Kapitel 1

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Die Krone wog schwer auf meinem Kopf. Das Korsett zwickte und ich konnte langsam nicht mehr sitzen. Die Äste der Blumenkrone bohrten sich in meine Kopfhaut. Allen sahen mich an. Ich konnte ihre Angst spüren. Sie alle, die eigentlich meine Schwestern, mein Zirkel sein sollten, sie hatten angst vor mir. Ich stand langsam auf, alle erhoben sich mit mir. "Nachdem wir alles besprochen haben, werde ich mich zurück ziehen.", ich sah die Erleichterung auf ihren Gesichtern. "Cailean, Dearbhail, Liosa, ihr begleitet mich bitte. Alle anderen kehren in ihre Städte zurück.", meine Stimme hing wie dicker Nebel in der Luft. Als wir in den Gläsernen Fahrstuhl gingen, atmete ich tief durch. Dann nahm ich die Blumenkrone ab. Ich drehte mich zu meinen Freundinnen und lächelte sie an. "Es ist albern.", sagte ich mit einem Lächeln. "Was denn?", Liosa sah mich mit großen Augen an. "Wir leben im 21sten Jahrhundert und die Oberhexe muss immer noch so eine alberne Krone aufziehen bei jedem Zirkel treffen.", ich begutachtete die dicken, schwarzen Rosen aus denen die Krone bestand. "So will es die Tradition!", antwortete Cailean, pflichtbewusst wie immer. Ich sah aus dem Gläsernen Fahrstuhl hinaus auf die erste Stadt, meine Stadt. Oben angekommen wartete bereits Dorran auf mich. "Wie war die Versammlung?", ich lächelte ihn an. "Alles in Ordnung, nachdem ich Murga und ihre Anhänger ins Exil verbannt habe gehorchen die Hexen des Zirkels nur noch mir.", ich ging an ihm vorbei und legte die Rosenkrone auf ein rotes Samtkissen. Ich öffnete die Tür zum Badezimmer und ließ mir ein Bad ein. "Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie ihre Mutter ins Exil verbannt hat!", ich hatte die Tür hinter mir nicht geschlossen weswegen ich Cailean klar und deutlich hörte. "Murga ist für sie nie eine Mutter gewesen! Sie hat diese Welt in den Abgrund getrieben und Chio ein Scherbenfeld hinterlassen! Ich unterstütze sie, bei allem was sie tut, dass weißt du.", ich konnte den Ernst in Dorrans stimme hören, er runzelte vermutlich die Stirn, denn immer wenn er das tat klang seine Stimme tiefer als sonst. "Du liebst sie immer noch, nicht wahr?", ich spürte ein enge Gefühl auf der Brust. Dorran hatte mir, nachdem Grandach mein Gedächtnis gelöscht hatte, meine Erinnerungen wieder gegeben. Kurz darauf verbannten wir Murga und ihre Anhänger und bauten die Stadt neu auf. Er gestand mir seine Liebe nachdem ich meine Mutter verbannt hatte, doch ich hatte keine Zeit für eine Beziehung. Ich musste ein Reich regieren und quasi von den Grundmauern neu aufbauen. Kurz nachdem ich die erste Stadt fertig gebaut hatte, stellten mir die wichtigeren Hexen aus meinem Zirkel ihre Söhne vor, zur Fortpflanzung. Denn dass war nun das Wichtigste um den Fortbestand meiner Blutlinie zu sichern. Doch bei all dem hatte ich noch keine Zeit um meine Gefühle für Dorran wahrzunehmen und jetzt da ich diese Worte hörte traf es mich wie ein Schlag. Wie ein kräftiger Hieb in den Magen. Ich stand auf und schloss die Tür um nicht noch mehr ihres Gespräches zu belauschen. Das Wasser stieg über die Ränder der Wanne und ein Duft nach Zitronen erfüllte den Raum. Die Schnüre des Korsetts lösten sich nur schwer, ich streifte das schwere Samtkleid von den Schultern und stieg in die mit Schaum bedeckte Wanne. In dem letzten Jahr war viel geschehen. In der Nacht des Blutmondes in der ich mein Gedächtnis wieder erlangt hatte, fand mich Dorran genau in der Lichtung, wo ich zum ersten mal in die magische Welt gekommen war. Er ging mit mir in, ich glaube es war die zehnte Stadt, wir versteckten uns und hielten uns weitgehend in den Schatten auf. 

"Du brauchst einen neuen Namen.", seine Stimme zitterte als wir uns hinter einer alten Plane vor den Suchern der Hexe Murga versteckten. "Du aber auch, du glaubst doch nicht, dass sie einen von uns am Leben lässt, nachdem wir sie in der ersten Stadt besiegt haben.", ich flüsterte unfähig lauter zu sprechen. "Chioraidh, ich muss dir etwas sagen.", ich legte ihm die Hand auf den Mund und zeige auf die Plane. Dahinter stand ein großer Schatten mit langen Armen die in spitzen, krallenartigen Fingern endeten. Der dicke, rabenähnliche Kopf schwang hin und her, er suchte eindeutig etwas, uns. Er fuhr mit einer seiner Pranken an der Plane entlang, das schwere Witch Leather drucke sich nach unten, nah an unsere Köpfe. Auf der anderen Seite der Straße hörte ich einen Knall. Der Sucher riss den Kopf in die Richtung aus der, der Knall kam und rannte dorthin. Ich packte Dorrans Arm und riss in hinter der Plane hervor. Wir rannten die Straße entlang bis wir auf einen Fluss trafen. Am Ufer war ein kleines Boot angelegt, ein Mann inspizierte  gerade den heutigen Fang. Seine klobigen Hände ruckelten an den Netzen. Ich ging auf ihn zu, im Augenwinkel sah ich Wie der Sucher aus der Straße lief aus der wir gerade kamen. Der Fluss War unsere einzige Chance zu entkommen, denn Sucher können nicht schwimmen. mit ihren vier spinnenartigen Beinen und den langen, dürren Armen konnten sie sich nicht über Wasser halten. Leider hatte ihnen Murga, dass was sie ihnen an Kraft und Ausdauer gegeben hatte an logischem Denken verwehrt. Dorran nahm einen Ast vom Ufer und schlug ihn dem Fischer auf den Schädel, ein dumpfes Geräusch folgte. Der Sucher drehte sofort den Kopf ihn unsere Richtung und lief los. Dorran drückte das schwere Boot ins Wasser und ich stieg ein. Er sprang hinterher und zog an der Zündschnur des Motors. Er heulte zweimal auf und sprang dann knatternd an. Wir fuhren los, der Sucher sprang hinter uns ins Wasser und wedelte mit den Armen während er immer tiefer ins Wasser watete. Nach kurzer Zeit war er nicht mehr zu sehen. Ich weiß nicht wie lang wir so fuhren aber wir verließen die Stadt. "Was wolltest du mir vorhin sagen Dorran?", ich erinnerte mich an seine Worte er wollte mir etwas wichtiges sagen, doch ich hatte ihm nicht zugehört. "Nicht so wichtig...", er Blicke zu Boden. "Sag mal wo ist eigentlich Liana?", fragte er dann um vom eigentlichen Thema abzulenken. Ich stieg darauf ein, da ihm das andere Thema sichtlich unangenehm zu sein schien. "Sie müsste hier irgendwo im Wald herumfliegen.", ich sah zum Himmel empor und tatsächlich schwebte dort meine kleine, schwarze Rußeule. Ich pfiff kurz und sie setzte zum sink Flug ein. "Du denkst doch nicht, dass ich dich mit so einem Typen alleine lasse!", ihre helle Stimme erklang in meinem Kopf. "Sei nicht so fies, er kann nichts dafür wie er aussieht.", sagte ich und musste kichern. "Er, legt jetzt hier an und schlägt ein Nachtlager auf. ", an seiner Stimme merkte ich, dass Dorran den Witz verstanden hatte obwohl er Liana nicht hören konnte und dass er mir nicht sauer war.  Wir legten an und stiegen vom Boot. Dann ging Dorran zielstrebig in den Wald. "Wir wollen ihm doch nicht etwa folgen, oder?", Lianas Stimme klang ängstlich. "Doch, genau dass werden wir tun.", sagte ich und stapfte Dorran hinterher in den mittlerweile dunklen Wald. Das wandern durch den Wald weckte Erinnerungen an das erste Mal als ich in die magische Welt kam. Wir liefen etwa 20 Minuten bis wir zu einer kleinen Lichtung kamen. Dorran hatte bereits einen kleinen Haufen mir Steinen gebildet und war nun im Begriff auf einen Baum zu klettern an dem etwas hing, das wie Obst aussah. Ich baute aus dem Holz einen kleinen Scheit. Ich griff nach zwei Steinen und schlug sie gegeneinander, bis Funken sprangen. Ich riss etwas vertrocknetes Gras aus dem Boden und zündete das Feuer an. "Das machst du gut.", sagte Dorran lächelnd. Ich schlug ihm gegen sein Bein. Dieser Idiot. Er hielt mir etwas hin, was wie eine Mischung aus Apfel und Weintraube aussah. Ich beäugte es kurz und steckte es mir dann in den Mund. In der Not frisst der Teufel und so weiter... Es dauerte nicht lange bis ich eingeschlafen war. Ich träumte von dem Kampf gegen Murga und von meiner Mutter und Schwester. Als ich aufwachte war es bereits hell. Dorran war weg vermutlich auf der Suche nach etwas zu essen.
Die nächsten Wochen versteckten wir uns weiterhin im Wald und Dorran brachte mir alles bei um eine gute und vor allem gerechte Hexe zu sein. Er erzählte mir, dass nur Murga von der Urhexe abstamme und ich deshalb unweigerlich von ihr. Zuerst weigerte ich mich das Wahr zu haben, doch irgendwann sah ich es ein. Ich begegnete ihr erneut und stellte sie zur Rede, ob sie wisse meine Mutter zu sein. Sie lachte nur und wir kämpften. Dank der neuen Techniken, die Dorran mir gezeigt hatte besiegte ich sie und schickte sie in eine Zeitschleife in der Wüste der magischen Welt. Ihr müsst wissen, überall wo ein Seelentier stirbt entsteht so eine Schleife, es sei denn der Besitzer stirbt vor dem Tier. Wenn jedoch das Tier allein stirbt wieder holen sich die letzten 12 Stunden immer wieder. Wenn man nun diese Schleife durch einen mächtigen Zauber öffnet und eine Hexe darin einsperrt gibt es für sie kein entkommen. Und so endet die Geschichte von der großen Hexe Murga. Der Zirkel bekam dies schnell mit und setzte mich nun an den platz der ersten Hexe. Ich entfernte alle von Murgas Schleimern und Anhängern und ersetzte sie durch Leute denen ich vertraue. Liosa, Cailean und Dearbhail. Ich würde ihnen alles anvertrauen sogar mein Leben.

Ich pfiff kurz und laut. Ich hörte wie sich die Tür einen Spalt breit öffnete und Liosa lugte herein. "Was ist?", fragte sie und sah mich an. "Mach nur kurz den Weg frei.", sagte ich lächelnd und hob die Hand. Als Liosa aus der Tür trat kam auch schon Liana angeschossen und setzte sich auf meine Hand. "Hab ich dir eigentlich schon mal gesagt wie wunderschön Liana ist?", fragte Liosa, sie hatte ihren Kopf an den Türrahmen gelehnt. Ich lächelte nur. Liana plusterte sich auf und zeigte ihr prächtiges Gefieder. Wir lachten gleichzeitig los. Liana sah mich böse an. "Das ist nicht lustig!".

Hexen- Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt