Luft? Wo war Luft?

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Hatte ich das eben wirklich gesagt? Mir war doch wirklich nicht mehr zu helfen. Ich sah ihm immer noch in die Augen. Die Unterhaltung wurde immer besser, je länger ich mit ihm in einem Raum war. Das würde niemals gut gehen. Niemals.
Nervös blickte ich dann kurz zu Boden.
„Das war nur Spaß. Also.. wie wär’s mit einem Essen?“ versuchte ich das Gespräch abzulenken. Peter hatte sich wieder gefangen. Sein Gesichtsausdruck deutete jedenfalls darauf hin. Seine Augen funkelten und ein grinsen entstand.
„Nein, ihr vorheriges Angebot zählt. Oder wollen Sie kneifen?“
Jetzt wurde mir eindeutig mulmig in der Magengegend. Scheiße, was mach ich denn jetzt. Ich hatte mir natürlich selbst ein Bein gestellt. Nicht nur ein Bein, sondern eine große Bauchlandung in die größte Blamage meines Lebens.
„Ich kneife nie.“ natürlich Tanja, spucke noch große Töne. Sein grinsen wurde breiter und mir wurde schlecht. Er konnte meinen Herzschlag hören, nur wusste ich das nicht. Noch nicht.
Peter trat auf mich zu und ich schluckte. Warum konnte ich nie meine Klappe halten? Ich sah ihn an und er kam immer dichter auf mich zu, bis er direkt vor mir stand. Ob es noch einige Zentimeter  waren oder Millimeter wusste ich gar nicht. Er beugte sich zu mir vor und ich dachte ich sterbe. Wieso eigentlich? Ich tat ja gerade so, als wäre ich 15 und würde meinem ersten Schwarm gegenübertreten. So gut sah er nun auch wieder nicht aus. Mein Herz schlug schneller und presste sich regelrecht gegen meinen Brustkorb. Mist verdammter. Du blöder Kerl hör auf damit. Mama Hilfe. Natürlich jetzt nach Mama schreien aber vorher die Klappe soweit aufreißen, dass ich locker den St. Andreasgraben verschlucken könnte. War ja wieder sehr originell gewesen. Klatsch mal in die  Hände.

Er schob mich leicht gegen einen Schrank und löste seinen Blick überhaupt nicht. Sein Gesicht kam meinem langsam näher. Eigentlich viel zu nah. Ich war so geschockt in dem Moment, dass ich gar nicht reagieren konnte. Vielleicht war ich auch zu fasziniert gewesen? Ich hoffe doch nicht.
Bevor er mir mit seinem Gesicht zu nah kam drehte er etwas ab und mit mal spürte ich seine Wange leicht an meiner und ich roch sein Aftershave. Das war gemein. Viel zu gemein für meine viel zu schwachen Nerven.
„Das hoffe ich doch. Und Sie haben verloren. Eindeutig besiegt.“ er stellte sich wieder in eine normale Position vor mich hin und nahm etwas Abstand. Luft. Wo war Luft? Ich hatte das Atmen vergessen. Macht ja nichts, der Hirntod dauerte ja noch etwas länger.
Ich sah ihn verwirrt und geschlagen an. Wie hatte er das denn gemacht. Ich war völlig aus dem Konzept gewesen. Das war gemein. Er grinste und ging an mir vorbei und ich stand da wie bestellt und nicht abgeholt.
Ich holte wieder Luft und hatte das Gefühl, ich würde jedem Lebewesen das Leben entziehen.
„Keine Sorge, ich tu Ihnen nichts. Sie können wieder atmen und Ihren Puls runter fahren. Den Kühlschrank können Sie auch einräumen. Ich konnte doch zaubern.“ grinste er mich an und war wohl sichtlich amüsiert über meinen momentanen Zustand.
Ich sah ihn an und war erleichtert, aber irgendwo enttäuscht. Ich war wirklich nicht normal gewesen. Ich räumte die Sachen ein und der Kaffee meldete sich zu Wort, dass er in wenigen Minuten bereit wäre getrunken zu werden.
Ich glaube über dieses Ereignis würde ich die nächsten 500 Jahre, sprich 5 Wiedergeburten nicht verkraften. Sehr gut gemacht Mr. Hale. Wirklich sehr gut. Vielen Dank für die ewige Verdammnis.

Wenn er wüsste, was das für ein Chaos in mir ausgelöst hatte. Die Stille war bedrückend gewesen. Ich bin mit Sicherheit zu weit gegangen, oder er? Ich wusste es nicht mehr so genau. Spiele das überhaupt eine Rolle? Als ich kurz zu Peter Hale sah, saß er auf dem Stuhl und sah mir gespannt dabei zu, wie ich die Sachen wegpackte. Er lächelte sogar, als ich ihn ansah. Ich erwiderte es kurz und räumte dann den Rest weg. Der Kaffee war auch fertig. Ich holte also zwei Tassen aus dem Schrank, nachdem ich sie auch noch suchen musste und machte die beiden Tassen fertig. „Milch? Zucker?“ fragte ich ihn nur knapp. „Mit Milch bitte.“ antwortete er genauso. Super, wieso trank er sein Kaffee wie meinen. Ich hasste es, wenn ich Verbindungen bemerkte.

Ich stellte ihm die Tasse mit Milch auf den Tisch und setzte mich ihm gegenüber und zog die Akten zu mir. Er musste nun nicht alles wissen.
„Sie haben es hier aber echt schön.“ sagte er bevor er den Kaffee probierte. „Und der Kaffee ist Ihnen auch gelungen.“ setzte er hinterher.
„Danke. Ich habe es nur geerbt und bin seit heute erst hier. Freut mich, wenn Ihnen der Kaffee schmeckt.“ antwortete ich ihm, sah aber nicht auf, weil ich mir die erste Akte von meinem Onkel geschnappt hatte und gerade aufgeschlagen hatte.

„Ach Sie sind erst ab heute hier. Ich dachte schon ein paar Tage. Aber wegen eben, das war wirklich nur Spaß, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“ sagte er zu mir und ich sah ihn an und lächelte. „Schon gut, ich habe es schon wieder vergessen. Nein, erst seit heute. Und schon versinke ich im Chaos.“ scherzte ich und Rambo kam in die Küche. Dieser Kater war seltsam. Er ging auf den Fremden zu, schnupperte und statt sein Fell aufzustellen und zu fauchen, schmiegte er sich an ihn ran und sprang auf den Tisch um dort gleich weiter gestreichelt zu werden.

Er war etwas überrascht und sah den Kater an, der ihm durch sein Gesicht streifte und schnurrte.
„Es scheint, mein Mann mag Sie.“ grinste ich und Peter sah mich leicht irritiert an.
„Och, Sie hätten mir sagen können, dass Sie vergeben sind und hexen können.“ grinste er mich an und ich musste ebenfalls leicht grinsen.
„Ja schön wär’s. Nein, er ist von meiner Tante mit geerbt. Er gehört zum Inventar.“


„Ah gut zu wissen. Sie haben also keinen Freund? Mann? Kinder?“ fragte er mich und ich brauchte einen Moment um ihm zu antworten. „Würde ich sonst mit Ihnen hier alleine sitzen?“
„Das kann ich nicht beurteilen. Würden Sie denn?“
„Das kann ich schlecht beurteilen, denn ich habe keinen. Wenn es soweit ist, lasse ich es Sie wissen.“ ich grinste ihn dabei frech an und ich war der Meinung, irgendwas in seinen Augen wahr nehmen zu können. Aber das lag wahrscheinlich eher an meiner ausgeprägten Macke.
Was mir allerdings überhaupt nicht gefiel war, dass ich den noch nahezu Fremden beim Kaffee trinken zusah und wie er mit Rambo kuschelte. Die beiden schienen sich ja blendend zu verstehen.
Nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, erhob er sich und lächelte mich an. Natürlich musste ich aufsehen, wer weiß, was er dieses Mal vor hatte.
„Ich bedanke mich für den Kaffee. Ich muss Sie jetzt leider verlassen. Auch wenn Sie gleich weinen werden, aber ich muss. Vielen Dank noch mal.“
Er grinste mich an und ich sah gerade aus wie eine Kuh beim Gras kauen. „Ähm. Ja, Bitte, gern. Und das andere werde ich wohl zu Ihrer Unzufriedenheit nicht tun. Dafür nicht, Sie haben ja schließlich auch meinen Fahrer gespielt. Ein bisschen dankbar bin ich ja schon, so ist es ja nicht.“
Ich lächelte ihn an und er lachte kurz und streichelte Rambo zum Abschied noch mal über den Kopf.
„Na dann, werde ich wohl enttäuscht sein. Habe ich gern gemacht. Dann lassen Sie sich nicht weiter stören. Sie können ruhig sitzen bleiben, ich finde allein raus. Bis zum nächsten Mal.“
Während er sprach, überkam mich auf einmal ein schlechtes Gewissen. Ich wollte aufstehen, aber er wollte nicht. Gut. Er mochte wohl keine Verabschiedungen, aber immerhin bekam mein neuer Kater mehr Streicheleinheiten als ich. Ich lächelte ihn also an und nickte. „Okay, wie Sie meinen. Na dann hoffe ich mal, dass Sie nicht all zulange unter dieser Trauer leiden müssen. Sie werden sich noch daran gewöhnen. Dann machen Sie es gut. Bis zum nächsten Mal.“

Er lächelte, hob kurz die Hand für den Abschiedsgruß und verschwand aus der Küche und nach einem weiteren kurzen Moment aus dem Haus.
Die Tür ging leise zu und kurz darauf hörte ich den Wagen.
Nun war wieder Ruhe. Rambo hatte sich auf die Fensterbank gesetzt und traurig seinen neuen Freund nachgesehen und ich saß immer noch am Tisch und starrte auf die Akten.
Ich ertappte mich leider dabei, dass ich selbst kurz davor war mich ans Fenster zu schleichen und zu gucken, aber es kostete wirklich Kraft, dies nicht zu tun. Wer bitte sind wir denn, dass wir so was machen? Die Zeiten waren doch vorbei oder? Oder? Oh je. Ich glaube, die Zeiten würden wohl nie zu Ende gehen, es sei denn, ich sitze klapprig im Altenheim und die Hände waren am Bett gefesselt, weil ich sonst wie eine Irre, alle Bewohner zusammenscheißen würde. Oh Gott, bloß nicht alt werden, nicht mal dran denken. 

Teen Wolf - Stirb an einem anderen TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt