Das mit dem Hund

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Lina behielt Recht. Der Kuss der völlig aus dem Kontext gegriffen war, blieb ein weiterer loser Faden in ihrer Hand, den sie nicht zum Teppich ihres Schicksal hinzufügen würde. Dagegen konnte Adam nichts machen, so gern er sich an diesem Abend auch wünschte, dass er über die Entscheidungsgewalt der nächsten Ereignisse verfügte, aber die lag nur bei Lina.

Lina.
Sie war Dreh- und Angelpunkt des gesamten Urlaubes. In drei Tagen würde es wieder nach Hause gehen und danach? Was würde aus den beiden werden? Er würde erstmal 3 Monate Grundausbildung absolvieren, aber was würde sie machen? Hatte sie einen Plan? Was würde überhaupt zu ihr passen? Mit ihrem Charakter, den zweifelhaften Aussagen. Er konnte sie sich nicht auf dem Bau, nicht im Büro, nicht in der Uni vorstellen. Kein Beruf schien zu passen und mit Ehemann und Kindern auf dem Klassentreffen aufzutauchen wäre bestimmt auch nicht ihr Fall. Gab es im Leben von Lina überhaupt Platz für Adam?

Lina wusste nicht in welches Chaos sie Adam geschickt hatte, was sie verursacht hatte und wie sie sein Leben durcheinander gebracht hatte. Für sie war es nur ein Kuss gewesen, noch nicht einmal ein richtiger, denn sie hatte nur die Münder aufeinander gelegt und die Lippen bewegt. War das ein Kuss? Lina wusste das nicht, denn sie war noch nie geküsst worden. Lina wusste so vieles auch nicht.

Vor allem nicht den Grund, warum Adam ihr am nächsten morgen einen Hund vor die Nase setzte.

"Guck mal, ist mir zugelaufen!"

Die beiden Zweibeiner und der Vierbeiner saßen mal wieder am Strand. Marisa war mit Matthias unterwegs, weil sie sich irgendwelche komischen Gräsersammlungen und einen Bunker anschauen wollten, also hatten die anderen Beiden sich getroffen. Lina und Marisa hatten sich kaum gesehen und kein Wort miteinander gesprochen. Was sollte man auch sagen?

"Der ist ja putzig, aber willst du ihn nicht zurück bringen?"

"Wohin denn?"

"Der hat doch bestimmt 'ne Marke."

Lina durchkämmte das Fell um ein Halsband zu finden, an dem wirklich eine Hundemarke befestigt war.

"Leika, du bist aber eine ganz Hübsche." säuselte Lina und strich ihr durch das Fell. Sie war auf jeden Fall ein Mischling, was genau konnte Lina nicht sagen, aber ihr Fell war dick und gräulich. Husky war also auf jeden Fall mit drin. "Du besuchtes bestimmt etwas Auslauf, was?" redete Lina weiter und begann den Hund vorsichtig zu streicheln. Zuerst ließ sie den Hund allerdings an ihren Händen schnuppern, damit er feststellen konnte, dass sie keine Gefahr dar stellte. "Oh, ist sie weich." himmelte das Mädchen den Hund an und kratzte sie hinter dem linken Ohr. Je mehr Zeit verstrich desto wilder wurden die Streicheleinheiten bis sie irgendwann zusammen spielten. Der Hund turnte über sie drüber, schnappte spielerisch nach ihrem Arm und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Lina streichelte, kratzte, kraulte und deutete immer wieder an nach Leikas Schnauze greifen zu wollen. "Oh ich würde sie am liebsten mitnehmen!"

Wie könnte man so vernarrt in Hunde sein? Adam schüttelte den Kopf und zündete sich eine Zigarette an. Es tat gut, Lina wieder normal zu sehen, jedoch schmerzte es auch, dass sie so scheinbar gar kein Wort über gestern verliefen wollte. Ob sie doch getrunken hatte?

"Leika! Oh mein Gott da bist du ja, ich hab mir ja solche Sorgen gemacht." Schnaufte ein Mann circa Ende Zwanzig. "Oh das tut mir so Leid, aber sie hat eine Möwe gesehen und wahrscheinlich für ein Kaninchen gehalten. Ich hoffe sie hat keine Umstände gemacht, oh Leika!" Scheinbar hatte er den ganzen Strand nach ihr abgesucht und war über aus glücklich seinen Hund wieder mitnehmen zu können.

Der Gesichtsausdruck von Lina sorgte dafür, dass Adam ihr am liebsten zehn Welpen gekauft hätte. Oder ein ganzes Tierheim.

Lina geht #Goldenbookawards2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt