Nummer 2

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Auf der Gala stellte mich Emma mehreren wichtigen Leuten vor. George Clooney, Brad Pitt, Angelina Jolie, die üblichen Promis halt. Sie stellte mich immer als "ihren neuen Freund vor", was mich auf der einen Seite jedes mal lächeln ließ, das Lächeln aber genauso schnell einfror, als mir einfiel, dass das alles bloß Show war. Während einer Ansprache von George Lucas gab mir Emma ein Zeichen, dass sie mal auf Toilette müsse und schon war sie verschwunden. Als sie nach 10 Minuten noch nicht zurück war, begann ich mir Sorgen zu machen und es machte die Situation nicht wirklich besser, als ich eine SMS von ihr las

"Komm bitte ganz schnell zu den Toiletten. Emma."

Ich stand so unauffällig wie möglich auf und bis auf einige genervte Blicke beachtete mich auch kaum jemand. Bis auf eine junge, blonde Frau. Sie war nicht besonders groß und insgesamt eher der Typ Mensch, der niemandem auffiel, aber ihre großen braunen Augen schienen mich genaustens zu verfolgen und als ich zurückblickte, schaute sie nicht etwa schnell weg, sondern lächelte mich mit dem schönsten... na gut, zweit schönsten Lächeln an, das ich je gesehen hatte. Irritiert blieb ich stehen, blinzelte kurz und als ich die Augen wieder öffnete schaute sie schon wieder gespannt zu George Lucas auf der Bühne. Ich kratzte mich am Kinn und ging dann wieder weiter Richtung Toiletten. Als ich dort ankam, war von Emma weit und breit nichts zu sehen. Ich kann doch nicht einfach in die Frauen-Toilette reingehen. Aber das musste ich auch nicht, denn Emma steckte ihren Kopf durch die Tür und atmete erleichtert aus, als sie mich sah. Ich schaute sie fragend an und wollte grade etwas sagen, als sie mich an der Krawatte packte und in die Frauen-Toilette zog. Schnell schloss sie die Tür hinter uns ab und legte beide Arme um meinen Hals.

"Ich. will. dich. jetzt!", flüsterte sie mir ins Ohr.

Ich starrte sie irritiert an. Als Antwort küsste sie mich auf den Mund.

"Ich liebe dich, Mason", hauchte sie.

Alles drehte sich. Das Blut rauschte mit Schallgeschwindigkeit durch meine Ohren. Mein Herz raste. Emma verschwamm vor meinen Augen und alles wurde schwarz.


"Mason? Mason, aufwachen!", ich spürte, wie mich zwei Hände schüttelten. Ich blinzelte die Dunkelheit weg. Ich erkannte eine schlanke Gestalt über mir. Ich blinzelte nochmal. Es war Emma die über mir stand und mich schüttelte. Verwirrt versuchte ich, meine Umgebung zu erfassen. Meine Hände ertasteten ein Sofa und als ich mich umblickte, realisierte ich, dass ich immer noch in Emmas Wohnzimmer lag. 

"Na los, du Schlafmütze, wir müssen zur Gala!", sagte sie und verschwand aus meiner Sichtweite. Es war also wieder mal bloß ein Traum gewesen. Emma liebte mich nicht und das sollte sich auch nicht so schnell ändern. Ich richtete mich auf und rieb mir die Augen. Das war seit langem der intensivste Traum. So hatte sie mich noch nie geküsst, in keinem meiner Träume. Aber wer war dieses andere Mädchen? Ich hatte absolut keine Ahnung, denn ich hatte sie noch nie gesehen, da war ich mir sicher. Denn auch wenn Emma zweifellos das schönste Lächeln hatte, so lag in dem von diesem Mädchen doch irgendetwas verzauberndes.

"Deine Sachen liegen im Bad. Beeil dich bitte, in einer halben Stunde werden wir abgeholt", hörte ich Emmas Stimme von nebenan. Ich beschloss also, nicht weiter über den Traum nachzudenken und ging ins Bad, um zu duschen. Und wie es unter der Dusche nun mal so ist, denkt man dort erst recht über Dinge nach, über die man eigentlich nicht mehr nachdenken wollte. Das Mädchen wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Und der Kuss mit Emma genauso wenig. Das ergab einfach keinen Sinn, wieso sollte ich, während ich träumte, dass die Frau, die ich liebte, mich küsste, von einem anderen Mädchen träumen. Einem Mädchen, das wahrscheinlich nicht einmal existierte. 

Das heiße Wasser lief über meinen Kopf an meinen Schultern hinunter und umgab mich mit Wärme. Einer Wärme, die meinetwegen ewig anhalten könnte. Doch Emma erinnerte mich durch regelmäßiges Klopfen daran, dass ich mich beeilen sollte, also stieg ich aus der Dusche und zog die Sachen an, die Emmas Chauffeur mir gebracht hatte. Ein edler, schwarzer Seidenanzug  und eine... Fliege. Mein Traum würde also nicht Realität werden. Schließlich hat wahrscheinlich noch nie eine Frau einen Mann an einer Fliege in die Damen-Toilette gezogen. Vielleicht war es aber auch besser so, sonst würde ich mir ja doch bloß den ganzen Abend falsche Hoffnungen machen würde. Wir spielen bloß ein Paar, sie liebt mich nicht wirklich. Spiel einfach mit. Ich atmete tief durch und machte die Tür auf. Emma wartete schon. Sie sah umwerfend aus. Sie trug ein langes, blaues Kleid, eine goldene Halskette und dazu passende Ohrringe. Ihre Haare trug sie zurückgeflochten und wie sie da stand, in der Einfachheit ihres Outfits, war sie der schönste Mensch der Welt. Als sie mich sah, lächelte sie wiedereinmal. 

PromiliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt