Unterhaltung

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Sebastian verstand nicht, warum mich das so sehr schockierte. Er verstand auch nicht, dass ich den Sohn des Mannes kannte. Dass ich mich in ihn verliebte.

Maximilian. Mein vermutlicher Halbbruder.

Die Sache war so verdreht und ließ mich kaum zu Atem kommen. Wie sollte ich Maximilian das erklären?

Ganz tief durchatmen, Aisha. Noch ist nicht klar, ob meine Theorie überhaupt der Wahrheit entsprach. Es wäre besser, wenn er erst einmal nicht davon erfuhr.

Dennoch schlug die Möglichkeit mir auf den Magen, sodass ich am Abend kein Bissen herunterbekam. Paulus schenkte mir einen fragenden Blick, sagte aber nichts dazu. Offenbar hatte er eingesehen, dass ich nur zu meinen Bedingungen sprach.

Es setzte mir jedoch auch so sehr zu, dass ich so schnell wie möglich herausfinden musste, ob es denn wahr war. Nur wusste ich nicht, wie. Ich konnte ja wohl kaum zu Mr. Plantagement fragen, ob er schon einmal etwas mit meiner Mutter gehabt hatte. Und Maximilian konnte ich genauso wenig fragen.

Die einzige Möglichkeit bestand darin meine Mutter ausfindig zu machen und sie selbst zu fragen. Nur wo sollte ich mit meiner Suche beginnen? Sebastians Familie hatte keinen Kontakt mehr zu ihr.

Du kannst Maximilian dennoch um Hilfe bitten. Er musste ja nicht die ganze Wahrheit wissen.

Nur konnte ich ihm unter die Augen treten? Konnte ich ihn ansehen, mit der Befürchtung wir wären Geschwister? Was, wenn ich mich nur noch mehr in ihn verliebte?

Das tust du bereits. Jeden Tag, den du an ihn denkst, verliebst du dich ein Stückchen mehr in ihn.

Vielleicht hielt ich ja an der Hoffnung, dass ich mich irrte. Dass meine Mutter mir erklären würde, dass ich eine lebhafte Fantasie hatte. Aber diese Hoffnung war meine einzige Chance, um nicht daran zu zerbrechen.

Als alle schlafengegangen waren, schlich ich mich aus dem Haus. Es war gefährlich um diese Zeit draußen unterwegs zu sein. Nur wusste ich nicht, wie ich ihn anders finden sollte.

Mit unwohlem Gefühl im Bauch ging ich über den verlassenen Markt. Wie kam ich bloß auf die Idee, dass er um diese Uhrzeit hier sein könnte? Niemand, der auch nur halbwegs bei Verstand war, tat das.

»Aisha? Was machen Sie um diese späte Stunde noch hier?«

Seine Stimme alleine reichte aus, dass sich meine Härchen im Nacken erhoben. Langsam drehte ich mich zu ihm um. »Ich habe Sie gesucht.«

Ihm war anzusehen, wie verwundert er war. »Um diese Uhrzeit? Wissen Sie denn nicht, wie gefährlich das für eine junge Dame wie Sie ist!«

Verlegen strich ich mir das lose Haar hinters Ohr. »Natürlich, aber ... Ich brauche Ihre Hilfe. Es ist von größter Wichtigkeit.«

Sein Blick heftete sich angestrengt auf mich. Schließlich nickte er und bot mir seinen Arm an, welchen ich dankend annahm. »Gehen wir lieber an einen sichereren Ort.«

Er führte mich zu einem nahgelegenden Gasthaus, welches rund um die Uhr geöffnet war und auch noblere Gäste empfing. Wir begaben uns an einen der hinteren Tische und bestellten uns etwas zu Trinken.

»Worum geht es?«

Ich erzählte ihm von Sebastian und meiner Mutter. Dabei betonte ich die Notwendigkeit sie zu finden, um die Dinge aus ihrer Sicht betrachten zu können. Maximilian hörte mir aufmerksam zu und nickte hin und wieder. Als ich mit meiner Erzählung fertig war, nahm er zu meinem Erstaunen meine Hand. »Ich helfe Ihnen sie zu finden. Aber versprechen kann ich Ihnen nichts. Es wird nicht leicht, aber ich denke, dass ich weiß, wo wir beginnen können.«

Mein Blick ruhte auf seiner Hand, die meine noch immer umschloss. Meine Gefühle tanzten in meinem Bauch Walzer, aber auch der furchtbare Gedanke an eine mögliche Verwandtschaft tauchte in meinem Kopf auf. Es war falsch ihn so zu berühren und dabei so etwas zu empfinden. Nur konnte ich es nicht unterbinden.

»Wo?«, fragte ich ihn leicht heiser und räusperte mich.

Sein Daumen fuhr über meinen Handrücken. »Unter anderem in Vaters Notizen. Ich denke, dass er Ihren Vater dort erwähnt hat und somit vielleicht auch Ihre Mutter. Und wenn nicht, dann gibt es in der Stadt dennoch einen gewissen Mann, der gefühlt die ganze Stadt zu kennen vermag. Es ist ein Versuch wert auch ihn zu fragen, ob er Ihre Mutter kenne und wüsste, wo sie lebt.«

Ich nickte zustimmend, da ich mich nicht in der Lage fühlte zu antworten. Nicht, solange er meine Hand mit seinem Daumen liebkoste. Dafür überkamen mir zu viele Emotionen.

»Wie kommen Sie mit dem Gedanken klar, dass Sie absichtlich ausgesetzt wurden?«, wechselte er auf einmal das Thema.

Ich wagte es ihm direkt in die Augen zu schauen. »Es ist kein schöner Gedanke, aber ich lerne damit zu leben. Ich habe trotzdem eine Familie, die mich liebt und immer hinter mir stehen wird. Warum sich dann kaputt machen lassen von Menschen, die ich weder kenne, noch die mich kennenlernen wollen?«

»Das ist ein vernünftiger Gedanke. Ich hatte mir bereits Sorgen um Sie gemacht. Nach unserer letzten Begegnung wirkten Sie so aufgewühlt.«

Aufgewühlt war gar kein Ausdruck. Zu dem Zeitpunkt war meine Welt durcheinandergeraten. Es hatte mich überfordert. Zu wissen, dass man nie gewollt gewesen ist. Jedenfalls nicht von Seiten des Vaters.

»Alleine deswegen muss ich meine Mutter finden. Sie muss vollkommen fertig gewesen sein, als mein Vater mich ihr wegnahm. Sie sollte wissen, dass es mir gutgeht.«, erzählte ich ihm ehrlich.

Alexander hörte auf über mein Handrücken zu streicheln und zog seine Hand zurück. Ich vermisste die Wärme und das Prickeln, was er mit dieser einfachen Berührung ausgelöst hatte.

»Wir werden Sie beide wieder zusammenführen. Das verspreche ich Ihnen, Aisha.«

Dankend nickte ich. »Das bedeutet mir viel.«

»Für Sie nehme ich mögliche Probleme auf mich. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich werde vorsichtig sein.« Sein Blick war warm und entschlossen zugleich.

Empfand er womöglich genauso wie du?

Ich verwarf den Gedanken sogleich wieder. Über so etwas durfte ich momentan unter keinen Umständen nachdenken. Am Ende wäre ich noch verloren.

Hoffnungslos in den Gedanken gefangen, dass zwischen uns etwas entstehen könnte. Eine gemeinsame Zukunft.

»Passen Sie auf sich auf, Maximilian, Sie sollten nicht meinetwegen in Schwierigkeiten geraten.«

Wir blieben noch eine weitere halbe Stunde, ehe er mich sicher nach Hause geleitete. Er ging erst, als er sich sicher sein konnte, dass ich auch wirklich in Sicherheit war. Mehrere Minuten verweilte ich vor der Tür und lehnte meine Stirn gegen diese. Mein Körper war ein Verräter. Sehnte sich nach dem Mann, welcher womöglich mein Halbbruder war.







Behind the MaskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt