Kapitel 28

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Manuel

Ich ließ Micha, ohne noch ein weiteres Wort an ihn zu richten, im Schlafzimmer stehen und ging in mein Aufnahmezimmer. Seine Nähe ließ mich schwach werden und das durfte ich nicht zulassen. Ich durfte keine Gefühle durchsickern lassen. Ich musste meine Barrieren aufrecht erhalten. Ich musste all die Gefühle und unguten Gedanken einmauern. Ich atmete tief durch und schob alles wieder weiter zurück.

Langsam schritt ich zu meinem Schreibtisch und setzte mich auf meine Stuhl. Ich startete den Computer und wartete, bis er hoch gefahren war. Dann fing ich an das Video, das ich für heute vorbereitet hatte, zu bearbeiten. Nachdem ich damit fertig war, machte ich mich daran es hochzuladen. Damit war auch schon alles, was ich noch zu tun hatte, erledigt. Somit musste ich wohl oder übel wieder zurück zu Micha gehen. Seufzend hiefte ich von meinem Stuhl hoch und verließ den Raum wieder.

Dann stand ich dort, vor der Tür zu meinem Schlafzimmer. Der Tür, hinter der Micha sich befand. Meine Hand umfasste die kühle, metallene Klinke. Doch ich konnte sie nicht herunter drücken. Im Hinterkopf hatte ich immer noch diese Gedanken und Gefühle. Sie versuchten die Barrieren zu durchbrechen, doch das durfte ich nicht zulassen. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich, ich musste meine Barrieren aufrecht erhalten.

Ich atmete tief durch und als ich meine Augen wieder öffnete war die Kälte zurück und alles andere hinter den Mauern verschlossen. So war ich gewappnet den Raum wieder zu betreten. Ich betrat das Schlafzimmer und sah mich nach Micha um. Er lag auf meinem Bett, seine Arme lagen übereinander gelegt auf seinem Bauch und starrte still schweigend an die Decke. Er regte sich kein bisschen, als ich in den Raum trat. Ich konnte nicht sagen, ob er mich nicht gehört hatte oder ob er nur nicht auf mich reagieren wollte.

Vorsichtig schritt ich näher an ihn heran und betrachtete ihn mit unsicherem Blick. Dann sah ich, dass er weinte und konnte nicht verhindern, dass Sorge in mir aufkam. Diese eine Emotion hatte es geschafft dem Gefängnis zu entkommen. Sein Anblick hatte die Mauern schwach werden lassen. Ich war unsicher, wusste nicht was ich tun sollte. Wieso weinte er? War es wegen mir? War ich zu kalt, zu gemein zu ihm gewesen? Oder war es wegen Chessie? War er wegen der Trennung doch trauriger als er zugab?

Langsam ließ ich mich neben ihm auf dem Bett nieder und sah ihn weiter an. Vorsichtig griff ich nach seiner Hand und legte sanft die meine auf seine. Dann fragte ich leise "Was ist los?" Er drehte seinen Kopf zu mir uns sah mich mit einem schmerzerfüllten Blick an, der meinem Herz einen Stich versetzte. All die Gefühle für ihn versuchten sich wieder in den Vordergrund zu drängen, doch ich durfte es nicht zulassen, durfte nicht schwach werden. Ich musste stark sein, für ihn. Ich durfte die Mauern nicht brechen lassen.

》Thoughts《  Zomger Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt