Ein Stück Pergament

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Die Hochzeitsvorbereitungen liefen. Katharina fand aus diesem Grund kaum Zeit, um mit mir über Maximilian oder meiner Familie zu sprechen. Ich nutzte die Zeit, um ein wenig auf andere Gedanken zu kommen.

Ich konnte mich nicht mehr an den Abend erinnern, als August mich aufnah. Daher durchsuchte ich den Dachboden, um weitere Informationen zu sammeln. Vielleicht hatte ich etwas bei mir gehabt, was mich auf eine Spur bringen könnte. Dabei musste ich allerdings sehr leise vorgehen, damit er mich nicht hörte und ich ihm diese Tat erklären musste.

Denn ich wusste noch immer nicht, wie ich das anstellen sollte. Er sollte sich nicht hintergangen fühlen oder denken, dass ich undankbar wäre.

»Soll ich dir helfen?«

Ich blickte von den Kisten auf. Alba stand in der Tür.

»Klar. Kann jede helfende Hand gebrauchen.«

Grinsend trat sie zu mir und durchwühlte ebenfalls eine Kiste. »Ich wollte nicht länger helfen. Katharina ist zwar meine Schwester, allerdings kann sie einem manchmal ziemlich auf die Nerven gehen. Besonders, wenn sie ein Ziel verfolgt.«

»Welches Ziel?«

»Alexander zu heiraten. Und sie möchte den Tag, zurecht, schön in Erinnerung behalten. Aber das gibt ihr nicht die Erlaubnis mich herumzukommandieren.«

Alleine bei der Vorstellung, wie Katharina Alba herumscheuchte, musste ich schmunzeln. Meine Mundwinkel gingen jedoch augenblicklich runter, als ich etwas interessantes fand.

Auf einer Kiste stand mein Name hereingeritzt. Das Interessante war jedoch der Inhalt; es waren in erster Linie Klamotten, die einer fünfjährigen passen würden. Diese Sachen musste ich jenes Nachtes getragen haben. Wieso konnte ich mich nicht erinnern?

Ich grub weiter in der Kiste herum und fand ein kleines Amulett. Es war golden und mit Verschnörkelungen versehen. Meine Hände wurden feucht und mein Herz raste, während ich es öffnete. Es war leer. Enttäuscht hing ich mir das Amulett so um, dass keiner sehen konnte, und durchwühlte die Kiste weiter. Dabei stieß ich auf etliche Aufzeichnungen. Vorsichtig holte ich sie heraus und ging herüber zur Wand, wo ich mich hinabgleiten ließ. Vorsichtig faltete ich das erste Stück Pergament auseinander.

Die meisten Worte waren so ausgeblichen, dass es unmöglich war sie zu entziffern. Trotzdem versuchte ich, die Wörter zu entziffern, die nicht ausgeblichen waren.

Diese Nacht ... Leben ... Wie? ... Woher kommt sie? ... Rabennacht ... tot ... adlig ... spurlos verschwunden

»Komisch«

»Hast du etwas gefunden?«

Nickend legte ich das Stück Pergament neben mich auf den Boden und nahm mir das nächste. »Die hier lagen in einer Kiste mit meinem Namen. Das erste Stück Pergament ist kaum lesbar, weil die meisten Wörter ausgeblichen sind. Und das, was zu lesen ist, hilft mir nicht weiter. Oder hast du schon einmal etwas von der Rabennacht gehört?«

Alba kam zu mir und setzte sich neben mich. »Es war wohl eine sehr schwarze Nacht. An diesem Abend sollen viele Raben unterwegs gewesen sein.«

»Deswegen bekam diese Nacht einen eigenen Namen?«

»Nicht ganz. Es geschahen wohl auch seltsame Dinge.«

»Welche?«, fragte ich interessiert. Vielleicht würde mir das ja weiterhelfen.

»Keine Ahnung. Niemand spricht darüber. Und du solltest auch keinen fragen. Als ich das tat, gab es großen Ärger.«

Ich nickte und blickte auf das nächste Stück Pergament herab.

So klein und unschuldig ... gefährlich ... Wie können wir das verantworten? ... Rabennacht ... Warum ausgerechnet in dieser Nacht? ... aussetzen ... Aisha

Rabennacht. Schon wieder. Mein Name am Ende deutete daraufhin, dass ich etwas damit zu tun hatte. Klein und unschuldig. Aussetzen. War das die Nacht, wo ich hier auftauchte? War ich in der Rabennacht auf der Suche nach etwas oder jemanden gewesen? War ich ein Teil dieser seltsamen Dinge?

»Ich muss mehr über diese Rabennacht erfahren.«

Alba starrte mich an, als wäre ich verrückt geworden. »Das darfst du nicht!«

»Aber es scheint etwas mit mir zu tun zu haben. Wie es aussieht, bin ich in der Rabennacht hier aufgetaucht. Was ist, wenn die Wahrheit meiner Herkunft genau in dieser Nacht liegt? Ich muss erfahren, was damals geschehen ist.«

Sie seufzte und lehnte ihren Kopf gegen die Wand. »Aber bitte nicht alleine. Ich sage Katharina bescheid und dann kümmern wir uns zu dritt darum. Sonst bekommst du noch zu viel Ärger.«

Ich nickte, dankend, dass sie hinter mir stand. Wenigstens hatte ich nun einen Ansatz. Jetzt musste ich nur herausfinden, was in der Rabennacht geschehen war.

ɤ ɤ ɤ

»Du willst sie wirklich dabei unterstützen?« Katharina sah Alba geschockt an. »Das ist nicht gut. Gar nicht gut.«

Alba, Katharina und ich saßen auf meinem Bett. Paulus war momentan nicht im Haus, weswegen wir ohne Probleme Katharina einweihen konnten. Nur kam es nicht so gut bei ihr an.

»Es ist wichtig. Das wird mich weiterbringen.«, erklärte ich ihr flehend.

Nun sah sie mich geschockt an. »Du glaubst also wirklich, dass es eine gute Idee sei?«

»Die Einzige. Schließlich stand auf jedem der Pergamente das Wort 'Rabennacht'. Auf zwei von denen stand auch mein Name. Hältst du das für einen Zufall?«

»Darum geht es hier gar nicht, Aisha! Sondern darum, dass niemand nach dieser Nacht fragt! Man wird auf uns aufmerksam und dann erfahren die falschen Leute, dass Vater dich nicht adoptiert hat!«

Da hatte sie recht. Das war ein Problem. Niemand durfte das erfahren. Paulus sollte nicht für etwas bestraft werden, was mir mein Leben gerettet und ein glückliches Leben geschenkt hatte.

»Und wenn Alexander für uns fragt?«, schlug Alba vor.

»Ihn möchtest du also auch noch mit reinziehen?«, fragte Katharina und zog ihre Augenbrauen hoch.

Ich seufzte. »Irgendetwas müssen wir doch machen können.«

»Und wenn du Maximilian fragst?«

Nun war ich an der Reihe geschockt zu sein. »Ich weiß nicht mal, ob ich ihm vertrauen kann!«

»Dann finde es heraus. Sag ihm, dass du auf diese Nacht gestoßen bist und es dich interessiert.«, mischte sich Alba ein.

Für die beiden klang es so einfach. Doch Maximilians Vater hatte mich schon im Auge. Es war gefährlich, wenn Maximilian seinem Vater gegenüber etwas erwähnte. Solange ich nicht wusste, ob ihm zu trauen war, durfte ich das nicht riskieren.

»Ich halte das für keine gute Idee.«

Katharina stand auf. »Auf diesen Weg, oder gar nicht. Überlege dir, wie du ihn fragen kannst, ohne dabei argwöhnisch zu wirken. Alexander werde ich nicht mit reinziehen und mich lasst ihr da auch bitte raus. Mit dieser Nacht möchte ich nichts zu tun haben.« Damit verließ sie den Raum.

Alba und ich sahen uns fragend an. Warum war sie auf einmal dagegen meine Herkunft zu finden?

Behind the MaskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt