Kapitel 2

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Liana saß auf dem Rand des Waschbeckens und lies sich das Wasser übers Gefieder laufen. Ich stand langsam auf und duschte den Schaum von meiner Haut. Ich streifte mir einen schweren Bademantel über und ging aus dem Bad. Die Tür machte kein Geräusch als ich sie öffnete und dass war auch gut so. Dorran saß auf einem Stuhl neben der Tür und schlief. "Sein Schnarchen lässt ja gleich das ganze Haus einstürzen!", sagte Liana laut und folgte mir aus dem Bad. Ich ging durch den Flur, zu meiner Linken das große Fensterband durch das ich auf meine Stadt hinabblicken konnte. Zu meiner Rechten war die ganze Wand mit Spiegel behangen in denen sich die Lichter der Stadt spiegelten. Es wirkte als hätte der Raum gar keine Wände. Ich ging in mein Schlafzimmer. Ein riesiges Bett war so ziemlich das einzige was sich in diesem Raum befand. Ich ging durch eine Tür in mein Ankleidezimmer und zog den Bademantel aus. 

In der folgenden Nacht schlief ich nicht gut. Ich wälzte mich in den Laken hin und her und fand einfach keine Ruhe. Dorran musste von meiner Unruhe aufgewachte sein und stand nun in der Tür. "Na? Kannst du nicht schlafen?", fragte er mit einem verschlafenen Grinsen. Mit meinen müden Augen versuchte ich ihn böse anzuschauen, dies gelang mir jedoch offensichtlich nicht, da Dorran laut anfing zu lachen. Mit dem zucken eines Finger ließ ich Dorran von einem kleinen Windstoß treffen so das er ins wanken kam. Sofort verstummte sein Lachen und er ging ein paar Schritte auf mich zu. Er hatte die Stirn gerunzelt und funkelte mich mit seinen grünen Augen an. Nur von den Lichtern der Stadt beleuchtet konnte er einem wirklich Angst einjagen. "Komm her.", ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass er mir einen Schrecken eingejagt hatte. "Ich habe so ein großes Bett, da können wir beide drin schlafen. Du brauchst nicht auf dem Stuhl im Flur zu bleiben.", seine ernste Miene veränderte sich schlagartig und er machte große Augen. Dann wurde er rot und blickte zu Boden. "Denkst du nicht es wird Gerüchte geben?", fragte er leise. Seine Stimme war wie ein kleiner Windhauch, kaum wahrzunehmen. "Wir haben früher auch in einem Bett geschlafen, außerdem seit wann interessiert es dich was die Leute sagen?", Dorran hatte sich noch nie um so etwas wie Tratsch gekümmert. "Es ist mir auch egal was die Leute über mich erzählen.", seine Stimme klang fest und sicher wie ein Fels in der Brandung. "Es ist mir nur nicht egal was sie über dich erzählen.", er blickte wieder zu Boden. Dorran machte sich offensichtlich Sorgen um mich, oder vielleicht auch nur über meine neue Stelle. Wer weiß. Ich zog die Bettdecke ein Stück zur Seite und bedeutete ihm, er solle sich hinlegen. Nach kurzen Zögern atmete er geräuschvoll aus und kam dann ins Bett. Den Rest der Nacht schlief ich ohne erneut aufzuwachen.  
Ein warmer, erdigen Geruch holte mich aus dem Schlaf. Ich öffnete die Augen. Geblendet von dem Licht der Sonne musste ich blinzeln. Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten sah ich Dorran der gerade den Raum betrat. Auf einem Tablet hatte er zwei Tassen und etwas dass wie ein Teller mit Eiern und Speck aussah. "Kaffee?", er lächelte und reichte mir eine der Tassen. "Hast du Hunger?", er grid nach der Gabel und stach ein Stück Speck auf, um es mir dann in den Mund zu schieben. Sein lachen erfüllte den Raum als er mir zusah wie ich mit vollem Mund zu protestieren versuchte. Was wenn uns jemand sah, doch Dorran schien dass egal zu sein. Als er die Gabel erneut zu meinem Mund führte und mich füttern wollte. Mein lachen verlangt und ich stand aus dem Bett auf. "Du solltest runter gehen und das Auto fertig machen.", meine ernste Stimme ließ Dorran zucken. Er stand ohne ein weiteres Wort auf, sein ernster Blick ließ mir Schauer über den Rücken laufen. Wieso verstand er nicht, dass wir nicht mehr so rum albern konnten wie damals in der Schule? Ich mochte ihn, doch ich hatte nun einen Ruf zu verlieren. Wenn ich nur ein Zeichen von Schwäche zeigen würde, würden die Hexe, die nicht so treu waren wie Liosa, Cailean und Dearbhail, versuchen mich zu stürzen und die Macht an sich zu reißen. Dorran hatte den Raum bereits verlassen und war nach unten unterwegs. Ich hörte das surren des Gegengewichts des Aufzuges. Ich ging in mein Ankleidezimmer und zog eine Hose aus Witch leather, eine Bluse und Stiefel an. Ich Band mir die Haare zu einem Pferdeschwanz und verließ die Wohnung.
Ein großer schwarzer Wagen parkte vor der Eingangstür. Dorran saß am Steuer, ich öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Als wir durch die Stadt fuhren sah ich wie die Leute durch die Straßen liefen. Je weiter wir uns von dem gläsernen Turm entfernten umso elender schienen die Verhältnisse zu werden. "Wo willst du heute hin?", Dorrans kalte Stimme ließ mich zusammen fahren. Ich blickte aus dem Fenster und sah einen alten Mann, der in eine löchrige Decke gehüllt auf dem Boden saß. "Lass mich hier raus. Ich möchte laufen.", der Wagen wurde langsamer und wir parkten in einer Seitenstraße. Ich ging schnellen Schrittes auf den alten Mann zu, Dorran folgte mir unauffällig. In meiner Tasche hatte ich immer meine Grundausrüstung, ein paar Samen, ein paar Stücke Eisen und andere Mineralien. Ich holte eines der Eisenstücke aus der Tasche und formte es zu einem kleinen Topf. Dorran sah sich um, dass uns auch keiner sah. Dann nahm ich einen der Samen, legte ihn in den Topf und streute ein paar der Mineralien darauf. Dearbhail hatte mir ein paar Tricks gezeigt mit denen ich Pflanzen wachsen lassen könnte und genau dass tat ich nun. Ein kleiner Baum mit Äpfel wuchs aus dem Samen empor. Ich ging noch ein Stück näher zu dem alten Mann und gab ihm das kleine Bäumchen. "Vielen Dank.", sagte er ehrfürchtig und sah zu Boden. "Dass ist ein magischer Apfelbaum. Jeden Tag werden neue Äpfel an seinen Zweigen hängen, so dass du nicht mehr hungern musst.", ich lächelte ihn an, doch er starrte weiter zu Boden. Ich konnte seine Angst in meinen Knochen spüren. Ich wusste, dass Hexen und Zauberer nicht besonders beliebt waren, aber dass die Leute solche Angst hatten wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich ging ein Stück die Straße entlang. Zwischen den alten vermoderten Häuser sah ich immer wieder die Steinmauer aufblitzen, die, die Stadt beschützte.  "Die Hunde sind wieder vor den Stadtmauern und fressen die toten Ratten und was sie sonst noch so erwischen.", ich blickte nach oben und sah wie Liana im Sturzflug auf mich zukam. Immer wenn ich ihre Stimme hörte beruhigte ich mich, doch diesmal nicht. Die Hunde waren ein Problem und ich wusste noch nicht wie ich sie loswerden könnte. Ich hatte bereits mit Cailean und Dearbhail über sinnvolle Lösungen geredet. Dearbhail hatte versucht sie zu zähmen, doch sie waren so aggressiv, dass sie beinahe eine Hand verloren hätte, doch Matt ihre treue Katze beschützte sie. Cailean hatte versucht sie zu verjagen, doch sie kamen immer wieder, angelockt von dem Müll und dem Verwesungsgeruch der Ratten und Essensreste.  Liosa fragten wir erst gar nicht, denn ihre Antwort auf Probleme war immer erstmal etwas in brand zu setzen. Also mussten wir wohl oder übel mit den Hunden leben. Zumindest bis uns eine Idee kommt wie wir sie loswerden. Es hatte den Anschein, als würden de HUnde seit Murga weg ist immer aggressiver. Wenn mir nichts mehr einfallen würde müsste ich wohl eine Hetzjagd starten und das würden sie nicht überleben. Ich drehte mich zu Dorran um. "Ich möchte zurück in den gläsernen Turm.", sagte ich, ein Kloß steckte mir im Hals. "Ich möchte mit den Architekten sprechen.", ich ging an ihm vorbei zurück Richtung Auto. Auf der fahrt zurück beobachtete ich wie die Leute immer aufrechter gingen und wie sich ihre Kleidung veränderte. Je näher wir zu meinem Zuhause kamen desto besser ging es ihnen und es schmerzte mich. Ich ging in den Versammlungsaal, Dorran folgte mir. "Berufe den Zirkel ein, es wird ein paar Änderungen geben.", er nickte und verließ den Raum. Ich sah aus dem Fenster und konnte noch sehen wie er mit seinen dunklen Schwingen hinterm Horizont verschwand. "Du darfst nicht so grob mit ihm sein.", Liana kam in den Raum, sie sah mich mit ihren treuen Augen strafend an. "Ich weiß.", ich blickte weiter zum Horizont. "Er mag dich wirklich. Du musst ihm eine Chance geben sonst ist er weg.", sie war schon immer weise gewesen, doch diese Worte trafen mich tief. Ich hörte mein Herz förmlich brechen als sie diese Worte sagte. Ich konnte nicht mit dem Gedanken leben ohne ihn zu sein. Doch erst einmal musste ich meine Stadt wieder unter kontrolle bringen. Die Situation mit den Hunden hatte Unruhe geschürrt, wenn keiner mehr die Stadt verlassen konnte, würde es bald Aufstände geben.

Hexen- Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt