Kapitel 16

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Meine Suche nach weiteren Verbündeten ist genauso erfolglos, wie der Versuch von Sam und Steve, die letzte Zielerfassungsblade in den Hellicarrier zu bekommen. Bucky scheint noch nicht bei den beiden angekommen zu sein, denn bis jetzt verläuft alles weiter nach Plan. Während ich weiterhin am Boden bin, sind sie auf dem dritten Carrier und schlagen sich durch. Aus Agent Martins Team hat es niemand mehrgeschafft, wie ich bitter feststellen musste, nachdem Bucky in dem Jet verschwunden ist. Egal wie entsetzt oder wütend ich über diese Tatsache sein sollte, irgendetwas hält mich davon ab. Ich kann nicht sauer auf ihn sein. HYDRA hat ihn unter Kontrolle, er kann nichts für seine Taten. Trotzdem ist es mir ein Rätsel, wieso er mich nicht verletzt. Es kann einfach nicht daran liegen, was ich bin. Wäre es so, dann müssten andere Männer sich doch auch so verhalten? Und an einem Befehl dürfte es auch nicht liegen, HYDRA würde mich als „Tochter" von Nick eher tot sehen wollen, als quick lebendig. Aber was ist es dann? Warum kann er mir nichts antun? Schon vom ersten Moment an, weigert er sich beinahe dagegen. Mit Steve konnte er problemlos kämpfen, ihn verletzen – Himmel, er hatte sogar vor ihn umzubringen!
Steve ist sein bester Freund, aber trotzdem versuchte er ihn außer Gefecht zu setzen. Was also hält ihn davon ab, mit mir dasselbe zu tun?
Durch den plötzlichen Aufschrei von Sam, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Mein Blick saust zu ihnen nach oben, auf den Carrier, von welchem Sam gerade mit nur einem Flügel herunterkracht. Panisch suchen meine Augen nach Steve, doch ich kann ihn nirgends entdecken.
„Steve!", schreie ich in den Stecker. Sam rast gefährlich schnell auf mich zu, schafft es aber noch im letzten Moment die Reißleine seines Fallschirmes zu ziehen. Unsanft landet er wenige Meter von mir entfernt am Boden.
„Sam, was ist passiert, was ist mit Steve?" Ich renne schnell auf ihn zu und stütze ihn.
„Bucky", keucht er atemringend „er kam wie aus dem nichts." Mit schmerzenden Knien richtet Sam sich langsam auf.
„Cap, Cap bitte kommen, alles okay?" Ein scherzhaftes Krächzen ertönt in unseren Ohren.
„Ja, ich hör dich Sam, ich bin auf dem Hellicarrier. Wo bist du?" Voller Erleichterung atme ich tief aus. Himmel sei Dank, ich dachte schon...
„Am Boden bei Zoe, der Anzug ist zerstört. Tut mir leid Cap", seufzt Sam enttäuscht.
„Keine Sorge, ich krieg das hin."
„Steve, bitte pass auf dich auf", flehe ich in den Stecker hinein. Wir müssen gewinnen, aber er darf dafür nicht sein Leben lassen, das könnte ich nicht ertragen.
„Mir passiert schon nichts", murmelt er mit belegter Stimme.
„Ich meine es ernst, du hast es versprochen." Winzig kleine Tränen keimen in mir auf und wollen sich an die Oberfläche drängen.
„Wir werden uns wiedersehen, versprochen." Es klingt nur wenig glaubhaft, aber das ist alles, was ich von ihm kriege. Sam legt mir von hinten seine Hand auf den Rücken und streicht mir beruhigend drüber.
„Er wird es schaffen", meint er mit dem Blick nach oben. Als er mich schniefen hört, dreht er mich jedoch zu sich. „Hey, er hat einige Jahrzehnte im Eis überlebt, da wird ihn das hier sicher nicht fertigmachen." Kurz drückt er mich an sich, und wischt mir meine Tränen weg.
„Wenn du Tollpatsch es da unbeschadet herausschaffst, dann er sicher auch", witzelt er gegen meinen Ansatz. Ich kann es nicht verhindern zu lachen.
„Dafür kann ich nichts, das ist angeboren", gebe ich heiter zurück. Sam hat Recht. Wenn ich es schaffe, dann er sicher auch. Schließlich ist Steve ein Muskelberg und zehn Mal so stark wie der beste Bodybuilder.
„Leute, Rumlow geht gerade hoch zum Rat, ihr müsst ihn aufhalten", unterbricht uns Maria.
„Sind unterwegs", antwortet Sam und zieh sich seine Sachen aus. Der Anzug fliegt samt seiner Jacke zu Boden. Griffbereit steckt er sich ein Messer und eine Waffe in die unteren Hosentaschen. Warum habe ich eigentlich nichts? Denken denn wirklich alle, dass magische Augen bei einer Waffe vor der Nase ausreichen? Natürlich bin ich dank ihnen schon ein paar Mal unversehrt davongekommen, aber trotzdem...
Bei dem Gedanken an das Monster in Asgard, läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Ich konnte mich zwar retten, aber ein Messer wäre schon etwas nützlicher gewesen.
„Komm, halten wir den Drecksack auf." Mit einer leichten Bewegung hat sich Sam meine Hand geschnappt und zieht mich mit sich. Unfreiwillig habe ich ihnen von Rumlows kleinem Spiel auf der Rückbank erzählt. Steves Wut dabei, war kaum zu übersehen, so stark wie er seine Wangenknochen hat hervorspringen lassen. Dazu hat er noch seine Hände zu Fäusten geballt und seine Miene dabei stark verdunkelt. Würde es nicht gegen seine Prinzipien sprechen, hätte er sicher damit gedroht ihn umzubringen. Doch er beließ es bei seinem Ausdruck und zwang sich zu anderen Gedanken, allein schon mir zu liebe. Dennoch konnte ich vorhin die Wut erneut in ihm aufkeimen sehen, als Maria andeutete, dass Rumlow ein Problem werden könnte. Nick wollte nicht davor zurückschrecken und gab ihn offiziell zum Abschuss frei. Maria hatte damit ebenfalls keine Schwierigkeiten, nur Sam und Steve wollte nicht spuren. Auf welcher Seite ich stehe, ist mir noch nicht ganz bewusst. Ein Teil von mir drängt mich zur Vernunft und zwingt mich an die Folgen meines schlechten Gewissens zu denken. Doch ein anderer Teil von mir, tief verborgen selbst vor mir, bekommt von der Vorstellung seines Todes nicht genug. Ich versuche zwar mich zurückzuhalten, aber es juckt mich in den Fingerspitzen ihm höchstpersönlich den Gar aus zu machen. Aber mit Sam an meiner Seite ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Er würde mich davon abhalten und auf mich einreden. Wie weit ich genau gehen würde ist mir noch unklar. Es wäre mir ein leichtes Sam zu manipulieren und ihn zum Stillschweigen zu zwingen. Wenn er danach allerdings wieder zu sich kommt, würde er mich vermutlich verachten, genauso wie Steve – dieses Risiko darf ich keinesfalls eingehen.

Die letzte Sirene - The Winter SoldierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt