eins

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Ich machte die Zündung meines schnurrenden Wagens aus und ließ mich in den Sitz sacken. "Ich habe einen Mordshunger" lachte ich und auch Greta, meine beste Freundin, stimmte ein. Sie zog unseren restlichen Proviant der auf der Rückreise unseres Kurztrip in die Schweiz übrig geblieben war unter ihrem Sitz hervor und ich schnappte mir einen Apfel und einen Schokoriegel. "Was machen wir heute noch?" fragte ich mit vollem Mund und sie zuckte mit den Achseln. Morgen würde es zurück nach Münster gehen, aber unseren letzten Abend wollten wir in Dortmund verbringen bevor es wieder ernst werden würde. Greta stand schon im Arbeitsleben und ich war noch Studentin. Ich reiste für mein Leben gern und es kam immer wieder vor das wir uns unsere freie Zeit und mein Auto nahmen um irgendeine neue Stadt oder irgendein neues Land zu sehen. Und meistens kriegen Greta und ich es so hin, dass wir unsere Reisen ziemlich günstig gestalten konnten. War es durch bekannte in den Ländern bei denen wir schlafen konnten oder eben auf der Matratze in meinem Auto. Nach dem Abitur hab ich genau das zwei Jahre gemacht und am liebsten wäre es genauso weiter gegangen aber wenn jeder der dir nah steht zu dir sagt, dass du auch mal etwas sinnvolles tun solltest siehst du es irgendwann auch ein. Also habe ich mein Studium angefangen. Und Greta ihre Ausbildung. "Ich war noch nie in Dortmund schauen wir uns doch einfach mal um" riss mich Greta aus meinen Gedanken und ich sah sie zustimmend an.  "Klingt gut. Vielleicht sollten wir heute auch nochmal auf den letzten Abend anstoßen." Ihre Augen wurden groß und ich konnte ein lautes Lachen nicht mehr verhindern. "Du Saufziege" lachte ich und versuchte mein gekautes im Mund zu behalten. "Aber selber" setzte sie mit ein.

Wir kletterten nach hinten auf unser Reisebett und kramten in den Taschen nach Klamotten, die anständig für eine Bar oder gar einen Club wären. "Zieh das an." Greta gab mir ein schwarzes Top, was oben mit feiner Spitze besetzt war. "Mit deiner schwarzen Skinny Jeans und dem großen, grauen Cadigan." Ich lächelte sie an und biss mir freudig auf meine Unterlippe. "Du weißt was gut ist liebste." Sie klopfte sich anerkennend auf die Schulter und kramte weiter. Sie hielt mir ihr kupferfarbenes Top hin und zuckte mit den Augenbrauen. "Zieh dich warm an Dortmund" lachte sie und wir zogen uns im Auto um, wobei wir aussahen als würden wir für einen Akrobatikauftritt üben. Unsere Haare waren wohl oder übel einfach nur gekämmt und das innere unsere Kulturtasche reichte auch nur noch für Concealer, Augenbrauenstift und Mascara.

Wir standen vor einer Bar und waren uns einig, dass dieser Ort, der Nacht unser heutigen Verbrechen werden würde. An der rechten Seite stand die lange Theke und wenn man rein kam links, waren genügend Sitzplätze. Über die kleine Tanzfläche hätte man nach oben gekonnt, wenn nicht für uns Normalos abgesperrt wäre und unter der Treppe schnappten wir uns eine Sitzecke. "Was trinken wir denn auf den schönen Urlaub, hm?" fragte mich Greta und ich grinste, weil ich sowieso wusste, was sie vor hatte. "Das sehen wir dann spontan, so wie immer?" Wir lachten und machten uns an die Theke. Greta rief den Barmann und sie leistete großartige Arbeit, als sie ihre Wimpern aufschlug und ihre Lippen spitze. "Achja? Das ist so bewundernswert" hörte ich sie schon nach wenigen Sätzen und innerlich musst ich schmunzeln. Mit einem gekonnten Griff über die Bar hielt ich eine Wodka Flasche in der Hand und ließ sie unter meinem Cadigan verschwinden, mit dem ich mich wieder zu unseren Plätzen setzte. Kurz später kam Greta mit zwei kurzen, die wir schnell kippten, wodurch unserem Abend nun mit einer Flasche und zwei Gläsern nichts mehr im Wege stand. 

Ich hörte mein Handy brummen und sah darauf. 

Ben: "Lange kein Lebenszeichen mehr von dir bekommen. Wie gehts dir?" 

Ich rollte mit meinen Augen und steckte es wieder in die Hosentasche, als ich Gretas sorgenvollen Blick sah. "Ben?" fragte sie und ich nickte nur schulterzuckend. "Ja aber egal. Wir haben heute einen guten Abend." Sie lächelte schwach, aber wusste vermutlich genauso gut wie ich, dass es mir nicht vollkommen egal war. Als Greta uns einschenkte nahm ich noch einmal mein Handy in die Hand und schrieb Ben zurück.

Lea: "Bin nicht in der Stadt. Brauchst dir keine Mühe geben." 


Shape of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt