer noch ein Lächeln ins Gesicht. Ich wüsste gerne ob es dir genauso geht ?
Ich vergrub meine Zehen im weichen Sand nur um sie gleich darauf wieder heraus zu ziehen und zu zusehen, wie die feinen Körner zwischen meinen Zehen her rieselten. Plötzlich wurde es dunkel über mir und ich wandte verwundert den Kopf nach oben. Als ich jedoch sah, dass du es warst formte sich ein schüchternes Lächeln dort, wo gerade noch der fragende Ausdruck war. „Woher wusstest du, dass ich hier bin ?“, fragte ich mit einem Lächeln in der Stimme. „Es ist dein Lieblings Ort hier, muss ich dir das etwa erklären ?“, du sahst glücklich aus und nachdem ich schüchtern neben mir in den Sand klopfte setztest du dich neben mich. „Nein musst du nicht. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du dich daran erinnerst !“, lächelnd sah ich auf das Wasser in wessen Oberfläche sich einzelne Sonnenstrahlen brachen. „Manchmal komme ich hierher. Obwohl man denkt Australien ist eine riesige Insel abgeschieden von dem Rest der Welt kann es doch sehr laut und stressig werden. Dann bin hier. Ich weiß auch nicht warum, aber hier fällt es mir leichter alle meine Sorgen aus zu blenden. Bis jetzt bin ich noch nie jemandem begegnet. Wieso bist du also hier ?“, rezitiertest du mich und sahst endlich auf. Unsere Blicke trafen sich und einen Moment verharrte wir in dieser Position. „Lächelnd deutetest du auf den Fußball, den du dir unter den Arm geklemmt hattest und sagtest „Meine Eltern wollen nicht das ich übe. Nachdem sie meinen letzten geheimen Trainings Ort ausfindig gemacht hatten , brauchte ich einen neuen. Dachte hier werden sie mich nicht finden !““, imitierte ich deine tiefen Stimme und wir brachen beide in ein lautes Lachen aus. Die ersten roten Strahlen brachen sich am Horizont. Die Sonne würde bald untergehen. Lachend sprang ich auf und lief auf das Wasser zu. Grinsend beobachtete ich wie sich kleine Wellen an meinen Füßen brachen. Du liefst hinter mir und zogst mich mit ins Wasser. Leider warst du stärker als ich und ich daher am Ende vollkommen nass. Dennoch selig lächelnd lehnte ich schließlich gegen deine Brust. Die Sonne war nur noch halb am Horizont und als ich schließlich aufsah war dein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich spürte deinen kühlen Atem auf meinem Lippen und streckte mich dir entgegen. Du hobst mich hoch und ich quiekte kurz auf bevor sich unser Lippen berührten. „Ich liebe dich, Miriyan !“, flüstertest du neben meinem Ohr. Und ich dachte es würde ewig halten.
Kein Jahr danach wurdest du von den Talentscouts entdeckt. Stets sagtest du mit uns beiden, dass würde ewig halten und ich wollte glauben das du Recht hast. Doch wir sahen uns immer seltener und bald gehörte der Strand nur noch mir. Nachdem du gegangen bist war ich nicht mehr so oft da. Es erinnert mich zu sehr an dich, und die Erinnerung schmerzt.
Denkst du manchmal noch an mich ? Weißt du überhaupt noch das ich existiere ?
Ich weiß, dass es nicht mehr lange dauern kann. Vor einer Stunde übersah ich eine Schar von Irukandjis (giftige Quallen). Normalerweise nicht tödlich, wenn man nur von einer berührt wird. Da ich aber nahezu zehn berührt habe....auch wenn die Ärzte drum herum reden...ich weiß, dass ich sterben werde, Mitch ! Ich wünschte ich hätte die Chance gehabt nur noch einmal in dein Gesicht zu sehen, nur noch einmal deine Stimme zu hören, nur noch einmal deine Lippen auf meinen zu spüren. Doch die Gewissheit, dass das nicht passieren wird lässt alles schwinden. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich damals mit dir gegangen wäre, aber anscheinend war das alles nie für mich bestimmt.
Ich hab Angst, Mitch. Angst vor dem Tod, obwohl ich nichts zu verlieren habe. Wie gerne würde ich deine Hand halten, deinen beruhigenden Atem hören und dich noch einmal sagen hören, dass alles gut wird. Aber irgendwie muss es auch so gehen.
Ich weiß das ich schon lange nicht mehr die Frau deiner Träume bin. Bitte Mitch, werde glücklich mit ihr. Und vor allen Dingen lass sie nicht so allein, wie du es mit mir getan hast. Im Nachhinein weise ich dir in keinster Weise Schuld zu. Bitte denk nicht das es irgend etwas geändert hätte wärst du hier geblieben. Werd...einfach glücklich.
Ich habe meinen Eltern gesagt, dass ich zum Strand gehe. Noch ein letztes Mal an meinen Lieblings Ort. Ob ich wohl den Sonnen Untergang noch sehen werde ?
Mein Name ist Miriyan und wenn du dich nicht an mich erinnerst, dann wird es bald keiner mehr tun.
Mit dem Daumen berührte ich sanft die verwischte Tinte. Es war als hoffte ich sie dadurch in irgend einer Weise berühren zu können. So vieles was ich ihr noch sagen wollte. Denn eine Sache hatte sie nicht bedacht. Es war nie der Geruch der Sonne auf dem Meer gewesen, den ich geliebt hatte. Sie war es gewesen, die ganze Zeit über ! Ich denke immer an sie und manchmal denke ich, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe hierher zu kommen.
Kleine Tränen fallen auf das Papier und gesellen sich zu den eingetrockneten. Anscheinend hat sie geweint während sie den Brief geschrieben hat. Wütend schlug ich mit der Faust auf den Tisch. Riahannon umarmte mich von hinten. Sie sagte nichts, wusste sie die ganze Zeit das sie mein Herz mit einer anderen teilen musste. Und dieser Teil würde für immer schlagen. Selbst wenn Miriyan tot war. Allein das Wort zu denken, löste in mir einen solchen Schmerz aus, das ich laut aufschluchzte. Ich weiß nicht wie lang ich weinte, aber irgendwann sah ich wie am Horizont die Farben verschwammen und die Sonne nur noch halb da stand.
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Erst einmal frohe Ostern ! ❤ Ich hoffe euch gefällt der One Shot und ich fände es schön wenn ihr ein kommi mit eurer Meinung da lasst, weil es wirklich das Erste ist, was ich geschrieben habe, das kein Happy End hat :)
Auf meinem Profil steht ab jetzt übrigens die Warteliste der One Shots. Nur kann ich die nicht immer nach der Reihenfolge schreiben, weil mir manchmal einfach die Ideen für den ein oder Anderen Text fehlen :)
~ Ella ❤
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