»Einst waren es fünf Schwestern, die über Parlos herrschten. Sie erhielten den Frieden des Landes und regierten weise und gerecht. Sie hatten ihr jeweiliges Reich und doch regierten sie alle gemeinsam. Sie waren unterteilt in die Herrschaften über die Erde, das Feuer, die Luft, das Wasser und die Herrschaft über das Volk von Parlos. Nach langer Zeit jedoch beschloss eine der Schwestern, dass sie mehr verdient hätte. Sie gab sich nicht zufrieden mit der Herrschaft über das Volk von Parlos. Ihr Name war ... ist Talena. Sie versuchte, sich über ihre anderen Schwestern zu stellen, doch wir wehrten uns. Schließlich zog sie sich zurück, doch wir wussten, es war nicht vorbei. Wir suchten Rat bei unseren Eltern. Dort erfuhren wir von einer Prophezeiung. Sie besagte, dass wir Talena allein nie würden besiegen können. Einzig ein Geschlecht aus ihrem eigenen Volk könne sie vom Thron stürzen und den Krieg beenden. Doch wir wussten nicht, welche Familie es sein würde. Also hatten wir genauso viel gegen sie in der Hand wie vorher. Auf eine unerklärliche Weise erfuhr Talena von der Prophezeiung. Sie tyrannisierte ihr Volk und versuchte, genau wie wir, das Geschlecht zu finden, das sie vernichten könnte. Eines Tages geschah etwas vollkommen Unerwartetes. Talena griff ein kleines Dorf an, nur aus lauter Mordlust. Es hieß Mealis. Doch ein Mann widersetzte sich ihr und seine Familie verteidigte das ganze Dorf allein. Talena bekam Angst, dass sie womöglich den Kampf verlor, da die Prophezeiung eintrat. Damit hatte sie vollkommen recht. Der Mensch konnte sie nicht allein besiegen, aber mit der Hilfe von mir und meinen drei Schwestern schaffte er es, Talena zu verbannen. Er übernahm ihren Thron und vererbte ihn weiter an seine Kinder und diese an ihre Kinder. Bis vor 14 Jahren.«
Ich schluckte. Diese Geschichte war echt heftig. »Lass mich raten, dieser Mann trug den Namen Majoris?«, fragte ich und flüsterte fast. Talaria brauchte nicht zu antworten. Ich wusste es.
»Was passierte vor 14 Jahren?« Ich war gar nicht sicher, ob ich es wissen wollte. Aber es nicht zu wissen, erschien mir als unerträglich.
»Die derzeitigen Regenten bekamen eine Tochter. Die dürftest du kennen.« Sie zwinkerte mir zu.
»Doch zu dem Zeitpunkt regte Talena sich. Sie versuchte, wieder an ihren Thron zu kommen, und das mit allen erdenklichen Mitteln. Der König und die Königin empfanden das Risiko für ihre Tochter, also für dich, als zu gefährlich und gaben dich schweren Herzens an gute Freunde von ihnen. Sie baten um die Hilfe von Amina, um dich in Sicherheit zu bringen. Sie sandte dich und deine neuen Eltern in eine andere Welt, um dich außer Reichweite von Talena zu bringen.«
»Was wurde aus meinen Eltern?« Jetzt sah auch Talaria traurig aus.
»Sie bekämpften Talena tapfer bis zum Ende. Allerdings schadete das nicht nur Talena. Und noch dazu hat sie überlebt. Und jetzt, nach 14 vergangenen Jahren, bist du da. Um Talena vollends in die Verbannung zu schicken.«
Mein Herz zog sich vor Schreck und Angst schmerzhaft zusammen. Ich sollte gegen so jemanden kämpfen und sie besiegen? Meine Eltern waren in diesem Kampf gestorben. Dabei würde ich sterben.
Eine eisige Kälte stieg in mir auf. Vor lauter Panik sah ich kaum noch, was um mich herum geschah.
Mir liefen die Tränen über die Wangen. Irgendwann hörte ich auf zu rennen, keine Ahnung wann ich damit angefangen hatte, und ließ mich fallen. Ich lag auf irgendeinem Boden und weinte still vor mich hin.
»Kathessa.« Eine leise Stimme drang in meine Ohren. Ich rührte mich nicht. Ich hatte nicht die nötige Kraft dazu. Jemand nahm mich in seine Arme und hielt mich einfach fest, als mich weitere kleine Schluchzer schüttelten. Nach einiger Zeit versiegten die Tränen und ich sah nach oben.
Jas hielt mich.
Ich kuschelte mich an seine Brust und merkte, dass ich doch noch ein paar Tränen über hatte.
Es vergingen immer mehr Stunden, bis ich mich wieder beruhigt hatte.
»Jas?«, wisperte ich, heiser von dem vielen Weinen. »Ja?« »Ich will das nicht tun müssen. Warum musste es mich treffen? Ich will nach Hause.« Er drückte mich fest an sich.
»Ich weiß. Dein Vater wollte es auch nicht. Er sagte immer, er könne sich sein Schicksal nicht aussuchen, doch wenn er es gekonnt hätte, dann hätte er auf einer kleinen einsamen Insel gelebt, auf der es ganz viele Kokosnüsse gegeben hätte.« Ich rang mir ein leises Lachen ab.
Jas packte mich energisch an den Schultern und drehte mich, sodass ich ihn ansah. »Hör mal, du kannst dich deinem Schicksal nicht entziehen, aber du kannst das Beste daraus machen.« »Aus meinen vorprogrammierten Tod soll ich das Beste machen? Wie das?«
Er verdrehte die Augen und lächelte. »Ich meinte eigentlich dein Leben. Ich werde dir beistehen, solange du mich brauchst. Und vergiss Kirion nicht. Er wird immer für dich da sein. Du bist nicht allein, verstehst du? Und solange du nicht alleine bist, wirst du gewinnen. Gib nicht auf, nur weil dein Gegner vielleicht stärker ist als du.«
Ich nickte und lächelte ihn an. »Ich werd's versuchen. Aber ich verspreche nichts«, antwortete ich und grinste leicht. Er nickte ebenfalls und half mir auf. »Na los, ich hab gehört Serafina geht es besser.«
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Das Reich der vier Mächte
FantasyParlos, das Reich der vier Mächte, schwebt in immer größerer Gefahr, und Kathessa, wie sollte es anders sein, ist mit seinem Schicksal eng verwoben. Denn Parlos war einmal das Reich der fünf Mächte. Die fünfte Macht hat sich abgewendet und wurde ve...