Das Bett im Proberaum

334 28 14
                                    

"Willst du eine Band mit mir gründen?"

Josh beginnt zu lachen. Verwundert sehe ich ihn an, aber er lacht weiter.
Er lacht so laut, dass uns alle im Cafe genervten Blicke zu werfen, aber es ist ein schönes Lachen.
Ich wusste doch dass es eine dumme Idee ist, ich hätte ihn lieber nicht fragen sollen, jetzt hält er mich für einen kranken Stalker.

"Wie kommst du darauf?" Er lacht immer noch.

"Na ja, heute auf der Bühne, da habe ich gesehen, wie sehr du das Spielen liebst." Ich mache eine kurze Pause.
"Ich hab dir doch erzählt, dass ich aus meiner alten Band aussteigen will."

Josh hat inzwischen einigermaßen aufgehört mit Lachen, "und da dachtest du, frag ich mal den Typ, mit dem ich meinen Verlobten betrüge."

Empört sehe ich ihn an.

"Betrogen habe! Nicht betrüge!"
Wenn er nicht will, dann eben nicht, war eh eine dumme Idee.

Josh sieht mich skeptisch an,"Wie du meinst, dann eben betrogen hast."

Er nimmt einen großen Schluck aus seiner Cola aber lässt mich dabei nicht aus den Augen.
Mir wird ganz heiß. "Und was bedeutet das jetzt?"

Ich trommel nervös mit meinen Finger auf den Tisch.

"Weißt du was?" Josh stellt das Glas zurück auf den Tisch, "Lass es und tun."

"Wie bitte?" Ich reiße meine Augen weit auf.

"Ich meine, lass uns eine Band gründen." Er grinst, weil ihm die doppelte Bedeutung dahinter klar geworden ist.

-

Ich glaube, dass kann funktionieren.
Noch nie habe ich jemanden mit so viel Energie und Lebensfreude getroffen. Josh ist das perfekte Band Mitglied.

Mason freut sich auch, denn er hat ihn wirklich gerne und findet es gut, dass sie sich so häufiger sehen können.

Und was unsere Vergangenheit betrifft, das liegt hinter uns.
Wir sind nur zwei Freunde, die zufälliger Weise wie gegossen zu einander passen und noch zufälliger Sex hatten. Guten Sex, aber nur einmal.

"Joshua kommt heute um 17 Uhr, er hilft mir die Instrumente in den neuen Proberaum zu fahren."
Ich gebe Mason einen Kuss, "Musst du wirklich schon gehen?"

Er schiebt mich aus dem Weg, "Es sind nur zwei Tage. Sonst bist du doch auch nicht so anhänglich."
Das ist wahr, aber ich muss wohl Angst haben, dass wenn ich mit Josh alleine bin und Mason ganz weit weg in Europa ist, dass alles außer Kontrolle geraten könnte.

"Viel Spaß auf deiner Messe." Ich winke Mason zum Abschied zu, er lächelt "Ich schick dir Bilder." Dann verlässt er die Wohnung und lässt mich zurück.

-
"Du bist zu spät" Ich lasse Josh herein.
Er sieht sich staunend um.

"Warum bleiben wir nicht hier?" Er fährt mit seinen Fingern an dem Polster des Schlagzeughockers entlang.

"Weil hier schon vergeben ist."
Ich denke an Sara's enttäuschten Blick, als ich mich selbst aus der "Band" gekickt habe.

"Komm beeilen wir uns mit zusammenräumen, es ist schon fast 19 Uhr." Ich gebe Josh meine Gitarre.

-
"Was spielst du eigentlich noch alles?" Fragt er, als ich mit meiner Ukulele zu ihm ins Auto steige.
Ich grinse ihn an. Dann trete ich aufs Gaspedal und Rolle langsam den Berg hinauf.

Der neue Raum ist nicht weit entfernt und das beste ist, da Josh noch jeden Monat "Taschengeld" von seinem Dad bekommt, mussten wir an nichts sparen.
Ich komm gar nicht mehr aus dem Staunen heraus, alles glänzt und ist so sauber.
Ich hänge meine Ukulele in eine dafür vorgesehende Aufhängung und bewundere die Bilder, der Künstler, die vor uns hier gewesen sind, die an der Wand hängen.

"Tyler?" Räuspert sich Josh hinter mir.
"Ja?" Ich drehe mich zu ihm um.

"Warum haben wir hier ein Bett stehen?" Er zeigt in die Ecke.
Und tatsächlich steht genau gegenüber von uns ein Bett, in einem Proberaum.

"Das nimmt nur Platz weg, wir sollten es raus schaffen." Sage ich da mir die Situation sehr unangenehm ist.

"Ja das sollten wir." Josh nickt bestätigend.
"Oder," er sieht mich an, "Wir lassen es stehen, falls wir mal zu müde sind um nach Hause zu fahren."

"Ja das ist eine gute Idee." Jetzt nicke ich ihm zu.

Ich sehe mich um, soweit ich sehe, sind alle Instrumente und der Kram aus meinem alten Proberaum bereits aufgebaut.

"Wir sind fertig." Ich sehe zurück zu Josh, der noch immer auf das Bett starrt.

"Oder ist noch was im Auto?" Vorsichtig gehe ich ein paar schritte auf ihn zu.

Ohne mich anzusehen sagt er, "Vielleicht sollten wir das Bett doch lieber raus räumen."

Ich atme tief durch, mir gefällt nicht, wie Josh auf einmal ist.
Ich dachte wir wären darüber hinweg und jetzt plötzlich ist diese Spannung wieder ganz deutlich zu spüren.
Seine Brust senkt und hebt sich viel zu schnell, er beißt sich angespannt auf die Lippen.

"Warum... warum auf einmal doch?" Ich stottere.

Josh sieht mich an. Ich trete automatisch ein paar Schritte zurück, denn was ich fühle, als er mich mit seinen braunen Augen direkt ansieht, bringt alles aus dem Gleichgewicht.

"Ich kann das nicht. Tut mir leid Tyler."
Ohne noch einen Moment länger zu zögern, wendet er seinen Blick von mir ab und verlässt den Raum.

Völlig überfordert stehe ich da und sehe auf die Stelle, wo bis vor wenigen Sekunden noch Joshua gestanden hat.
Es ist wie damals, als er mich geküsst hat und plötzlich weg gerannt ist.
Aber nochmal lasse ich das nicht zu. Wir haben damit abgeschlossen, wollten die Energie zwischen uns für unsere Musik nutzen und nicht wieder von Vorne anfangen.

Wahrscheinlich hätte ich, wenn Josh schon solche Anzeichen macht, dass er mit der Situation nicht umgehen kann, ihn gehen lassen, aber alles in mir sträubt sich dagegen.

"Josh?" Ich fahre herum und renne in den Flur.
Er zieht sich gerade seine Jacke an.

Verzweifelt sehe ich ihn an, ich will nicht dass er mich alleine lässt.
"Geh nicht, bitte." Meine Stimme klingt seltsam fremd.

Josh hält in seiner Bewegung inne, als er mich Bemerkt.
"Ich muss gehen." Er zieht den Reißverschluss zu.

"Warum denn?" Ich gehe auf ihn zu, denn ich weiß mir nicht anders zu helfen, als ihm den Weg zu versperren.

"Lass das." Er will mich beiseite schieben, aber ich weiche keinen Zentimeter beiseite, weil er sich nicht traut mich richtig anzufassen.
"Ich kann das nicht. Nicht mit dir." Auf seiner Stirn haben sich Falten gebildet.

"Was meinst du Josh?" Ich habe solche Angst dass er mich verlässt.
Er ist auf einmal so anders zu mir.
"Ich brauch dich doch."

Josh sieht mich überrascht an.

"Für die Band." Ergänze ich.

"Aber Mason." Flüstert Josh kaum hörbar.
Ich könnte mich jetzt fragen warum er Mason als Grund nennt, wenn ich nur mit ihm Musik machen will, aber ich tue es nicht, denn tatsächlich ist Mason ein ziemlich wichtiger Grund, der dagegen spricht mit Joshua noch mehr Zeit zu verbringen.

"Mason macht nie Musik mit mir. Er versucht es, aber es hört sich nicht gut an. Und als du Musik gemacht hast, da war es atemberaubend. Ich wusste von der ersten Sekunde an, als ich dich gesehen habe, dass ich mir dir Musik machen will und -"
Josh fällt mir ins Wort, "Von was redest du bitte?"
Ich atme tief durch, in mir dreht sich alles einmal komplett um.

"Ich will Musik mit dir machen..." presse ich heraus und hoffe, dass er meine Anspielung verstanden hat.

Ich denke gerade darüber nach, wie schlecht ich mich wegen dem was ich gesagt habe, jetzt fühlen sollte, aber genau in dem Moment, als ich beschließe, dass das was ich gesagt habe unverzeihlich ist, merke ich Joshs starken warmen Hände an meinem Körper und seine weichen Lippen auf meinen.
Und jetzt hat er keine Angst mehr mich anzufassen.

Joshua Dun | JoshlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt