ZWEI

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Endlich ausgeschlafen, stand ich auf, streckte mich und nahm die Ohrstöpsel aus meinen Ohren. Langsam tapste ich mich aus meinem Bett, machte es und ging noch einmal duschen. Eine heiße Dusche und meine Muskeln entspannten sich, doch meine Gedanken gewannen an überhand und schon dachte ich wieder an gestern Nacht.

Nach der ausgiebigen Dusche, trocknete ich meine Haare, zog mich an und setzte mich zusammengekauert auf mein Bett. „Mach auf.", hörte ich die Stimme meiner Schwiegermutter. Ich versuchte sie zu ignorieren und drückte meine Hände gegen meine Ohren. „Mach auf du Nichtsnutz. Ich weiß wirklich nicht wieso dich mein Sohn nur geheiratet hat.", ich weiß auch nicht wieso ich ihn geheiratet habe. Ich atmete tief ein und aus und ignorierte meine Schwiegermutter weiterhin gekonnt, bis ich erneut in einen traumlosen schlaf fiel.

„Du sollst eine Frau sein. Was bist du nur für ein unerzogenes Stück Dreck?", schrie jemand von draußen und ich wusste genau wer es war. Schnell stand ich auf und öffnete die Tür. Er kam wie wahnsinnig ins Zimmer gestürzt und schubste mich rein. Anschließend schloss er die Tür hinter sich zu und zerrte mich an meinen Haaren wieder hoch. „Fatih lass mich.", ich sah ihn schon mit Tränen gefüllten Augen an und betete inständig, dass er mich losließ, doch das Gegenteil war der Fall. Er sah mir erst in die Augen und schubste mich erneut auf den Boden. Ein Tritt verpasste er gegen meinen Magen, den anderen gegen meinen Rückten. „Fatih bitte hör auf.", doch er überhörte mich. „Woher nimmst du dir das Recht, dich in dein Zimmer zu sperren und nichts zu tun. Meine arme Mutter, wie kannst du sie nur so schlecht behandeln und ihr solche Worte sagen. Was ist eigentlich mit dir los? Ich dachte, dass du wohlerzogen bist. Zwing mich nicht dazu die Ehe zu bereuen.", ich sah ihn entgeistert an und versuchte unter Schmerzen aufzustehen. „Fatih.", vorsichtig nahm ich seine Hand. „Ich habe nichts Falsches gemacht. Nach gestern Abend musst du doch verstehen, dass es mir heute nicht gut geht. Keinen Tag kann ich ausschlafen. Das Essen wird mir verwehrt, sie behandeln mich wie ein Häufchen Elend und du machst es nur noch schlimmer. Wo ist der Fatih in den ich mich verliebt habe? Der verständnisvolle und zuvorkommende Fatih? Früher habe ich nur Liebe in deinen Augen gesehen, doch heute sehe ich Hass. Nichts Anderes als Hass. Was habe ich gemacht, dass ich das von dir aus verdiene?", er war kurz still und entriss seine Hand aus meiner. Seine Hand, die ich zuvor gehalten habe, landete in meinem Gesicht. Entsetzt sah ich Fatih an und konnte nicht fassen, was er mir hier gerade antut.

Ich brach vor ihm zusammen und fiel weinend auf die Knie. „Ich kann nicht mehr. Ich halte das nicht mehr aus.", er kam einige Schritte auf mich zu und kniete sich zu mir. Er umfasste meine Haare und zog meinen Kopf nach hinten. „Vergiss den Ehevertrag nicht, du bist noch ein halbes Jahr an mich gebunden, wenn du es dann noch immer nicht aushältst, dann kannst du dich verpissen. Ist dir das klar?", ich schloss nur meine Augen und ließ weiteren Tränen freien Lauf. Fatih drückte mich weg, sodass ich mich stützen musste. Er verließ das Zimmer und schloss es dann von Außen ab.

Ich weinte wie ein kleines Kind, kauerte mich auf dem Boden zusammen und wartete auf noch mehr Geschrei. Irgendwann riss ich mich zusammen, stand auf und lief ins Badezimmer. Dort angekommen riskierte ich einen Blick in den Spiegel. Meine Augen waren rot umrandet, meine Lippe aufgeplatzt und meine Wange leicht angeschwollen.

In was für einem Leben befinde ich mich gerade. Nie hätte ich mir auch nur erträumen können, dass Fatihs Familie mich so behandeln würde. Und doch unternehme ich nichts. Wie sollte ich denn auch. Ich komme gegen die Familie nicht an. Sie nehmen mich auseinander und saugen das letzte bisschen Kraft, das in mir steckt, aus. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr.

Mit zittrigen Händen, band ich meine Haare zusammen und wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser ab. Dann zog ich mich um und legte mich ins Bett. Ich versuchte abzuschalten, doch es gelang mir nicht. Immer und immer wieder sah ich Fatihs mit Hass gefüllten Augen vor mir. Wann war es nur so weit gekommen, dass er mich nicht mehr mit liebe, sondern nur mit Hass ansieht.

HoffnungsschimmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt