vierundzwanzig

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Ich wurde wach als Marco den Motor abstellte und ich bemerkte das wir schon auf dem Hof standen, als ich meine Augen nach kurzem reiben wieder aktivierte. "Gut geschlafen?" fragte Marco mit einem schiefen Lächeln im Gesicht, wie es jedes Mal der Fall war, doch als Antwort bekam er bloß ein Schmunzeln meinerseits. Immer noch sichtlich benebelt folgte ich Marco zum Eingang des Wohnblocks und ehe ich mich versah standen wir schon in seiner Wohnung. "Ist da etwa jemand müde?" Ich rollte mit meinen Augen und musste erneut ein Gähnen unterdrücken. "Komm wir gehen ins Bett." Marco war mir so nah, dass ich eine Gänsehaut bekam, als ich sein Flüstern hörte und seine Fingerspitzen meine Oberarme leicht strichen. Ich nickte und ging in das Schlafzimmer in dem ich mich schnell meiner Klamotten entledigte und mich, nur noch in Unterwäsche bekleidet, unter die Decke verkroch. Marco tat es mir gleich, nach dem er im Bad war und seine Brust wärmte meinen viel zu kühlen Rücken. Er verteilte sanfte Küsse auf meinem Nacken und meiner Halsbeuge bevor ich mich umdrehte und meine Lippen ebenso sanft auf seine legte. Ich genoss jeden Millisekunde, in der ich ihm so nah war, weil ich genau wusste, dass ich bald wieder für eine oder auch mehrere Wochen nach Münster musste. Und meine Gedanken hingen während jeder Vorlesung oder jedem Seminar bei ihm und was er wohl machte. Ich wusste es war gefährlich sich emotional so abhängig von einem Menschen zu machen aber ich bin einen Schritt über die Grenze der Freundschaft gegangen und ab da gab es sowieso kein zurück mehr. Und ich wollte es auch gar nicht, aber vor allem konnte ich es gar nicht mehr ändern. Unsere Küsse wurden immer intensiver und so wurde auch das Gefühl des Knistern in mir. Seine Hände glitten an meine Hüfte und zogen mich näher an ihn, sodass ich seine Erregung schon spüren konnte. Seine Zunge umspielte meine und meine Hände wanderten an seiner wohlgeformten Brust herab, bis zu dem Bund seiner Boxershorts, die ich mit einem gekonnten Griff nach unten zog und Marco damit bloß bestätigte, dass ich mich nach seinem Körper genauso sehnte, wie er sich nach meinem.

Am nächsten Morgen frühstückten wir noch ausgiebig zusammen, bevor ich meine Sachen, wie es mittlerweile schon Routine für mich war in meinen Rucksack stopfte und mich missmutig in mein Auto setzte und die altbekannte Route zu meiner Wohnung fuhr. Es war jedes Mal blöd weg zu fahren, aber am schlimmsten war es wenn noch kein festes Datum feststand wann man sich wieder sehen würde und somit nicht mal auf etwas hin fiebern konnte.

Dieses Mal waren es vier Wochen, bevor wir uns wieder sahen und in der Zwischenzeit ist viel passiert. Der Herbst hat endgültig seine letzten Blätter verloren und die eisige Winterluft verbreitete Weihnachtsstimmung wohin man nur schaute. Marco war mehr denn je in den Fußball eingebunden und alle sprachen von seiner Topzeit mit seiner Topform. Ich dagegen war immer noch die selbe mit dem immer noch selben Alltag.

Eigentlich wollte ich Marco vom Flughafen abholen, aber da es zu riskant wäre Opfer der Fotografen zu werden und ich überraschender, aber glücklicherweise immer noch anonym war, beschloss ich vor seiner Wohnung auf ihn zu warten. Die letzten vier Wochen waren zäh wie altes Kaugummi und ich konnte es kaum erwarten ihn endlich wiederzusehen. Als ich seinen Wagen endlich vorfahren sah hüpfte ich aus dem Auto, in dem ich schon eine Weile wartete und fiel ihm um den Hals als er gerade einmal den ersten Fuß hinaus setzte. "Hey" begrüßte er mich völlig überrumpelt und ich erwiderte mit einem Kuss, in den wir beide hineinlächelten. "Du hast mir gefehlt" nuschelte Marco mir in meine Halsbeuge als ich ihn umklammerte und seinen Duft und seine Wärme aufnahm. "Du mir erst" erwiderte ich bloß und wäre noch Ewigkeiten so stehen geblieben, wenn es nicht so furchtbar kalt gewesen wäre. Marco griff meine Hand als wir uns voneinander lösten, küsste mich noch einmal lang und gierig und ging dann zur Haustür, wendete seinen Blick aber niemals von mir. "Wie lange wartest du schon hier draußen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Zwanzig Minuten vielleicht. Aber ich saß ja im Auto." "Trotzdem doof" murmelte Marco nur als Antwort und rubbelte mir über meine leicht zitternden Arme, wobei ich nicht mal wusste ob sie vor Kälte oder Aufregung und Freude zitterten.

Ich setzte mich an die Küchenzeile und erwartete Bericht aus der Zeit in der wir nur schreiben, telefonieren oder skypen konnten. Doch Marco schien gar nicht daran interessiert, auf meine Fragen eine Antwort zu geben, sondern wühlte etwas geistesabwesend in einer Schublade herum und kam kurze Zeit später wieder zu mir und nahm meine Wangen in beide Hände, wobei etwas kaltes in seiner Hand mich kurz aufschrecken lies. "Ich liebe dich Lea." Ich saß immer noch sichtlich verwirrt da, als er mich sanft und lange küsste und ich mich endlich wieder in diese Küsse legen durfte. Marcos rechte Hand löste sich von meiner Wange und seine Hand suchte meine, bis er sie fand und den metallischen Gegenstand hineinlegte. Ich löste mich von dem Kuss um zu sehen was es war und sah deinen silbernen, kleinen Schlüssel in meiner Hand. "Was ist das?" stammelte ich sichtlich unbeholfen und leckte mir nervös über meine Unterlippe, wobei ich mir schon denken konnte was es war. "Der Schlüssel zu meiner Wohnung." Marcos Blick fixierte mich und sein sanftes, schräges Grinsen beruhigte mich. "Du bist jederzeit willkommen" fügte er hinzu und mein Herz machte einen gewaltigen Satz. Für einige war es vielleicht eine Kleinigkeit aber für mich war es der größte Vertrauens-und Liebesbeweis den er mir schenken könnte. "Ich würde dich am liebsten vierundzwanzig Stunden den Tag um mich haben." Marco hörte nicht auf mir Komplimente zu machen und ich befürchtete rot zu werden also sah ich schnell nach unten und schloss meine Hand, in der der Schlüssel lag um ihn gut festzuhalten. Als würde die Chance bestehen, dass er mir doch wieder genommen werden würde. "Alles okay?" Ich befürchtete das er eine andere Reaktion erwartete. Beispielsweise eine bei der ich ihm um den Hals fiel oder quiekend durchs Haus hüpfte doch ich küsste ihn bloß und zog ihn anschließend in eine feste Umarmung. "Ich liebe dich auch." Marcos Lächeln wuchs ins unermessliche. "Wenn es so einfach wäre würde ich sagen du ziehst einfach heute noch hier ein, aber wir müssen uns wohl damit abfinden, dass wir damit noch ein bisschen warten müssen." Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wangen und musste zugeben die Idee gar nicht so abwegig zu finden. Ich hatte schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt das nächste Semester nach Dortmund zu wechseln doch bis eben war ich mir nie sicher, was Marco von dieser Idee halten würde. Und plötzlich hatte ich all diese Bilder vor Augen mit unserer Zukunft und vor allem unserer, vielleicht sehr nahen gemeinsamen Zukunft. "Vielleicht ist der Gedanke ja gar nicht so abstrakt" murmelte ich immer noch etwas verlegen aber dennoch viel sicherer als zuvor. Marcos Augen wurden groß und ich erzählte ihm von meinen Gedankenspielen, die ich hatte - nach Dortmund zu kommen. Und ich wusste nicht genau was ich in seinen Augen als Antwort lesen konnte, aber komischerweise hatte ich das Gefühl, es waren nicht nur durchweg positive.

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